Argumentation zweifelhaft

Verbände sind gegen Rundfunkgebühren für PCs

08.08.1997

Die Vertreter der IuK-Industrie sprachen sich gegen eine pauschale Rundfunkgebühr für PCs aus. Allerdings stimmt ihr Argument nicht, daß per Internet nur zeitversetzter Rundfunkempfang möglich sei.

In einer auch vom BDI mitgetragenen Presseerklärung argumentieren die Experten des Fachverbandes gegen die Gebührenforderung des Süddeutschen Rundfunks (SDR): "Die Fähigkeit von Computern zum Rundfunkempfang ist von bestimmten Hard- und Softwarekomponenten abhängig und nicht allein durch einen Anschluß ans Internet gegeben. Erst wenn diese Komponenten den nicht zeitversetzten Empfang von Rundfunkdarbietungen ermöglichen, können Computer nach geltendem Recht als Rundfunkempfangsgeräte definiert werden."

Weiter heißt es in der Stellungnahme: "Mit der Internet-Technologie ist aufgrund der unverzichtbaren technischen Aufbereitung der Angebote eine nicht zeitversetzte Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen nicht möglich (...), wodurch sich Internet-Computer der Definition von Rundfunkempfängern entziehen." Dem SDR werfen die Industrieverbände vor, seine Rechtsauffassung gehe an den technologischen Gegebenheiten des Internet vorbei. Abhilfe bieten sie gleich mit: "Die deutsche Informationswirtschaft stellt ihren Sachverstand gerne zur Verfügung."

In der Tat läßt sich ein PC ohne Soundkarte - ohne die kaum ein Rechner mehr über die Ladentheke geht - nicht für den Rundfunkempfang nutzen. Ansonsten aber ist die Auffassung der Sendeanstalt realitätsnäher als die der Industrie: Bereits die Installation des "Real Player" von Progressive Networks (kostenlos unter www. real.com) eröffnet den Weg zu Internet-basierten Übertragungen.

Knapp 500 Stationen, die live über das Web senden, führt etwa das "Timecast"-Verzeichnis auf (www.timecast.com). 15 davon bringen auch Video, darunter der Nachrichtenkanal des US-Fernsehsenders Fox. Deutsche Anbieter finden sich bislang allerdings nicht in der Liste. Nach wenigen Sekunden der Datenpufferung beginnt die Wiedergabe der Sendungen, die bereits mit einer 28800 Bit/s schnellen Modemverbindung in passabler Qualität zu empfangen sind.

Der dabei auftretende Zeitversatz ist so gering, daß er schwerlich die darauf aufbauenden Argumente der Verbände rechtfertigt. Ohnehin fällt die endgültige Entscheidung erst bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, die federführend für die Bundesländer das Rundfunkrecht betreut und vom SDR zu einer Änderung der Gesetzeslage aufgefordert wurde.