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ICANN-Pläne

USA wollen Macht über den Cyberspace teilen

29.09.2009
Der Internet-Vormund USA rückt vorsichtig von seiner Aufsichtsrolle ab. Wie weit die Öffnung der Obama-Adminstration gehen wird, ist allerdings noch unklar.

Die Amerikaner waren die Pioniere im Cyberspace - und bis heute sind sie dort die Sheriffs. Offiziell verwaltet die Internet-Gemeinde sich zwar über die Organisation ICANN selbst. Doch die Macht der dort vertretenen Unternehmen und Experten endet dort, wo Washington ein Veto einlegt. Nun deutet sich ein Wandel an: US- Präsident Barack Obama will seine heimliche Macht offensichtlich mit anderen teilen - zumindest ein bisschen.

Ohne ICANN läuft im Internet nichts - die Organisation ist so etwas wie die Verkehrs- und Baubehörde. Zum einen hält sie das Verkehrsleitsystem, das sogenannte Domain Name System, flott. Es verbindet jeden Rechner, der ans globale Netz angeschlossen ist, binnen Sekundenbruchteilen mit Internet-Servern in Bombay, Buenos Aires oder Boston. Daher auch der Name: Internet Corporation for Assigned Names and Numbers - also eine Firma für "zugewiesene Namen und Nummern". Zum anderen wacht die ICANN über die Top Level Domains wie zum Beispiel ".de" oder ".com". Mit neuen Adressräumen kann sie somit Platz im Cyberspace schaffen - was sich allerdings oft über Jahre hinzieht.

Der US-Einfluss hat historische Gründe. Denn das Internet startete als ein rein amerikanisches Experiment: Im Oktober 1969 schlossen Informatiker aus Los Angeles und Stanford ihre beiden Großrechner über eine Strecke von 500 Kilometern zusammen. Es war der Ursprung der weltweiten Vernetzung.

Die Arbeit der noch jungen Computerwissenschaft bezahlte die US-Forschungsbehörde ARPA. Dank Spitzentechnologie wollten die Amerikaner den Kalten Krieg mit den Sowjets gewinnen. "Die Kontrolle über das Internet war damals in den Händen der Erfinder", erklärt Wolfgang Kleinwächter, Professor für Internetpolitik an der Universität Aarhus in Dänemark.

Als immer mehr Unternehmen und Privatnutzer die Vorteile der grenzenlosen Vernetzung entdeckten, privatisierte die Clinton-Regierung die Aufsicht: Sie gründete 1998 die Zwitter-Organisation ICANN. "Es handelt sich um eine privatrechtliche Firma mit einem internationalen Direktorium", sagt Kleinwächter. Internet-Wirtschaft und Nutzer dürfen seitdem mitreden.