Kapazität der 1974 beschafften Univacs reicht längst nicht mehr aus:

Veraltetes DV-System gefährdet US-Fluggäste

04.08.1989

WASHINGTON (IDG) - Weil die amerikanische Flugsicherung an den DV-Kosten gespart hat, kommen immer wieder Passagiere in Lebensgefahr. Bisher sind es erst die Bildschirme der Radar-Anflugüberwachung, die bei Überlastung des Luftraums dann und wann abstürzen. Während der Engpaß am Himmel bleibt, soll nun wenigstens der DV-Flaschenhals gekappt werden.

Dunkle oder flackernde Bildschirme haben die Fluglotsen etlicher US-Airports ausgerechnet dann vor Augen, wenn ihr Arbeitseinsatz am dringendsten benötigt wird. Auf diesen Skandal weist ein Regierungsbericht hin, der jetzt in Washington veröffentlicht wurde. Betroffen von diesen Computerproblemen sind nach Angaben des General Accounting Office (GAO) zwei von drei wichtigen Stadtflughäfen in den USA - oder 44 von den 63 größten Airports.

Am texanischen Verkehrsknotenpunkt Dallas/Fort Worth zum Beispiel, in der Vergangenheit Schauplatz spektakulärer Flugzeugabstürze (hier kam 1985 IBMs PC-Chefentwickler Philip "Don" Estridge in den Trümmern einer "L-1011 Tristar" ums Leben), blieben im vergangenen Oktober eines Freitagnachmittags die Bildschirme des "Terminal Radar Approach Control" (Tracon) 16 Minuten lang außer Betrieb - während des dichtesten Anflugverkehrs. Daß der skandalöse Vorfall publik wurde, ist der Initiative des demokratischen Senators Frank Lautenberg aus New Jersey zu verdanken, der die GAO beauftragt hatte, sich des Themas anzunehmen. Die Passagiere erfuhren erst durch die Medien, daß sie damals beim Landeanflug im wahrsten Wortsinn in Lebensgefahr schwebten. Der GAO-Bericht konstatiert hierzu lapidar: "Die bestehenden Mängel an Computerkapazität an einigen großen, stark beanspruchten Tracons beeinträchtigen die Fähigkeit der Flugleiter, die Flugzeuge sicher auseinanderzuhalten."

Hardware nicht auf dem heutigen Stand der Technik

Nach dem Urteil der GAO hat die für den Luftverkehr verantwortliche Bundesbehörde FAA ihre Pflichten sträflich vernachlässigt. Hätte es eine institutionalisierte DV-Kapazitätsplanung gegeben, wären die Engpässe schon vor Jahren vorhersehbar gewesen. Jetzt hat die FAA einige Sofortmaßnahmen eingeleitet, um die Lage zu entspannen. Doch dazu gehört nicht nur ein "Streamlining" der Software, sondern auch die Vertagung von Schulungen.

Die Hardware, mit der die Tracon-Einrichtungen betrieben werden, ist alles andere als auf dem heutigen Stand der Technik. Wie der GAO-Experte Joel C. Willemssen berichtete, arbeitet die FAA dabei mit 15 Jahre alten Univac-Rechnern des Typs 8303. Um nun schnell etwas zu tun, wird die vom Bund gerügte Flugaufsichtsbehörde bei der Univac-Nachfolgegesellschaft Unisys Speichererweiterungen sowie 300 zusätzliche Computer bestellen. Die eigentlich notwendige Umstellung auf eine zeitgemäße Software, die auch auf moderneren Rechnern laufen würde, verwarf die FAA aus Zeit- und Kostengründen.

Zunächst wird es mit der Flugsicherheit aber erst noch weiter abwärts gehen: Am 1. Juli ordnete die FAA an, daß 44000 private Kleinflugzeuge mit Transpondern ausgerüstet werden müßten, damit auch sie über das Tracon-System gelotst werden können. Senator Frank Lautenberg hält diese Entscheidung jedoch für unvertretbar: "Es ist doch sinnlos, sich auf einer Ebene um eine Verbesserung der Sicherheit zu bemühen, wenn man dadurch woanders die Sicherheit reduziert. Wenn die Computer die zusätzlichen Signale nicht verarbeiten können, müssen wir ein System installieren, das dies kann".