Sperry Univac kaut lange am Mini-Geschäft:

VDM's Innovationskraft wieder hergestellt?

04.07.1980

BLUE BELL/LONDON (gr) -1977, nach vierjährigen Überlegungen, entschloß sich die Sperry Univac zum tätigen Eingriff in den Mini-Markt. Der Schritt wurde vollzogen durch den Aufkauf eines am Markt etablierten Herstellers, der Varian Data Machines (VDM), die die Kranz Computer GmbH, Aachen, aufgekauft hatte und über diese in der Bundesrepublik vertreten war. Im Juli 1977 zahIte die Sperry einen nicht genannten Preis für den Zugang zum Mini-Markt. In Forschung und Entwicklung wie in den Bau neuer Fertigungsanlagen der jetzt MCO genannten VDM investierte Sperry weit über 30 Millionen Dollar, berichtet die Financial Times. Sperry knausert mit Zahlen.

Der auf Hochglanzpapier gedruckte jetzt vorliegende Image-Bericht der Sperry Univac über die 40jährige Geschichte des Konzerns widmet den Minicomputer-Aktivitäten nur wenige Zeilen. "In den ersten beiden Jahren nach dem Kauf der VDM," heißt es dort, "verdreifachte der Geschäftsbereich Minicomputer seine Produktionskapazität. Die hohe Leistungsfähigkeit der V77 begann einen stetigen Beitrag zum Wachstum des Gesamtunternehmens zu liefern." Die Mitglieder der V77-Familie sind, wie an anderer Stelle zu lesen, als Stand alone und als DDP-Systeme einzusetzen. Trotz dieser rein verbal und nicht zahlenmäßig belegten Erfolge im Minicomputerbereich stellt die Financial Times die These auf, Univac könnte durch die integrierenden Maßnahmen das dynamische, unternehmerische und innovatorische Flair gekillt haben, daß den Kauf des Mini-Herstellers gerechtfertigt hatte.

Trugschluß: VDM größere Design-Erfahrung

Den Ausschlag zum Kauf der VDM gab dem Bericht der Financial Times zufolge die überlegene Design-Erfahrung des Mini-Herstellers. Ihm ging zwar ein eigenes Vertriebsnetz ab und gegenüber dem Konkurrenten, der nie genannten Company X, erwies sich der Expertise zufolge das technologische Niveau als unterlegen. Als VDM jedoch allein im Rennen blieb, wurde sie bald umgewandelt in MCO, die Mini Computer Operations der Sperry Univac.

Organisatorische Schwierigkeiten taten sich bei der Umstellung auf die Massenproduktion der Minirechner auf. Die Fehlersuche verschliß einige Manager, bis die Wurzel des Problems geortet war. Sie lag in der Qualität der MCO-Vorgaben im Bereich, der zwischen Entwicklung und Herstellung des Produktes liegt, erläuterte Vaemond H. Crane als technischer Manager. 1978 hatte die VDM ihre Umsatz- und Gewinnvorgaben bei weitem nicht erreichen können. Die Lieferfristen waren auf ein halbes Jahr gewachsen. Im März 1979 hatten die Investitionen der Sperry Univac im MC-Bereich 30 Millionen Dollar überschritten.

Zum Ende des vorigen Geschäftsjahres im März 1979, erreichte die MCO das ursprünglich gesetzte Bereichsziel.

Nach und nach führte Sperry Univac auch die in der Muttergesellschaft üblichen Verwaltungspraktiken bei ihrer neuen Tochter ein. Mehr und mehr Univac-Manager rückten in führende Positionen beim Mini-Hersteller. Möglicherweise haben diese Maßnahmen die dynamische Kraft des kleinen Unternehmens gekillt. Zwei führende MCO-Manager würden glatt abstreiten, daß eine Unterordnung unter das traditionelle Computergeschäft dem Minicomputer-Hersteller geschadet hat, raisoniert die englische Zeitung.

Seit 1979 baut die Sperry Univac eigenen Angaben zufolge vor allem die größeren Modelle der V77-Familie auch im Werk Frankfurt. Nach Angaben von Richard L. Gehring, President des Konzerns, vom Anfang dieses Jahres, liegt ein wesentlicher Grund für den Umsatzerfolg der Sperry Univac in der Konzentration der Unternehmensressourcen auf die Entwicklung des Minicomputermarktes. Die Vertriebsmannschaft der Bereichs wurde im Laufe des Jahres 1979 verdoppelt. Die VDM hatte 1976 noch einen Umsatz von 40 Millionen Dollar erzielt und rund drei Prozent am Markt für Minicomputer gehalten. MCO ist in den Geschäftsberichten der Sperry auch im abgelaufenen Geschäftsjahr nicht aufgeschlüsselt enthalten, weil, nach Angaben aus dem Unternehmen, zu klein genannt zu werden. Der Marktanteil liege weiter bei drei Prozent.