Kommentar

Verfolgungswahn hilft zu überleben Kommentar

19.05.2008
Von Andrew Parker

Der Satz lautet im Original "Only the paranoid survive". Er stammt von Andy Grove, dem früheren Chef des Chipherstellers Intel. Warum er dieses sprachliche Bild gewählt hat, um seine Geschichte und die seiner Company auf den Punkt zu bringen, liegt auf der Hand: Intels Erfolg basiert fast ausschließlich darauf, modernste Halbleitertechnologie zu entwickeln sowie in die hauseigenen Mikroprozessoren, Chipsätze und Speicher einzubauen.

Am meisten Geld verdient das Unternehmen dann, wenn es die neuen Technologien als Erster anbietet. Was passiert, wenn sich Intel die Butter vom Brot nehmen lässt, konnte man erleben, als Konkurrent AMD unter dem Namen Opteron als erster Hersteller Prozessoren auf den Markt brachte, die sowohl 32- als auch 64-Bit-Befehlssätze verarbeiten konnten. Umsatz und Gewinn des Chipkrösus brachen ein, AMD konnte aufgrund der erreichten Technologieführerschaft seit vielen Jahren erstmals wieder schwarze Zahlen schreiben.

In diesem Umfeld sieht jeder ein, dass Entwicklungen vor Ausspähung geschützt werden müssen, dass Spionage unbedingt verhindert werden muss. Wer sich hier Geheimnisse abschwatzen oder entreißen lässt, verliert nicht nur Umsatz und Gewinn, sondern auch Reputation.

Leider vergleichen sich die meisten Unternehmen in Deutschland nicht mit Intel oder AMD. Sie glauben, sie seien viel zu unwichtig und klein, um ausgespäht zu werden. Eine absolute Fehleinschätzung, wie der jüngste Bericht des Verfasssungschutzes beweist. Danach hat die Industriespionage durch ausländische Geheimdienste und Konkurrenten im vergangenen Jahr drastisch zugenommen. Dabei seien die technologisch gut gerüsteten Industrieländer vor allem an wirtschaftspolitischen Strategien, technisch rückständige Länder an konkreten Projektinformationen und Forschungsergebnissen interessiert. Letztere sind natürlich auch aus den Datenbanken mittelständisch geprägter Maschinenbau-, Chemie- oder Nahrungsmittel-Unternehmen herauszulesen.

Gerade Mittelständler müssen deswegen ein stärkeres Sicherheitsbewusstsein entwickeln, ihre Systeme besser abschirmen und ihre Mitarbeiter in Sachen Security sensibilisieren. Das mag gutgläubigen Zeitgenossen übertrieben erscheinen, doch spätestens, wenn das eigene Produkt geklont und von einer chinesischen Firma via Internet den eigenen Kunden zu einem Bruchteil des Preises angeboten wird, beginnt das große

Haareraufen. Also merke: Eine ausgeprägte Paranoia ist für das eigene Unternehmen allemal gesünder als eine entspannte Haltung, mit der man leicht das Opfer von Spionage wird.

Weitere Meinungsbeiträge und kurze Analysen zu aktuellen Themen finden sich im Blog des Autors unter www.wittes-welt.eu.