Beachtung des amerikanischen Exportkontrollrechts von entscheidender Bedeutung

USA verschaffen sieh über die Schwarze Liste Respekt

12.05.1989

*Clemens Kochinke ist Rechtsanwalt MCL, Attorney at Law in Washington, DC.

Waren schon die bisherigen Bestimmungen, die zur Einhaltung der in der CoCom-Gruppe multilateral vereinbarten Regeln für Exportkontrollen verpflichteten, kein Honiglecken, so können neuerdings deutsche Hersteller von Computer-Hard- und -Software durch amerikanische Exportkontrollen empfindlicher denn je in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt werden.

Dies gilt selbst, wenn die deutschen Exporte keine US-Komponenten enthalten, aber den multilateral vereinbarten Kontrollen der CoCom-Gruppe unterliegen. Sanktionen der USA für Verstöße deutscher Exporteure umfassen Gefängnis- und Geldstrafen sowie sogenannte Zivilstrafen, wie die langfristige Aufnahme in der amerikanischen Schwarzen Liste, und Bußgelder in vielfacher Höhe des Exportumsatzes.

Außerdem können die USA das Unternehmen und mit ihm verbundene Gesellschaften auf Schadensersatz verklagen, wenn der Export die Verteidigungsfähigkeit der westlichen Welt mindert. Dabei schreckt, wie die japanische Firma Toshiba und das norwegische Unternehmen Kongsberg erfahren mußten, der Kongreß nicht vor Maßnahme- und Rückwirkungsgesetzen zurück , die erst

nach dem Export eine Tathandlung definieren und unter Strafe setzen. Letztlich kann jeglicher Export in die USA verboten und die Teilnahme am US-Beschaffungswesen suspendiert werden. Hier werden die Auswirkungen der US-Vorschriften auf deutsche Unternehmen vorgestellt.

Auch Fachwissen ist kontrolliert

Diese Kontrollen sind gesetzlich im Export Administration Act (EAA) verankert, der 1988 erheblich verschärft wurde. Manche Hard- und Software fällt auch noch nach anderen Gesetzen unter das Embargo, zum Beispiel Software, die Nuklearprozesse steuern kann. Je nach Verwendungszweck und Sitz und Art des Kunden gelten Kontrollen unterschiedlicher Intensität, die unterschiedliche Genehmigungspflichten auslösen.

Zunächst wird nach Gütern, Software und "Technical Data" (TD) unterschieden. Die Frage, ob ein beabsichtigter Export durch ein deutsches Unternehmen Kontrollen unterliegt, beantwortet sich anhand der Kontrolliste und der Verordnungen zum EAA. Durch Prüfung der Definitionen kontrollierter Gegenstände und der Waren-, Software- oder TD-Spezifikationen läßt sich ermitteln, ob ein bestimmtes Erzeugnis kontrolliert ist. Zu Gütern zählt Hardware, und zwar Computer als solche, aber auch Computerbestandteile, die in andere Ware eingebaut sind. Unter den TD-Sammelbegriff fallen unter anderem Blaupausen, technisches Wissen, Technologien, Fertigungskenntnisse und unveröffentlichte Fachkenntnisse. Software, die bislang auch als TD galt, wird jetzt in den Verordnungen getrennt behandelt. Die lizenzpflichtige Übermittlung von TD und Software kann auf verschiedene Weise erfolgen.

Beispiele:

1. Die Besichtigung einer Fabrikationsstätte, bei der ein geschulter Beobachter aus der Maschinenanordnung und den Verarbeitungsprozessen technisches Wissen erwerben kann, kann eine genehmigungspflichtige Übertragung darstellen.

2. Ebenso kann ein Fachvortrag eine Genehmigung erfordern, wenn Zuhörer aus Ostblock- und anderen kontrollierten Ländern anwesend sind.

3. Im Softwarebereich kann ein deutsches Unternehmen, das mit Genehmigung amerikanischer Vertragspartner importierte Softwaremodule in sein in Deutschland entwickeltes Softwareprogramm integriert, für Exporte der deutschen Software per Modem eine Genehmigung aus den USA benötigen.

4. Dasselbe gilt, wenn Angestellte eines deutschen Softwarehauses bei einem befreundeten US-Unternehmen oder an einer US-Universität kontrollierte Softwarekenntnisse erwerben und diese später in deutscher exportbestimmter Software einsetzen.

Änderungsvorschriften sind noch nicht in Kraft

Obwohl noch keine Änderungsvorschriften in Kraft traten, sind seit wenigen Wochen für TD die einseitigen Kontrollen der USA entfallen die die CoCom-Limits überstiegen. Genaueres wird in einigen Monaten erwartet. Zwischenzeitlich können deutsche Unternehmen oder ihre amerikanischen Zulieferer mittels eines Klassifizierungsantrags beim US Handelsministerium feststellen, ob die Ausfuhr einzelner, bisher kontrollierter TD zulässig ist.

Im wesentlichen bestimmen Endnutzer und Verwendungszweck die Art der erforderlichen Lizenz. Die strengsten Kontrollen betreffen Ostblockstaaten und politisch sensitive Staaten wie Libyen, Kambodscha und Südafrika. Der Verwendungszweck, zum Beispiel Einsatz in Forschung oder Produktion, hat maßgeblichen Einfluß auf die Lizenzart und damit den erforderlichen Aufwand zur Einholung einer Lizenz. Bei kritischen Käufern oder Einsatzorten ist in der Regel absehbar, daß eine Einzellizenz (Individual Validated License - cIVL) beantragt werden muß. Bei objektiv weniger kritischen Techologien, unbedenklichen Abnehmern oder Einsatzarten und geringem Wert kann als Faustregel auf die Allgemeinlizenz zurückgegriffen werden.

Exporteur haftet für die Zuverlässigkeit des Kunden

Eine Allgemeinlizenz, General License (GL) genannt, bedeutet, daß allgemein die Ausfuhr der bestimmten Warenart für bestimmte Zwecke und Zielländer gestattet ist, kein Verwaltungsverfahren erforderlich ist und bei der Ausfuhr deklariert wird, auf welchen GL-Typ sich der Exporteur beruft. Falls die US-Behörden die Rechtmäßigkeit des Exports bezweifeln, muß der Exporteur natürlich nachweisen können, daß die Umstände des Einzelfalles die Ausfuhr mit einer GL rechtfertigen.

Für Ausfuhren aus den USA in größeren Mengen können auch Mehrfachlizenzen benutzt werden. Hierzu wird der Exporteur verpflichtet, besondere Vorkehrungen für die Feststellung der Zuverlässigkeit seiner ausländischen Kunden zu treffen, um sicherzustellen, daß sie keine unerlaubten Wiederausfuhren vornehmen. Besondere Regeln gelten für Ersatzteil- und Wartungslieferungen. Welche Genehmigungsart greift und welche besonderen Bedingungen an die Erteilung einer Einzellizenz geknüpft werden, ergibt sich aus der Kontrolliste.

Beispiele: Ein Z80-Computersystem kann gegebenenfalls die Voraussetzungen für eine GL-Ausfuhr erfüllen, selbst wenn der Export für eine russische Universität bestimmt ist. Hingegen wäre eine Einzellizenz zu beantragen, wenn die Lieferung an ein südafrikanisches Dorfpolizeiamt ginge. Dasselbe kann für Massensoftware gelten, die in Südafrika bei der Verwaltung von Apartheid-Gesetzen eingesetzt wird. Andererseits kann auch bei Lieferungen, die keine Ausfuhr darstellen, eine Einzellizenz erforderlich sein, zum Beispiel, wenn der Kunde die deutsche

Tochter eines russischen Unternehmens oder ein deutsch-ungarisches Gemeinschaftsunternehmen ist.

Zur Klarstellung sei betont, daß eine Massensoftware oder ein veralteter Chip nicht ohne Prüfung des Einzelfalles mit einer GL ausgeführt werden darf.

Wie nun berühren US-Gesetze deutsche Exporte? Die USA haben die multilateralen CoCom-Vereinbarungen über die Kontrolle von strategisch und technologisch wertvollen Gütern, Software und TD so in nationales Recht umgesetzt, daß nicht nur Exporte aus den USA, sondern auch Wiederausfuhren ursprünglich amerikanischer Exporte erfaßt werden. Auch Einfuhren in die USA,

die später reexportiert werden, unterliegen dieser Kontrolle.

Beispiel: Die extraterritoriale Kontrollzuständigkeit der USA, die oft, aber erfolglos bestritten wird, erfaßt japanische CoCom-kontrollierte Ware, die in die USA eingeführt wird. Die US-Gesetze bleiben anwendbar, wenn die Ware später nach Deutschland geliefert wird, und auch, wenn sie dann unverändert oder nach Ein- oder Umbau nach Pakistan weiterversandt wird. Jeder an diesen wirtschaftlichen Vorgängen Beteiligte macht sich gegenüber den US-Behörden persönlich für die Befolgung der US-Export- und Reexportbestimmungen haftbar.

Die Lizenzvorschriften und die Kontrollistendefinitionen und -bedingungen erfassen Reexporte in fast gleichem Umfang wie Ausfuhren aus den USA. Die 1988 in Kraft getretenen Bestimmungen des Omnibus Trade and Competitiveness Act of 1988 reduzieren den Umfang der Kontrolliste. Computerhard- und -software behalten wegen ihrer militärischen und zivilen Einsatzfähigkeit Priorität. Sogenannte "Lower Level Technology" soll zukünftig nicht mehr geführt werden. Außerdem wurden 1988 bisher genehmigungspflichtige Güter, die für den (Re-)Export in CoCom-Staaten oder ihnen nach °5(k) EAA gleichgestellte Länder bestimmt sind, von der Genehmigungspflicht befreit. Erforderlich ist allerdings eine Anzeige an die zuständige Behörde.

Kontroll-Liste wird regelmäßig angepaßt

Weiterhin genehmigungspflichtig bleiben Waren, Software und TD der Hochtechnologie, wie Supercomputer oder sensitive Güter des Nuklearbereichs. Ebenso entfiel mit Ausnahmen die Reexportgenehmigungspflicht für bestimmte Güter, bei denen nicht mehr als 25 Prozent der in das ausländische Endprodukt integrierten Komponenten aus den USA stammen. Die Gesetzesänderung selbst bewirkt nicht die Streichung von Gütern, Software und TD aus der Liste. Um den neuesten Stand der Liste festzustellen, muß sich ein Unternehmen an den Verkündungen im Federal Register, dem Export Administration Bulletin oder zuverlässiger Sekundärliteratur orientieren.

Vorsicht: Das Bestehen einer deutschen Ausfuhrgenehmigung befreit bei einer Wiederausfuhr nicht von der Beachtung der amerikanischen Vorschriften und der Notwendigkeit eine US-Einzellizenz zu beantragen wie der in der Presse diskutierte Fall gewisser Ausfuhren der Degussa AG nach Indien illustriert. Dies ist besonders bei der Übertragung von Software und TD zu beachten, da die einschlägigen deutschen und amerikanischen Definitionen voneinander abweichen.

Im Rahmen des CoCom treffen sich die NATO-Staaten - außer Island - und Japan regelmäßig zur Anpassung der multilateralen Kontrolliste an den technologischen Fortschritt und politische Entwicklungen. Nach jeder Verhandlungsrunde werden die neuen Vereinbarungen mit teilweise beachtlicher Verzögerung in nationales Recht umgesetzt. In den Vereinigten Staaten wird zudem des öfteren das nationale Recht aus sicherheits- und außenpolitischen Gründen geändert.

So wurden im Zuge dieser Anpassungen mehrfarch Ausfuhren nach Libyen eingeschränkt, während Wiederausfuhren amerikanischer Güter und Komponenten in andere CoCom-Staaten in weiten Bereichen von der Einzellizenzpflicht befreit wurden. Die USA verhandeln auch mit verschiedenen Staaten über die Verbesserung der Durchsetzung amerikanischer Rechts und der CoCom-Regeln im Ausland sowie die effektivere Zusammenarbeit zwischen Zolldiensten und Justizbehörden bei der strafrechtlichen Rechtshilfe und verwaltungsrechtlichen Amtshilfe.

Aufdeckung und Verfolgung von Verstößen

Den Staaten, die sich am Vollzug der amerikanischen und der CoCom-Bestimmungen beteiligen, gewähren die USA den erleichterten Zugang zu Supercomputern und anderer amerikanischer High-Technology. Dies verbessert die Entdeckung und Verfolgung von Verstößen, steigert aber auch die Wiederausfuhrchancen für deutsche Güter mit US-Komponenten. Wichtige Beispiele für Staaten, die verbesserte Kooperationsmechanismen mit den USA in die Wege geleitet haben, sind Finnland, Österreich, Schweden, die Schweiz und Singapur.

Nach amerikanischer Rechtsauffassung gilt die Teilnahme am internationalen Handel nicht als Recht sondern als vom Staat eingeräumtes und widerrufbares Privileg. Aus diesem Grunde erwarten die USA, daß amerikanische und ausländische Unternehmen, die mit US-Gütern Handel treiben, die Behörden über Verletzungen des US-Exportkontrollrechts unterrichten. Um die Bedeutung ihrer Vorschriften zu unterstreichen, unterhalten die USA mit vielen Staaten Informationsaustauschabkommen, verdreifachten in den letzten Jahren den Ermittlungsstab des Handelsministeriums, stationierten Ermittlungsbeamten des Zolldienstes und des Handelsministeriums in Europa und versuchen, Verstößen durch drakonische Strafzumessungen und langfristige Bezugssperren für US-Güter vorzubeugen.

Hinweis: Wichtige Informationen über Verstöße werden den US-Behörden bei freiwilligen Selbstanzeigen zugetragen. Im März 1989 veröffentlichte das Handelsministerium einen Verordnungsentwurf über die Voraussetzungen und die Behandlung von Selbstanzeigen. Eine Straffreiheit für Selbstanzeigende ist nicht vorgesehen. Jedoch ist bei der Zumessung von Strafen ein wichtiger Faktor, ob mit der Selbstanzeige die Verfolgung anderer Verstöße ermöglicht und welche Unterstützung zur Aufdeckung anderer Verletzungen geleistet wurde. Auch deutsche Unternehmen konnten bis zum 5. April ihre Vorstellungen zu diesem Entwurf dem Handelsministerium im Stellungnahmeverfahren vortragen.

Bisher wurde bei den Saktionen für Verstöße nach straf- und verwaltungsrechtlichen Strafen unterschieden.

Für die strafrechtliche Verfolgung ist das Justizministerium zuständig. Es arbeitet mit dem Handelsministerium und dem Zolldienst zusammen. Kompromißloser als sonst ersucht es andere Staaten um die Auslieferung Beschuldigter und die Rechtshilfe bei der Beweisbeschaffung. Da viele Staaten mittlerweile Exportkontrollverletzungen nicht mehr als politische Tatbestände einstufen, können die USA auf beachtliche Erfolge in der Amts- und Rechtshilfe und der Bestrafung ausländischer Beschuldigter verweisen. Die US-Gerichte verhängen in diesem Verfahren hohe Gefängnisstrafen und bestätigen regelmäßig Beschlagnahmen und Hausdurchsuchungen. Die Verhängung von Strafen führt automatisch zu Verwaltungssanktionen wie der Bezugssperre, die aber in der Regel unabhängig von einer strafrechtlichen Verfolgung angeordnet werden.

Die Verwaltungsstrafen werden als "civil sanctions" bezeichnet und vom Handelsministerium zugemessen. Sie enthalten zwei Grundelemente: das Bußgeld und die drastischer wirkende Aufnahme in die Schwarze Liste.

Eindrucksvolle Sanktionen für Töchter

Als neue Sanktionen wurden mit dem Omnibus Trade and Competitiveness Act of 1988 Rechtsgrundlagen für eine zivilrechtliche Haftung und eine Importsperre geschaffen. Diese Mittel setzen nicht die Verletzung amerikanischen Rechts voraus. Die US-Regierung kann bei einem Verstoß gegen ausländische und CoCom-vereinbarte Exportkontrollen Ersatz derjenigen Kosten fordern, die der Westen zur Wiederherstellung seines technologischen Vorsprungs für die Entwicklung neuer Waffensysteme aufwenden muß. Für diesen klagbaren Restitutionsanspruch haften auch verbundene Gesellschaften des Verletzers. Der potentielle Schadensersatzanspruch ist der Höhe nach unbegrenzt. Besonders eindrucksvoll wird die Schadensersatzforderung auf Unternehmen wirken, die Töchter in den USA besitzen, wo ein Urteil ohne Frage vollstreckbar wäre. Zudem können für einen solchen Verstoß ein langjähriger Importbann und eine Sperre für die Teilnahme am öffentlichen Beschaffungswesen der USA verfügt werden.

Die Aufnahme in die Schwarze Liste, den sogenannten "Table of Denial Orders", bedeutet einen völligen Handelsbann für US-Güter, Software und TD. Das betroffene Unternehmen kann von US-Firmen und deren ausländischen Abnehmern nichts mehr beziehen, denn allen Personen, die die US-Handelsprivilegien genießen, wird unter Sanktionsdrohung untersagt, mit Personen und Unternehmen in der Schwarzen Liste Handel zu treiben. In die Schwarze Liste werden Unternehmen wie verantwortliche Manager, Verkäufer und Vertriebspersonal aufgenommen. Die Schwarze-Liste-Verfügung (Denial Order - DO) betrifft auch alle Rechtsnachfolger und verbundene Unternehmen, und die Öffentlichkeit wird über die Verfügung durch die Verkündung im amerikanischen Bundesanzeiger informiert.

Beispiel: 1988 verfügte das Handelsministerium die Aufnahme eines deutschen Unternehmers und seines Unternehmens Purchasing Pool Co. in die Schwarze Liste. Die Verfügung wirkte auch gegen deren Rechtsnachfolger. Dies wurde bestätigt, als das Handelsministerium Erkenntnisse erhielt, daß der Unternehmer seine Aktivitäten auf ein anderes Unternehmen, die PPC Computer Handels GmbH, verlagerte. Um Dritte vor unbeabsichtigten Verstößen gegen US-Recht zu schützen, erließ es

eine weitere, klärende DO, mit der es die GmbH ebenfalls in die Liste aufnahm. Damit wurde die Vollstreckung der Bezugssperre doppelt gesichert, obwohl die Sperre automatisch auf die GmbH wirkte.

Schon der "Umgang" ist gefährlich

Die DO wird gegen ausländische Unternehmen häufig eingesetzt. Das Gesetz sieht für ausländische Unternehmen eine amerikanische Zuständigkeit vor, solange das Unternehmen mit Gütern, TD und Software amerikanischen Ursprungs umgeht - nicht nur handelt. Als Präventivmaßnahme wird oft die temporäre Bezugssperre (TDO) verhängt, die ein Handelsverbot umschließt, aber eine zeitlich oder sachlich unmittelbar bevorstehende illegale Ausfuhr voraussetzt. Die TDO gilt für 180 Tage und kann mehrfach verlängert werden. Vielfach wurden TDOs gegen deutsche Unternehmen im Dunstkreis strafrechtlich Verfolgter verhängt. Dabei handelt es sich zum Teil um renommierte Unternehmer, denen ein eigener Verstoß nicht bewußt ist. Die schwerwiegende Maßnahme der TDO wirkt sich in diesen Fällen besonders drastisch aus, weil mit einer Strafe oder einer Präventivmaßnahme für illegales Handeln nicht gerechnet wird, während der professionelle Schieber, der seine Kontakte zu diesen Unternehmen nutzt, von vornherein damit rechnen muß, vom legalen Zugang zu amerikanischer Hard- und Software abgeschnitten zu werden. Aus diesem Grund sind die sorgfältige Beachtung amerikanischen Exportkontrollrechts und die Prüfung der Schwarzen Liste vor Vertragsabschluß von entscheidender Bedeutung.

Verteidigung gestaltet sich kompliziert

Die Verteidigung gegen eine DO oder TDO erweist sich als langwierig und kompliziert. Das Gesetz sieht nur die eingeschränkte Anwendbarkeit von Rechtstaatsgrundsätzen vor. Gerichtlicher Rechtschutz ist, wenn überhaupt, nur spät im Verfahren zu erlangen. Wichtigste Merkmale einer erfolgreichen Verteidigung sind die umfassende und akkurate Dokumentation aller lizenzpflichtigen Vorgänge sowie der Nachweis geeigneter unternehmensinterner Kontrollmechanismen zur Befolgung der amerikanischen Vorschriften und zur Verhinderung von Diversionen. Ausländische Unternehmen versuchen oft, aber immer ohne Erfolg, die Unzuständigkeit der US-Behörden zu rügen und auf die Exkulpationsmöglichkeiten deutschen oder anderen Rechts zu verweisen. Die Extraterritorialität des Gesetzes ist in den USA bisher unanfechtbar. Die Exkulpationsmöglichkeit besteht nicht, da nach dem EAA die Unternehmensführung eher als der die Tathandlung ausführende Verkaufs- oder Versandangestellte für den Verstoß verantwortlich ist. Deshalb gestaltet sich die Verteidigung in der Regel äußerst schwierig. In der Praxis zeigt sich, daß das gesetzlich vorgesehene, ministeriumsinterne Berufungsverfahren nicht zu einer völligen Entlastung führt und durch Pressemitteilungen des Ministeriums und seiner Veröffentlichungen im Bundesanzeiger den Makel weiterleben läßt. Diese Verfahren schließen nahezu immer mit einer vergleichsweise vereinbarten Verwaltungssanktion ab, wobei das Ministerium auf eine befristete Aufnahme in die Schwarze Liste von drei bis zwanzig Jahren größeren Wert als auf das Bußgeld legt. Nach auf praktischer Erfahrung beruhender Auffassung des Verfassers ist eine wirklich erfolgreiche Verteidigung nur in dem der förmlichen Eröffnung des Verwaltungsverfahrens voraussehenden Untersuchungsverfahren möglich. Dies setzt allerdings eine schnelle Reaktion und eine umfassende Vorbereitung des beschuldigten Unternehmens voraus. Selbst wenn es gelingt, das Unternehmen aus der Schwarzen Liste, der Presse und dem Bundesanzeiger herauszuhalten, steht ihm vom Ministerium weder eine förmliche Entschuldigung noch ein Schadensersatz zu.

Fazit: Bisher besteht noch keine umfassende Erfahrung mit den neuen Sanktionsmöglichkeiten, obschon ein deutscher Manager in einem Strafverfahren die neuen Sanktionen erfuhr und die Toshiba-Sanktionen verhängt wurden. Sprecher der Ministerien und des Kongresses haben jedoch angekündigt, daß insbesondere auch angesichts der aus der Bundesrepublik Deutschland bekanntgewordenen Vorstöße gegen deutsches, amerikanisches oder internationales Recht und die CoCom-Regeln die bisher geltenden wie auch die neuen Sanktionsmöglichkeiten zur drastischen Abschreckung von Diversionen häufiger eingesetzt werden. Zudem hat der Kongreß die gesetzliche Einführung neuer Sanktionen angedroht. Da sich diese vorrangig gegen deutsche Unternehmen richten, haben Vertreter einzelner deutscher Unternehmen wie Salzgitter AG und Preussag Anfang März 1989 die Aufnahme von Lobbyaktivitäten zur Verhinderung dieser Maßnahmen bekanntgegeben. Solange die Gefahr zusätzlicher Bestrafungsmöglichkeiten nicht gebannt ist und sich der Kongreß über die deutsche Haltung, die US-Kontrollen als lästigen Papierkram abzutun, erregt, kann nur die penible Beachtung des EAA empfohlen werden.