Der Produktionsfaktor Mensch wird knapp:

VDMA sieht Zwang zur Ausweitung der DV

09.05.1980

HANNOVER (gr) - "Eine Industriegesellschaft wie die unsere kann es sich nicht leisten, die vorhandenen menschlichen Ressourcen weiterhin so ineffizient einzusetzen." Zu dieser Kritik an der herrschenden Rationalisierungspraxis kommt nach Ansicht von Dietrich E. Seedorf, Vorstandsvorsitzender der Fachgemeinschaft Büro- und Informationstechnik im Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten e. V., (VDMA), Frankfurt, außerdem der internationale Konkurrenzdruck, der den Computer am Arbeitsplatz notwendig macht.

Um die ständig wachsenden Aufgaben auch effizient zu bewältigen ist nach Ansicht von Seedorf, wie er sie auf einer Pressekonferenz in Hannover äußerte, die Datenverarbeitung am Arbeitsplatz dann notwendig, wenn der gegenwärtig erreichte Wohlstand beibehalten werden soll. Die Ursachen der Bildschirm-Aversion lägen in der Gestaltung der Bildschirm-Umwelt wie der Beleuchtung, weniger aber dem Gerät. Zur Versachlichung der Diskussion habe die Fachgemeinschaft eine Broschüre für den Anwender herausgegeben, die zur breiteren Akzeptanz beitragen solle.

Auch um die Qualität und Quantität des Personals, das künftig die Bildschirme am Arbeitsplatz bediente sorgt sich der Verband. Unbefriedigend ist nach Seedorf die derzeitige Ausbildung in Datentechnik für den gesamten Schulbereich. Zur Erhaltung der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsfirmen sowie der Anwender-Unternehmen fordere folglich die Fachgemeinschaft, die Grundausbildung in Datentechnik den öffentlichen Institutionen verstärkt zu übertragen. Damit wäre lediglich die Fortbildung noch Aufgabe der Unternehmen. Diese Ziele auch politisch durchzusetzen, habe die Fachgemeinschaft einen Arbeitskreis gegründet. Grundkenntnisse der Datentechnik, so ein Sprecher der Fachgemeinschaft, seien eine Lesen und Schreiben ergänzende Kulturtechnik, die wegen ihrer weiten Verbreitung Berechtigung habe, als Schulfach gelehrt zu werden.

Auch 1980 werden sich auf Grundlage des hohen Auftragsbestandes die ungewöhnlich hohen Auftrags-Wachstumsraten der Branche fortsetzen. Voraussetzung allerdings ist nach Angaben von Günther Möller, Geschäftsführer der Fachgemeinschaft, daß die äußeren Rahmenbedingungen einen solchen Aufschwung zulassen. Während die Gesamtwirtschaft 1979 ein Wachsturn von 4,4 Prozent real erreichte, erzielte die Büro- und Informationstechnik ein Plus von 9 Prozent, was einem Produktionswert vor 7,6 Milliarden Mark entspreche. Auf den Bereich Datenverarbeitung entfallen davon nach Angaben des Verbandes 77 Prozent. Beschäftigt seien bei DV-Herstellern 48 000 Mitarbeiter, in der gesamten Branche nahezu 75 000. Während beiden Herstellern von DV-Geräten 4500 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, hat sich nach Angaben der Fachgemeinschaft auch bei den Anwendern die Arbeitsplatzsituation verbessert. Die Zahl der Arbeitslosen Schreibkräfte sei zurückgegangen. Die Auswirkungen des Pillenknicks ließen die Arbeitsmarktlage, besonders was Frauen angeht, ab 1993 fast kritisch werden.