Digital fährt zweigleisig mit OS2 und Apple-Connectivity:

Vax-Mac-Links sollen IBM Einhalt gebieten

04.09.1987

CUPERTINO/MAYNARD (CW) Fast im Plan ist Apple-Chef John Sculley mit seiner Ankündigung geblieben, binnen 18 Monaten - gerechnet ab November 1985 - marktfähige Verbindungen zwischen dem Macintosh-PC und Vax-Rechnern sowie IBM-Netzen herauszubringen. Das DEC-Management, das mit einem OS/2-Engagement liebäugelt, hält sich allerdings mit einem Bekenntnis zu Apple noch zurück.

Die von dem kalifornischen Mikrocomputer-Pionier Apple Computer Inc. kräftig geschürten Gerüchte, denen zufolge bald der neue "offene" Macintosh-Rechner die logische Fortsetzung der Vax in Richtung Arbeitsplatz sein wird, werden von Vax-Produzent Digital Equipment Corp. (DEC) in vorsichtigen Formulierungen relativiert. So warnte DECs Microvax-Marketier Richard Smith nach dem Announcement, sein Konzern werde die Entwicklung eines Mac- und Vax-kompatiblen Datenbanksystems durch den Hersteller Odesta Corp. fördern, vor allzu schnellen Schlußfolgerungen: "Interpretieren Sie da nichts hinein über Macintosh. Das ist nur ein Beispiel unserer Politik der offenen Netze. "Apple hingegen ließ einen Sprecher verkünden, auf der nächsten Dexpo, der Ausstellung für Peripherie zu DEC-Systemen, würden 25 Prozent der Exponate bereits etwas mit der "Apple-DEC Connectivity" zu tun haben.

Auch was das IBM-Mikrosoft-Betriebssystem OS/2 betrifft, scheint DEC momentan leisere Töne zu bevorzugen. Im Juli noch war Charles Monk, Vaxmate-Produktmanager im englischen Reading, in einem Interview vorgeprescht und hatte getönt: "Wir bringen OS/2 in Großbritannien zur selben Zeit auf den Markt wie andere Hardwarehersteller. Außerdem arbeiten wir im Rahmen unserer Strategie an einer verbesserten Version des Produkts. "Ob sich Monk verplappert hatte oder etwas nicht Spruchreifes nach außen getragen hatte - jedenfalls pfiff ihn die Zentrale zurück, so daß er Mitte August bloß mehr orakeln konnte: "Ich kann nur sagen, wir betrachten OS/2 im Zusammenhang mit zukünftigen Betriebssystemen und den Wünschen unserer Kunden."

Marktforscher und Analysten sind aufgrund dieser und anderer Indizien inzwischen überzeugt, daß zu den Features der nächsten Klein-Vaxen, die am 9. September weltweit vorgestellt werden, auch die OS/2-Option zählen wird. Daß der Maynarder Microcomputerhersteller diesen Schritt nicht ganz aus freien Stücken geht, gilt dabei als sicher.

"Wenn DEC die Lizenz an OS/2 erwirbt, ist das reine Notwehr", erläutert David Taylor von der Beratungsgesellschaft Gartner Group aus Stamford. Auch wenn Kollegen Taylors spekulieren, DEC sehe Europa, insbesondere England, als Testmarkt an und wolle mit einer US-Markteinführung noch abwarten, stellt der Gartner-Mann nüchtern fest: Weder hier noch dort werde die Nachfrage DEC eine Alternative lassen, wenn die Migration von MS-DOS zu OS/2 bei den Anwendern erst einmal im Gange sei. Nur ITG-Chef Brian Jeffery aus Palo Alto mißt dem Alleingang der Briten keine besondere Bedeutung bei; DEC sei schließlich dezentral organisiert.

Während Digital Equipment aus der künftigen Politik noch ein Geheimnis macht, so daß der Branche nur die Spekulation bleibt die Mac-User sollten über Links und die MS-DOS-User über eigene neue DEC-Hardware auf den Vax-Geschmack gebracht werden, rüstet die Add-on-Industrie bereits zum Angriff. Anbieter wie die Bell-Atlantic-Tochter Technology Concepts haben neuerdings Produkte parat, die den neuen Macintosh zum VT-220-Terminal machen. Neben dem Emulationsmodus - Stichwort: "virtuelles Terminal im Mac" - werben die Hersteller mit Features wie Task-to-task-Communications, verschiedenen Zugriffsmodi und Netzmanagement-Funktionen.