VC-Szene: Naht ein Revival für Software-Startups?

11.03.2002
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Laut einer aktuellen VC-Studie interessieren sich US-amerikanische Risikokapitalgeber nach Dotcoms und TK-Unternehmen nun wieder verstärkt für Anbieter von (Unternehmens-) Software. Hierzulande müssen Startups dieser Sparte allerdings noch auf das erhoffte Revival warten.

In der vor kurzem veröffentlichten Studie Moneytree Venture Capital Survey dokumentieren die Verfasser von PricewaterhouseCoopers, National Venture Capital Association und Venture Economics das neue Interesse an Software-Startups: So investierten US-Risikokapitalgeber im vierten Quartal 2001 insgesamt 1,6 Milliarden Dollar in 211 Unternehmen der Branche. Dies entspricht einer Steigerung um 60 Prozent gegenüber dem vorausgegangenen Quartal, als die VCs eine Milliarde Dollar unter 149 Software-Startups der Branche verteilt hatten. Alles in allem lag das Investment in IT-Firmen aber in beiden Quartalen mit rund vier Milliarden Dollar gleich hoch. Mit vierzig Prozent konnten sich die Softwareunternehmen jedoch verglichen mit 25 Prozent im vorherigen Quartal ein größeres Stück vom VC-Kuchen sichern. Ein interessantes Detail ist weiterhin, dass die finanzierten Unternehmen vor allem in den Bereichen Speicher, Security, Collaboration, CRM (Customer-Relationship-Management) und SCM (Supply-Chain-Management) tätig sind, Segmente, die während des Dotcom-Hypes kaum beachtet wurden. Verlierer im vierten Quartal 2001 waren dagegen B-to-B- und B-to-C-Anbieter.

Laut Jesse Reyes, Vice President von Venture Economics, erreichte die Förderung von TK- und Software-Startups damit in etwa wieder das Niveau vor dem Platzen der Dotcom-Blase. Dabei konnten Softwareunternehmen vier der zehn größten VC-Deals des vierten Quartal 2001 für sich verbuchen: So erhielt das von Lotus-Notes-Erfinder Ray Ozzie gegründete Startup Groove Networks für seinen Web-übergreifenden Dokumentenaustausch in der vierten Finanzierungsrunde 54 Millionen Dollar. Zambeel, ein kalifornischer Anbieter von Speicher-Management-Lösungen, sicherte sich immerhin 52,6 Millionen Dollar. Insgesamt wurden im letzten Quartal 20 Software-Startups mit jeweils mehr als 20 Millionen Dollar gefördert. Trotz aller geweckten Hoffnungen lagen die Investitionen in Unternehmen der Sparte jedoch um fast 50 Prozent unter der Spitzenphase im zweiten Quartal 2000. Damals hatten VCs 3,4 Milliarden Dollar auf 261 Software-Startups verteilt, dies waren allerdings nur 23 Prozent der insgesamt 14,7 Milliarden Dollar hohen Investitionen. Grund für die Beliebtheit von Enterprise-Software ist laut Branchenkennern die Tatsache, dass die anvisierte Zielgruppe über ein relativ stabiles IT-Budget verfügt - im Gegensatz zu dem labilen Marktplatzgeschäft mit Privatkunden. Obwohl Unternehmen ihr Ausgabenpaket derzeit relativ eng schnüren, würden die IT-Verantwortlichen nach wie vor Software kaufen, wenn sich diese als effizient und kostensenkend erweist.

Aufgrund dieser schlagkräftigen Argumente sind auch hierzulande junge Anbieter von Unternehmenssoftware und Netzwerkinfrastruktur nach Ansicht von Theresa Wermelskirchen, Marketing-Managerin bei TVM Techno Venture Management, nie völlig in Vergessenheit geraten. Allerdings, so räumt sie ein, wirkten früher die Internet-Geschäftsmodelle schicker und lockten - zumindest auf den ersten Blick - mit einem schnelleren Profit bei den Investitionen. Daneben lief jedoch bei TVM das Engagement in Software-Startups weiter. Nach den hohen Ausfällen durch Internet-Pleiten hätten dann viele VCs quasi zum Ausgleich in Lifescience-Unternehmen investiert. Bei der Gewichtung der Investitionen in bestimmte Bereiche müsse man sich laut Wermelskirchen jedoch auch nach dem Interesse der Finanziers richten, da die unterschiedliche Sparten nicht aus einen gemeinsamen Geldtopf bedient werden.

Das derzeit noch geringe Interesse an Software-Startups spiegelte sich auch bei der ersten Stufe des Münchner Businessplan-Wettbewerbs 2002 Ende Februar wider: Unter den zehn prämierten Siegerteams aus Hochschul- und Forschungseinrichtungen befand sich nur ein potenzielles Software-Startup (mit Zielgruppe Unterhaltungsindustrie), jedoch sieben Teams aus dem Bereich Biotechnologie.

Nach Ansicht von Erkan Kilicaslan von Tec Venture Partners muss man in der VC-Szene zwischen Mode-Segmenten wie der Internet-Retail-Sparte und echten zyklischen Branchen unterscheiden. So habe es stets turnusweise ein abwechselnd starkes oder schwaches Interesse nach jungen Biotech-Unternehmen gegeben. Auch der Software-Bereich sei eine zyklische Branche, allerdings gäbe es für Firmen der Sparte mit guten Produkten immer eine Nachfrage. Wirklich gute Software-Startups würden daher immer Geld und einen Platz im Portfolio finden. Allerdings liege laut Kilicaslan heute die Messlatte höher, es werde länger und intensiver geprüft. Bei Unregelmäßigkeiten in der Due Diligence lasse man daher heute auch dort die Finger davon, wo man früher noch ein Auge zugedrückt hätte. (mb)