Roland Berger schnuppert Startup-Luft

VC-Gesellschaft BMP nimmt klassische Berater mit an Bord

28.07.2000
BERLIN (CW) - Die junge Venture-Capital-Gesellschaft BMP AG, Berlin, will in Zukunft gemeinsam mit der Roland Berger & Partner Beratungsgesellschaft ein neues Geschäftsmodell unter dem Stichwort "Beratung für Beteiligung" erproben.

Mit 30 Prozent wollte sich Roland Berger ursprünglich an BMP beteiligen, geblieben ist letztlich ein Anteil von zehn Prozent, die das renommierte Beratungshaus für einen Betrag von rund 30 Millionen Mark erwarb. Damit bleibe die Möglichkeit offen, bald weitere Partner mit an Bord zu holen, hieß es aus dem BMP-Vorstand. "So bewahren wir unsere unternehmerische Unabhängigkeit", begrüßte BMP-Vorstandsmitglied Ralph Günter die Änderung des Plans. Für die konkrete Zusammenarbeit mit Berger spiele der Umfang der Beteiligung keine Rolle.

Erklärtes Ziel beider Firmen ist es, BMP zur führenden europäischen Wagniskapital-Gesellschaft für Jungfirmen aufzubauen. Dabei liefert das Beratungshaus Roland Berger seinen Beitrag nicht nur durch Beratungswissen sowie ein bereits vorhandenes Netz von rund 30 Niederlassungen in 21 Ländern. Mit "Consulting for Equity" (CFE) soll auch eine neue Form von Beratungs- beziehungsweise Beteiligungsangebot im Vordergrund stehen. Geplant ist, dass Berger künftig Management-Beratung anbietet, die vor allem finanzschwache junge Firmen in Form von Firmenanteilen vergüten können. Auf diesen Beteiligungen bleibt das Beratungshaus jedoch nicht sitzen, sondern verkauft sie gegen Bares an BMP weiter - sofern sich die Wagnisfinanzierer damit einverstanden erklären. "Klar ist", so Günther, "Roland Berger bleibt ein Beratungsunternehmen und BMP eine Risikokapitalgesellschaft." Sich gegenseitig ins Handwerk pfuschen wollen die zwei Unternehmen also nicht.

Gedient ist mit diesem Modell beiden Parteien, denn Roland Berger Consulting muss sich gegen den Vorwurf behaupten, die Internet-Entwicklung verschlafen zu haben, und braucht dafür "eine glaubhafte Verlängerung in den New-Economy-Bereich", wie Berger-Partner Burkhard Schwenker in Berlin erläuterte. Unterstrichen wird die enge Verbindung, die beide Firmen anstreben, dadurch, dass Roland Berger persönlich den Aufsichtsratsvorsitz der Wagnisfinanzierer übernimmt. Die BMP AG wiederum gewinnt durch die neue Partnerschaft Beziehungen zur Old Economy. Mindestens zwei Gründe sprechen dafür, dass dies für das Geschäft mit dem Risikokapital attraktiv sein kann. Zum einen entschließen sich immer mehr große Unternehmen, einzelne Bereiche aus ihrem Konzerngefüge auszugliedern und zu eigenständigen Unternehmen - also zunächst Startups mit Bedarf an Risikokapital - aufzubauen.

Schnittstelle zwischen New und Old EconomyDa Berger schon während dieses Entscheidungsprozesses beim Kunden sitzt, kann sich BMP sehr früh als möglicher Kapitalgeber präsentieren. Des Weiteren werden Beziehungen zur Old Economy interessant, wenn es um den Ausstieg ("Exit") aus der Risikobeteiligung geht. Dieser zielt mittlerweile nicht mehr nur noch in Richtung Börse. Auch der Verkauf der aufgepäppelten Frischlinge an andere Firmen ("Trade Sale") rückt wieder zunehmend in den Vordergrund.

Warum sich ein Traditionsunternehmen wie Roland Berger, das im vergangenen Jahr mit rund 1300 Mitarbeitern - darunter 950 Berater - einen Umsatz von 680 Millionen Mark erwirtschaftete, von einer jungen Company wie BMP in die Töpfe gucken lässt, beantwortet Schwenker mit einem Hinweis aufs Zwischenmenschliche. "Allianzen leben von Menschen", ließ der Berger-Mann wissen, "Wegen der vorhandenen Persönlichkeiten und Strukturen glauben wir an die Partnerschaft." Außerdem hege man keinen Zweifel am Wachstumspotenzial von BMP. Zudem fehlt einer klassischen Unternehmensberatung wie Berger die Erfahrung mit der besonderen Situation junger Unternehmen, die sich vor allem aus einem starken Wachstum ergibt.

Fokus richtet sich auf E-Business und Life-Science1992 gründete das jetzige Vorstandsmitglied Oliver Borrmann den Vorläufer der heutigen BMP AG, die BMP Management Consultants GmbH, Berlin. Noch im gleichen Jahr folgte die Etablierung einer Tochtergesellschaft in Prag. War das Geschäft zunächst auf Beratungsservices ausgerichtet, verlagerte sich der Schwerpunkt seit 1995 in Richtung Venture-Capital-Gesellschaft. Im Juni 1997 wurde schließlich die BMP Aktiengesellschaft ins Leben gerufen, die im Juli vergangenen Jahres im amtlichen Handel der Frankfurter Wertpapierbörse debüttierte. Das Geschäftsjahr 1999 schlossen die Berliner mit einem Umsatz von 19,6 Millionen Euro (Vorjahr: 2,2 Millionen) und einem Fehlbetrag von minus 300000 Euro ab. Dabei steuerte die Wagnisfinanzierung einen Umsatz von 15,4 Millionen Euro bei, der Beratungsservice erwirtschaftete 4,2 Millionen Euro. Künftig sollen die Beratungstätigkeiten mit der Venture-Capital-Arbeit verschmelzen. Nicht zuletzt dank der Allianz mit Roland Berger, aber auch wegen der nun beschlossenen Senkung der Körperschaftssteuer erhöhte BMP seine Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2000 von 28,7 Millionen Euro auf 45 Millionen Euro und für 2001 von 56,4 Millionen auf 75 Millionen Euro.

Die bisher rund 70 Firmen, an denen BMP zwischen zwei und 50 Prozent hält, stammen überwiegend aus Deutschland. Seit der Gründung stieg das Investitionsvolumen auf rund 90 Millionen Euro. Einzelne ausländische Beteiligungen hat BMP in Belgien, der Schweiz, Polen, der tschechischen Republik, Singapur und in den USA. Das Engagement ist laut BMP nicht branchen- sondern technologieorientiert und konzentriert sich auf Unternehmen aus den Sektoren E-Business und Life Science. Neben verschiedenen Firmen, die sich mit Bio- und Medizintechnik beschäftigen, umfasst die Beteiligungsliste vor allem IT-orientierte E-Business-Firmen.

Abb: Unter dem Dach der BMP AG stellt die Firmengruppe Wagniskapital bereit und bietet Services zur Unternehmensentwicklung sowie Finanzierungskonzepte an. Quelle: BMP AG