Exportgenehmigung für SEL-Produkte steht noch aus:

USA gängelt Europa zunehmend mit Cosom

14.09.1984

WASHINGTON/BONN (CW) - Nach der im Juli vereinbarten Verschärfung der Cosom-Bestimmungen für die Ausfuhr hochwertiger EDV- und Fernmeldetechnik häufen sich jetzt die Berichte über Schwierigkeiten japanischer und europäischer Unternehmen bei der Abwicklung von Aufträgen. Das Exportverbot erstreckt sich auch auf die von SEL geplante Lieferung elektronischer Telefonvermittlungen.

Das Bundeswirtschaftsministerium habe, so VWD, aber inzwischen an die Cosom-Zentrale in Paris einen Antrag für die Ausfuhrgehmigung gerichtet. Wie es dazu weiter heißt enthielten die unter dem starken Druck der Amerikaner zustande gekommenen zusätzlichen Vereinbarungen auch Elemente, die eine Exportgenehmigung für die SEL-Anlagen erforderlich machten. Ein offizielles Begehren der Bundesrepublik diese Genehmigung zu erteilen, gebe es nicht. Experten in Bonn allerdings äußerten die Ansicht, daß schon in der Weiterleitung des Antrags nach Paris der Versuch der Regierung gesehen wird, nach sorgfältiger Prüfung eine Lieferbestimmung zu erreichen. Bonn hätte andererseits die Cocom-Bestimmungen auch übergehen können.

Aus informierten Pariser Kreisen verlautet zu dieser Frage, daß Genehmigungsanträge normalerweise nur in Zweifelsfällen, oder wenn die Regierungen die Verantwortung scheuten, an die Cocom-Zentrale geleitet würden. Es deute vieles darauf hin, daß Bonn diesen präzedenzverdächtigen Fall nach der Erneuerung der Cosom-Liste nicht selbst entscheiden wolle. Die französische Zeitung "Le Monde" vertrat die Ansicht, daß die französische Regierung die neue Cocom-Liste vermutlich anders ausgelegt hätte als die sehr restriktiv eingestellte US-Regierung. Von Frankreich sei im Rahmen der Cocom-Verhandlungen übrigens der stärkste Widerstand gegen die harte US-Linie gekommen.

Auf deutscher Seite meldet im Hinblick auf die jüngsten Vorgänge das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln Kritik an: Mit den bürokratischen Genehmigungsverfahren und Verwendungsauflagen wolle die USA den Nutzen der Technologieerfolge der amerikanischen Wirtschaft vorbehalten. "Gefährlichste Waffe der US-Strategie ist die Re-Exportklausel", erklärt das IW.

Sie verbiete im Einzelfall einem Handelspartner der USA, aus Amerika eingeführte Technologie in weiterverarbeitender Form wieder auszuführen.

Weiter verlautet es: Dies zeigt, daß die Motive des US-Technologieschutzes nicht, wie regelmäßig behauptet, im Sicherheitsbereich liegen. Eigentliches Ziel sei vielmehr der Schutz der heimischen Industrie die ihren traditionellen Vorsprung nach den Erfolgen der Japaner gefährdet gesehen habe.