VDI relativiert Zahlen über Bedarf an Informatikern

30.03.2001
Angesichts der abweichenden Angaben über den Bedarf an IT-Spezialisten unternahm der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) auf der CeBIT den Versuch, die tatsächliche Zahl an fehlenden Computerexperten mit akademischem Abschluss aufzuschlüsseln. Doch auch dem VDI fiel nichts Neues ein, um dem Mangel etwas entgegenzusetzen.

So hatte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (Bitkom) Mitte März verkündet, es fehlten bis 2003 rund 3,8 Millionen IT-Spezialisten. Die Hochschulen seien jedoch außerstande, diesen Bedarf zu decken. Nach Ansicht von VDI-Präsident Hubertus Christ spiegelt diese Bitkom-Zahl die in ganz Europa fehlenden Fachleute wider. Auf Deutschland entfielen dabei 732 000 nicht zu besetzende Positionen. Diese Zahl wiederum enthält auch benötigte Mitarbeiter in Call-Centern, im Zeitschriften- und Musikhandel sowie im Filmverleih - Stellen, die jedoch nicht mit Akademikern besetzt werden müssen. Tatsächlich fehlen hierzulande kurzfristig 55 000 Softwareentwickler mit Hochschulabschluss. Der Verband beruft sich dabei auf eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus Nürnberg. Laut Christ sind die Bedarfszahlen der Industrie jedoch mit Vorsicht zu genießen, da manche Unternehmen die durch Fluktuation frei werdenden Stellen als zusätzlich benötigte Arbeitskräfte zählen. Den Neubedarf an IT-Experten mit Hochschulabschluss in Deutschland taxiert der VDI daher auf "nur" rund 30 000 pro Jahr, was der Gesamtzahl aller Hochschulabsolventen aus technischen Fächern in diesem Jahr entspricht.

Nicht überraschend wirkt daher die Forderung des VDI nach einem anwendungsorientierteren Studium, da auf einen Arbeitsplatz in der IT-Kernbranche zwei applikationsbezogene kommen. Anders ausgedrückt: Auf einen Systementwickler entfallen zwei SAP-Anwendungsspezialisten. "Es wäre jedoch falsch, wenn nun alle Informatik studieren würden", so der Verband. Stattdessen sollten sich beispielsweise künftige Maschinenbauingenieure schon während des Studiums mit Software beschäftigen. Hier müssen sich wohl die Studieninhalte ändern, meint der VDI, bleibt aber die Antwort über die Art und Weise schuldig. Wenig neu sind auch die Forderungen des Ingenieursverbands, ältere Akademiker umzuschulen, Ausländern, die an deutschen Unis ihren Abschluss gemacht haben, Arbeitserlaubnis zu erteilen, und mehr Frauen zu technischen Studiengängen zu ermuntern.