User-Betreuung: Aufgabe für Fach- und DV-Abteilung

08.05.1987

Immer mehr Mitarbeiter aus Fachabteilungen wandern in Benutzerservicezentren oder dezentrale Beratungsstellen ab. Allerdings ist ein solcher Wechsel nicht ohne zusätzliche Qualifizierung möglich. Roger Quassowski von BMW in München: "Der Mitarbeiter sollte schon ein entsprechendes Studium haben oder die praktische Handhabung derartiger Instrumente beherrschen." Die Büroangestellten sind seiner Meinung nach besonders gut für die dezentrale Beratungsarbeit geeignet. Im zentralen Information Center arbeiten dagegen nach wie vor überwiegend DV-Profis, da beispielsweise auch Programmierer in diese Service-Einrichtungen drängen, wenn Standardsoftware eingesetzt werde, stellt Karl-Heinz Barth, DV/Org.-Leiter bei der Deutschen Semperit GmbH in München, fest.

Karl-Heinz Barth, DV/Org.-Leiter, Deutsche Semperit Gesellschaft mbH, München

Wir sind gerade dabei, einen Benutzerservice beziehungsweise ein Information Center aufzubauen. Hier stellte sich für uns im Vorfeld die Frage, welche Mitarbeiter künftig die Beratungsfunktion übernehmen sollten. Der ausschlaggebende Grund für unsere Wahl war die neue DV-Anlage, die mit Standardsoftware betrieben werden kann. Die Folge davon ist, daß die

DV-Spezialisten in der herkömmlichen Form nicht mehr benötigt werden. Aus diesem Grund verändern sich diese Mitarbeiter dahingehend, daß sie künftig für die Fachabteilungen die Berater- und Benutzerserviceaufgaben als verlängerter Arm der DV-Abteilung wahrnehmen.

Von seiten der Fachabteilungen war nicht genügend Personal vorhanden. Im Prinzip spricht jedoch nichts dagegen, auch Sachbearbeiter so auszubilden, daß sie für Benutzerservice- oder Informationszentren geeignet sind. Allerdings bot sich aus unserer personellen Situation heraus dieser Weg nicht an. Wir gehen jetzt dazu über, die DV-Mitarbeiter mit Fach-Know-how auszustatten. Sie werden mehr zum Anwender hin ausgebildet; dazu gehört vor allem der Umgang mit Anwendungsprogrammen, wie beispielweise in den Bereichen Buchhaltung und Auftragsabwicklung. Im Endeffekt sollen sie die gleiche Funktion erfüllen wie Fachabteilungsmitarbeiter mit DV-Kenntnissen.

Wir erwarten keinerlei Vorbehalte seitens der Mitarbeiter. Wenn man ihnen entsprechend offen und fair darlegt, was die neue Umstrukturierung bedeutet und wie ihr neues Aufgabengebiet aussieht, dann sehe ich keine Probleme.

Lutz Martiny, Leiter der Systementwicklung, Schering AG, Berlin

Ich halte jede Fluktuation zwischen den DV- und Fachabteilungsbereichen für begrüßenswert. Denn ein DV-Profi hebt das Niveau in bezug auf die Informationsverarbeitung in den Fachabteilungen, und umgekehrt bereichert ein Sachbearbeiter eine DV-Abteilung durch sein betriebswirtschaftliches Wissen. Neben diesem Know-how-Austausch läßt sich als weiterer Pluspunkt eine Verringerung der Akzeptanzprobleme in den Fachabteilungen erreichen. Der DV-Verantwortliche muß aber in einem solchen Fall über die Ressortgrenzen hinausdenken, auch wenn die Abwanderung eines qualifizierten Mitarbeiters in die Fachabteilung "weh tut". Sich in seinem Arbeitsgebiet in Geheimniskrämerei zu üben, ist der falsche Ansatz. Schließlich arbeitet man für ein Unternehmen und nicht für sich.

Wir konnten bisher mit beiden Varianten Erfahrungen sammeln. Derzeit soll ein ehemaliger Mitarbeiter der Datenadministration eine Datenbasis für Personalinformationssysteme als Mitarbeiter des Personalressorts aufbauen. Für diese Tätigkeit ist er besonders prädestiniert, da er genau weiß, welche DV-technischen Gegebenheiten in Hard- und Software vorhanden sind. Gute Ergebnisse erzielten wir auch mit einem ehemaligen Fachabteilungsmitarbeiter. Er ist jetzt für die Datenversorgung der Systeme der Schering-Gruppe über unser weltweites Netz zuständig.

Als Qualifikation für den Sachbearbeiter reicht es meiner Meinung nach aus, daß er sich schon in der Fachabteilung mit der DV intensiv befaßt hat. Ein Hochschulstudium scheint mir nicht notwendig zu sein, wenn bereits entsprechende Qualifikationen bewiesen worden sind.

Norbert Ruppenthal, Prokurist und Leiter der zentralen DV, Rodenstock G. Optische Werke, München

Ich stehe einem Wechsel eines Mitarbeiters der Fachabteilung in den DV-Bereich sehr aufgeschlossen gegenüber, obwohl dies auch Probleme mit sich bringen kann. Denn mit einer Veränderung stellt sich die Frage: Was muß man dem Neuen hinsichtlich DV und Betriebswirtschaft beibringen, damit er das Niveau eines DV-Analytikers, DV-Organisators oder Entwicklers erreicht?

In der Praxis hat der gute Wille allerdings noch keine Früchte getragen. Bei uns nehmen bislang immer noch ehemalige DV-Profis den Benutzerservice wahr. Bei diesen Voraussetzungen kommt es aber vor, daß sie von den Fachbereichen ausgebootet werden. Deshalb braucht die DV-Abteilung dringend gute Fachabteilungsleute. Gut heißt für mich, daß der Mitarbeiter Absolvent einer Fachhochschule mit Schwerpunkt Informatik oder Mathematik ist. Dabei sollte er auch ein Gefühl für Organisation und Rationalisierungspotentiale haben sowie über psychologisches Einfühlungsvermögen verfügen. Ferner müssen der Datenfluß und die Ablauforganisation beherrscht werden. Wir sind auch bereit, diese Leute sowohl im eigenen Hause als auch extern bei Herstellern ausbilden zu lassen.

Dennoch hatten wir bisher mit sogenannten Abwerbungsversuchen keinen Erfolg. Der Grund dafür war, daß Abwanderungswillige von ihren Chefs in den Fachabteilungen vom Wechsel abgehalten wurden, weil sie diese guten Mitarbeiter nicht verlieren wollten. Verloren hat sie unser Unternehmen dennoch, da sie in einen anderen Betrieb wechselten.

Roger Quassowski, Leiter der Systeme "Büro- und Benutzer-Informationsverarbeitung", BMW AG, München

Wir haben bereits seit 1983 ein Benutzerservicezentrum. Die dort tätigen Berater waren aber meistens früher nicht in den Fachabteilungen tätig. Denn in unserem Benutzerservicezentrum muß man nicht so sehr über fachspezifische Anwendungen Bescheid wissen, sondern über alle DV-Produkte, die in unserem Unternehmen standardmäßig im Einsatz sind.

Für dezentrale Beratungs-Stellen sind diese Fachabteilungs-Mitarbeiter geeigneter, da hier die Anwendernähe eine sehr starke Rolle spielt. Bei der Betreuung vor Ort sollte man deshalb sehr stark auf qualifiziertes Personal aus Fachabteilungen zurückgreifen.

Allerdings erwarte ich, daß diese Mitarbeiter nicht nur zum Benutzerservice gehen, weil es gerade kommod ist. Sie sollten schon Ausgangsfähigkeiten vorzeigen können, vielleicht sogar ein entsprechendes Studium haben oder die praktische Handhabung derartiger Instrumente beherrschen.

Darüber hinaus sollte der ständige Kontakt zum Benutzerservicezentrum gepflegt werden, um die Einhaltung gegebener Standards gewährleisten zu können.