"Bank für die kriminelle Unterwelt"

USA klagen Internetfirma an

29.05.2013
Die Diskussion um digitale Währungen und ihre mangelnde Kontrolle durch den Staat bekommt neue Nahrung. Kriminelle sollen eines der Internet-Bezahlsysteme für Geldwäsche im großen Stil benutzt haben. Auch andere Dienste dieser Art sind kaum zu überwachen.

Das Internet-Bezahlsystem Liberty Reserve aus Costa Rica soll die Basis für einen gigantischen Geldwäsche-Ring gewesen sein. Über den Dienst seien mehr als 6 Milliarden Dollar (umgerechnet 4,7 Milliarden Euro) aus kriminellen Machenschaften geflossen, erklärte die federführende New Yorker Staatsanwaltschaft am Dienstag nach Ermittlungen von Justizbehörden mehrerer Länder. Liberty Reserve sei "die Bank der Wahl für die kriminelle Unterwelt" gewesen, hieß es seitens der Strafverfolger.

Das System habe es Kriminellen auf der ganzen Welt ermöglicht, anonym und nicht nachverfolgbar Finanztransaktionen abzuwickeln. Die New Yorker Staatsanwaltschaft zählte als Delikte Kreditkarten- und Anlagebetrug, Identitätsklau, Computereinbrüche, Kinderpornografie und Drogenhandel auf. Die Behörden haben den Dienst bereits dichtgemacht.

Kunden konnten echtes Geld in die digitale Währung namens "LR" tauschen und über Liberty Reserve weltweit überweisen. Das sollen sich Kriminelle zunutze gemacht haben. Denn anders als Banken unterlag Liberty Reserve keiner Kontrolle durch die Finanzaufsichtsbehörden. Nach Angaben der US-Justiz soll die Firma mehr als eine Million Kunden gehabt haben, davon gut 200.000 allein in den USA.

Liberty Reserve setzte den Ermittlern zufolge 55 Millionen Transaktionen um. Bei dem Dienst konnte sich jeder ein Konto unter falschem Namen anlegen. Das verwischte alle Spuren: Echtes Geld wurde in "LR"-Einheiten getauscht, innerhalb des Liberty-Reserve-Systems überwiesen und am Ausgang wieder zurück in reguläre Währungen umgetauscht. Der Betreiber kassierte ein Prozent Provision.

Der Fall birgt vor dem Hintergrund der Diskussion um die digitale Währung Bitcoin einigen Sprengstoff. US-Finanzaufsehern ist es ein Dorn im Auge, dass dieser Markt ohne staatliche Kontrolle auskommt. Sollten sich die Vorwürfe gegen Liberty Reserve als richtig herausstellen, hätten die Behörden bessere Argumente in der Hand für eine Regulierung. Staatsanwalt Preet Bharara sprach von "Wild-West"-Methoden im Internetbankgeschäft.

"Wenn Al Capone heute noch am Leben wäre, würde er so sein Geld verstecken", zitierte die "New York Times" Richard Weber von der US-Steuerbehörde IRS. In der Geldwäsche sei die "Cyber-Ära" angebrochen.

Der Firmengründer von Liberty Reserve und vier weitere Personen waren bereits am Freitag in Spanien, Costa Rica und New York festgenommen worden, wie jetzt bekannt wurde. Zwei weitere Beschuldigte befinden sich in Costa Rica noch auf freiem Fuß. Die benutzte Domain libertyreserve.com wurde beschlagnahmt. Insgesamt waren Behörden in 17 Ländern in den Fall eingeschaltet. Deutschland wurde nicht genannt. (dpa/tc)