Amerikanische Strafzölle und europäisches Antidumping-Verfahren bei Druckern:

USA und EG gehen Japan an den Kragen

01.05.1987

NEW YORK/TOKIO - Von allen Seiten sehen sich die Japaner derzeit unter Druck gesetzt: Seit dem 17. April erhebt die US-Regierung Strafzölle auf japanische Elektronikprodukte. Gleichzeitig hat die EG auf Betreiben der europäischen Druckerhersteller ein Verfahren gegen 35 japanische Printerproduzenten eingeleitet. Der Vorwurf lautet: Dumping bei Typenrad- und Matrixprintern.

Vorerst gescheitert sind die Japaner in ihrem Bemühen, die seit Monaten schwelenden Handelsauseinandersetzungen mit den Amerikanern in bilateralen Gesprächen beizulegen: Am 17. April machte US-Präsident Ronald Reagan seine Drohung wahr, japanische Elektronikerzeugnisse (Kleincomputer, Farbfernseher und Elektrowerkzeuge) mit Strafzöllen in Höhe von 100 Prozent zu belegen. Damit wollen die Amerikaner die Japaner dafür bestrafen, daß diese sich nicht an das Halbleiter-Abkommen vom Juli letzten Jahres gehalten haben. Darüber hinaus soll diese Maßnahme die Japaner zu einer entscheidenden Ausweitung ihrer Binnennachfrage zwingen.

Unklar ist noch, wie lange die US-Strafzölle in Kraft bleiben sollen. Ronald Reagan erklärte, die Sanktionen wieder rückgängig machen zu wollen, sobald man "feste und anhaltende Beweise" habe, daß das japanische Chip-Dumping auf den Drittmärkten eingestellt und der Zugang zum japanischen Markt für amerikanische Unternehmen verbessert werde. Immer wieder hatten die Amerikaner in den vergangenen Monaten behauptet, die Japaner würden ihre Chips auf Drittmärkten bis zu 80 Prozent unter Preis verkaufen.

Clayton Yeutter, Sonderbeauftragter Reagans, ließ indes durchblicken, daß eine schnelle Aufhebung der Sanktionen unwahrscheinlich sei. Daran werde auch der Besuch des japanischen Ministerpräsidenten Yasuhiro Nakasone, der sich vom 29. April bis 5. Mai in den USA aufhalten wird, nichts ändern. Aus anderen Regierungskreisen verlautete, daß die Zollbestimmungen mindestens bis Mitte Juni, wahrscheinlich sogar länger in Kraft bleiben sollen.

Die Reaktionen in Japan auf die neuen amerikanischen Sanktionen waren eher zurückhaltend. Hatte der japanische Minister für Internationalen Handel und Industrie (MITI), Hajime Tamura, noch unlängst mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht, sollten die Zölle verhängt werden, so schlägt man jetzt erst einmal milde Töne an. Zwar bezeichnete Tamura die US-Strafzölle als "diskriminierend" und forderte die sofortige Aufhebung der Sanktionen - auf umgehende Vergeltungsmaßnahmen werde man vorerst jedoch verzichten.

Aus japanischen Regierungskreisen verlautete allerdings auch die Besorgnis, daß das amerikanisch-japanische Verhältnis durch die handelspolitischen Streitigkeiten nachhaltig leiden könnte. Aus diesem Grund seien auch schon erste Maßnahmen ergriffen worden, um die Amerikaner zu besänftigen. So sollen in der nächsten Zeit einige Aufträge in die USA vergeben werden und einzelne japanische Unternehmen amerikanische Großcomputer bestellen. Dies jedoch, so heißt es in Tokio, sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein und könne keineswegs langfristig die handelspolitischen Differenzen aus der Welt schaffen.

Darüber hinaus denken die Japaner daran, die amerikanischen Sanktionen im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) untersuchen zu lassen. Das Handelsgremium ist allerdings derzeit in Sachen amerikanisch-japanischer Handelskonflikt erst einmal anderweitig beschäftigt. Der Rat des GATT hat jetzt nämlich auf Antrag der Europäischen Gemeinschaft (EG) einen Sonderausschuß eingesetzt, der das US-japanische Halbleiter-Abkommen vom Sommer letzten Jahres überprüfen soll. Der EG mißfällt in der Vereinbarung vor allem die Klausel der Exportpreis-Überwachung durch das japanische MITI. Sie erlaube den Japanern, unfaire Chip-Preise auf Drittmärkten festzulegen. EG-Kommissar Willy de Clerc: "Wir können nicht akzeptieren, daß Chip-Preise willkürlich von Amerikanern und Japanern festgelegt werden." Darüber hinaus erhielten die Amerikaner durch dieses Abkommen bevorzugten Zugang zum japanischen Markt, was eindeutig zu Lasten der europäischen Chip-Produzenten gehe. Dies alles verletze, so de Clerc, die GATT-Bestimmungen des freien internationalen Handels. Die beiden Streithähne USA und Japan hatten der Bildung der GATT-Sonderkommission nur zögernd zugestimmt. Von beiden Seiten war allerdings zu hören, daß das Chip-Abkommen die GATT-Regeln nicht verletze.

Die Japaner haben jetzt jedoch noch größeren Ärger mit der EG bekommen. Einher mit der Gründung des GATT-Sonderausschusses ging die Eröffnung des bislang wertmäßig umfangreichsten Antidumping-Verfahrens der EG gegen japanische Drucker-Importe in EG-Länder. Damit reagierte Brüssel auf die Beschwerde des EG-Dachverbandes Europrint, der rund 35 japanische Hersteller, darunter Toshiba, Canon und Sharp, beschuldigt, Typenrad- und Matrixdrucker weit unter Preis auf europäischen Märkten anzubieten.

Europrint behauptet, daß die japanischen Typenradgeräte um mehr als die Hälfte und Matrixprinter an die 40 Prozent weniger kosten als vergleichbare europäische Drucker Zwischen 1983 und 1986 sei dadurch der japanische Absatz von Matrixprintern von 250 000 auf 1,5 Millionen Stück in die Höhe geschnellt und der Marktanteil von 52 auf 75 Prozent gestiegen. Der Absatz von Typenraddruckern habe im gleichen Zeitraum von 140 000 auf 195 000 Stück zugenommen, während der Marktanteil von 70 auf 74 Prozent gewachsen sei.

Rückläufige Gewinne und Arbeitsplatzverluste

Den europäischen Druckerherstellern, so Europrint, sei durch den unfairen japanischen Preiswettbewerb großer Schaden zugefügt worden. Sie hätten zum Teil schwere Ertragseinbußen hinnehmen und dadurch die Investitionen in Forschung und Entwicklung einschränken müssen. Darüber hinaus sei es sogar zu Arbeitsplatzverlusten gekommen. Im Rahmen der Marktverteilung sei der Anteil der europäischen Druckerhersteller stark zurückgegangen. Bei Typenraddruckern sind die Marktanteile der europäischen Produzenten laut Europrint von 1983 bis 1986 von 12 auf 7 Prozent gefallen, bei Matrixprintern gar von 35 auf 11 Prozent Zu den größten europäischen Anbietern solcher Printer zählen die italienische Olivetti und deren deutsche Tochtergesellschaft Triumph-Adler. Aus Nürnberg verlautete dazu, daß TA zwar die Maßnahmen der europäischen Drucker-Hersteller unterstütze, selbst aber nicht direkt von dem japanischen Dumping betroffen sei, da sich dies hauptsächlich auf den Matrixdrucker-Bereich beziehe.

Mit der Eröffnung des Dumping-Verfahrens reagierte Brüssel jedoch nicht nur auf die Beschwerde des EG-Dachverbandes. Immer wieder hatte die EG in den vergangenen Monaten die Japaner gewarnt, keine unfairen Handelspraktiken anzuwenden und ihren Markt mehr für europäische Produkte zu öffnen. Darüber hinaus weisen die Japaner nicht gegenüber den Amerikanern, sondern auch gegenüber den Europäern einen enormen Handelsüberschuß aus. So hat der EG-Vertreter Jos Loeff, zuständig für ausländische Handelsbeziehungen, unlängst in Osaka erklärt, der japanische Handelsüberschluß von 18 Millionen Dollar gegenüber der EG sei politisch nicht akzeptabel, und die Geduld der Europäischen Gemeinschaft nähere sich dem Ende. Er habe zudem den Eindruck, so Loeff weiter, daß bestimmte japanische Kreise immer wieder versuchten, ihre eigenen Handelspraktiken den Geschäftspartnern aufzuzwingen.