Unix-Lizenzgeber verklagt Berkeley Software Design

USL will die Herstellung eines lizenzfreien Unix unterbinden

17.07.1992

MÜNCHEN (CW) - Der bisher einzige Unix-Lizenzgeber, das AT&T-Tochterunternehmen Unix Software Laboratories (USL), hat Konkurrenz bekommen. Die Berkeley Software Design Inc. behauptet, mit ihrem BSD/386-Betriebssystem ein Unix anbieten zu können, für das AT&T keine Lizenzansprüche anmelden könne. Gegen diesen Anspruch zieht die USL vor Gericht.

Anlaß für die Klage der AT&T-Tochter beim Bundesgericht von New Jersey war die Werbung von Berkeley Software für ihr BSD/386-Betriebssystem. Darin stellt das Unternehmen nach Informationen des britischen Branchendienstes "Computergram" die Behauptung auf, für das Produkt seien keine Lizenzgebüren an die USL zu entrichten. Die Begründung: Das Produkt beruhe auf dem netzfähigen Betriebssystem BSD 4.3, Release 2, und dafür habe AT&T bei Berkeley nie Lizenzrechte angemeldet.

Das verklagte Unternehmen fühlt sich in seiner Rechtsauffassung auch dadurch bestätigt, daß die USL ihre Vorwürfe nicht mit lizenzrechtlichen Verstößen begründet hat, sondern damit, daß die ihrer Ansicht nach unrichtige Werbeaussage von Berkeley Software den Wettbewerb verzerre. Robert Mitze, Managing Director von USL Europe, geht davon aus, daß das Berkeley-Produkt schutzwürdigen USL-Code enthält. Es sei allerdings nie geprüft worden, ob das Unix der Berkeley-Universität frei von AT&T-Code sei. Solange es sich um kein kommerzielles Produkt gehandelt habe, sei das nicht notwendig gewesen.

Der Ausgang des jetzt angestrengten Prozesses ist von grundsätzlicher Bedeutung, denn bisher müssen sämtliche Unix-Anbieter Lizenzgebühren an die USL abführen. Nicht alle Unternehmen sind mit dieser Situation zufrieden. So entwickelt zum Beispiel die Open Software Foundation (OSF) im Auftrag von Sponsoren wie Hewlett-Packard, IBM und DEC an einem lizenzfreien Unix. Eine Entscheidung zugunsten von Berkeley hätte darauf bedeutenden Einfluß, da der BSD-Code einen unwesentlichen Teil des OSF-Unix ausmacht.

Mitze warnt jedoch vor einer solchen Entwicklung: "Kein Unternehmen wird mehr in die Software-Entwicklung investieren, wenn es nicht einmal mehr möglich ist, einen Betriebssystem-Kernel urheberrechtlich zu schützen."