Wozniak hat die Nase voll von Management-Bürokratismus:

Vater von Apple II steigt in Video-Markt ein

15.02.1985

CUPERTINO (lo) - Stephen Wozniak geht. Damit verliert die Apple Computer Inc. nicht nur ihren Mitbegründer. es blättert auch das Image von jugendlicher Spontanität ab. Zum Vorschein kommt eine Organisation, die durch übliches Profitdenken und starres Reglement einer Unternehmensbürokratie bestimmt ist. "The Woz" ist das leid.

Seit fünf Jahren hätte Apple bereits die falsche Richtung eingeschlagen, äußerte sich der 34jährige "geniale Individualist" Wozniak, so das Wall Street Journal, in tiefer Enttäuschung. Er warf dem Management beispielsweise vor, die Weiterentwicklung des marktgängigen Apple II - in einer halboffiziellen Ankündigung wurde von einem IIx gesprochen - verhindert zu haben. Es seien einfach keine Mittel zur Verfügung gestellt worden. Dabei habe dieses Gerät dem Unternehmen den plötzlichen Erfolg beschert. Auch derzeit kämen 95 Prozent der Company-Einkünfte daher.

Ex-Pepsi-Topmanager und amtierender Apple-President John Sculley nahm zu den Vorwürfen des zornigen jungen Mannes in einem vorbereiteten Statement Stellung: Die Apple-II-Familie bleibt Hauptstütze für uns; sie besitzt Vorrang auch für die kommenden Jahre. Wie von einem Unternehmenssprecher zu hören war, konterte Wozniak sarkastisch, der hohe Ertrag des II-Computers sei "wahrscheinlich viel zu hoch".

"The Woz", so sein Spitzname in der Branche, blieben die verwinkelten Pfade starrer Organisation fremd. Er zog die Atmosphäre der Garage im Silicon Valley aus den Gründerjahren vor. Dort bastelten er und Steven Jobs vor acht Jahren jene Computer, die bald darauf als "Personal Computer" den Markt überschwemmen sollten.

Entgegen Vorstandschef Jobs verzichtete der Einzelgänger auf jeglichen Posten im Management bei Apple. Er vermißte dort das produktive Chaos aus den Anfängen in den

siebziger Jahren. Um für die erste "Serienproduktion" der Apple Computer Nr. bis Nr. 50 das nötige Kleingeld aufzutreiben, verkauften er und Jobs ihren Wohnwagen samt Fernseher, so die Legende.

Bereits 1981 kehrte Wozniak schon einmal für zwei Jahre Apple den Rücken. Jobs und Sculley starteten währenddessen den internationalen Marktfeldzug, das Unternehmen war an die Börse gegangen. Bald darauf sollte der grüne Apfel weltweit leuchten. Sein Verkauf bringt jährlich über 1,5 Milliarden Dollar ein.

Zu diesem Zeitpunkt besaß der 29jährige "Woz" 90 Millionen Dollar.

Damit war er einer der reichsten und, wie berichtet wird, anspruchslosesten Personen im Silicon Valley. Geld für Freunde und wohltätige Veranstaltungen sowie Verluste bei Rock-Konzerten in eigener Regie schmälerten jedoch das Vermögen.

Immer noch sind ihm mit vier Prozent der Apple-Anteile etwa 70 Millionen Dollar verblieben. Er steht weiterhin als Entwicklungsberater auf der Lohnliste bei Apple.

Wozniak will sich zusammen mit zwei Ingenieuren aus der Gründerzeit in den Heim-Video-Bereich wagen. Was wir auf die Beine stellen, gibt's bisher noch nicht", deutet "The Woz" an. Bisher gäbe es eine Menge Ideen, aber keine Prototypen. Das neue Abenteuer firmiert unter MBP Inc. Die Abkürzung steht für "My Best Friend".