Verhaltene Investitionsbereitschaft im deutschen High-Tech-Bereich-Mikroelektronik noch immer Stiefkind

13.07.1984

MÜNCHEN (CW) - In den Hochtechnologie-Bereichen zeigt die deutsche lndustrie weniger Innovationsbereitschaft als in den übrigen Wirtschaftszweigen. Der ungebrochenen Wettbewerbsstärke auf "traditionellen" Arbeitsgebieten steht allerdings eine Forschungs- und Produktionslücke auf dem Sektor der Mikroelektronik gegenüber.

Wie das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung auf seiner Jahresversammlung in München erklärte, faßten die Unternehmen der Bundesrepublik im internationalen Vergleich zur Zeit offensichtlich keine offensive, weltweite Vermarktung neuer Produktideen ins Auge. Das Institut forderte darum eine intensive Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in den Hochtechnologiebereichen. Die gegenwärtige Innovationsschwäche sei auf ein Fehlen geeigneter F + E-Mitarbeiter zurückzuführen, werde aber auch durch eine zu geringe Rendite bei Produktneueinführungen bedingt.

Siemens-Vorstandsvorsitzender Prof. Karl Heinz Beckurts konstatierte auf der Jahresversammlung in diesem Zusammenhang, daß der Einsatz integrierter Schaltungen unzureichend sei. Der Pro-Kopf-Verbrauch liege knapp bei der Hälfte des Umfangs, der in den USA und Japan erreicht worden sei. Das Hinterherhinken der deutschen Mikroelektronik führt der Siemens-Manager in erster Linie auf die Stärke der heimischen Präzisionsmechanik und die geringe Zahl technologieorientierter Unternehmensgründungen zurück. Höhere Investitionen in innovative Techniken und die Entwicklung neuer Verfahren seien das Gebot der Stunde. Die deutsche Industrie solle ihren Vorzug nutzen, "reife Technik mit neuer Technik zu Produkten mit hohem Gebrauchswert zu kombinieren", betonte Beckurts.

Bei der von ihm geforderten Entwicklung neuer Methoden komme der europäischen Zusammenarbeit in der vorwettbewerblichen Phase eine große Bedeutung zu. Als beispielhaft führte Beckurts hier das Esprit-Programm der EG zur Entwicklung von Informationstechnologien an. Außerdem müsse es künftig steuerliche Begünstigungen für Produktion und Entwicklung im Hochtechnologie-Bereich geben.