USA: Aeltere DV-Spezialisten klagen wegen Diskriminierung Betriebe ersetzen altgediente Experten durch billigere Kraefte

30.09.1994

FRAMINGHAM (IDG) - Die Zahl der entlassenen aelteren und gutbezahlten DV-Experten steigt. US-Unternehmen ersetzen sie durch junge und weniger teure Mitarbeiter. Die Erfahrenen wollen sich nun wehren und klagen gegen ihre ehemaligen Chefs.

Als Bob Jolly 1992 mit 58 Jahren beim New Yorker Softwarehaus JYACC als Berater anheuerte, war er davon ausgegangen, dass er hier noch fuenf Jahre arbeiten wird, um nachher in Rente zu gehen. Jolly musste nun vorzeitig seinen mit 59 000 Dollar pro Jahr dotierten Job zusammen mit fuenf weiteren aelteren und gutbezahlten Kollegen aufgeben, nachdem ein fast sicher geglaubter Auftrag von AT & T verlorenging.

Der DV-Berater will jetzt mit zwei seiner Kollegen, die im Alter von 54 und 47 sind, wegen Altersdiskriminierung klagen. Er wirft dem Ex-Arbeitgeber vor, dass dieser nicht mit den Mitarbeitern ueber eine moegliche Gehaltskuerzung oder die Versetzung in eine Niederlassung gesprochen haette. John Davis von der Rechtsanwaltskanzlei Spriggs & Johnson, Tallahassee, raeumt Jolly gute Chancen ein. In letzter Zeit haetten Gerichte in aehnlich gelagerten Faellen fuer den aelteren Mitarbeiter entschieden. Beschaeftigte ueber 40 Jahre geniessen, so der Rechtsanwalt besonderen Schutz.

Nach Angaben der Equal Employment Opportunity Commission (EEOC) haben Faelle, in denen aeltere Beschaeftigte wegen Diskriminierung im Beruf klagen, stark zugenommen. 1992 wurden 84 solcher Beschwerden vor US-Gerichten behandelt, in den sieben davorliegenden Jahren waren es insgesamt nur 105.

Bei der Bell Atlantic Corp. zum Beispiel verloren vor drei Monaten 13 aeltere DV-Profis aufgrund einer unternehmensweiten Umstrukturierung ihren Job. Sie haben nun einen Rechtsanwalt beauftragt, der ihre Interessen vertreten soll. Und beim Beratungshaus Merrill Lynch musste eine 63jaehrige Systemanalytikerin gehen, obwohl man ihr zuvor aufgrund sehr guter Leistungen den Posten einer Verantwortlichen fuer Datensicherheit in Aussicht gestellt hatte.

Das Unternehmen begruendete die Entlassung damit, dass der Job wegen einer Umstrukturierung weggefallen sei. Zwei Wochen spaeter entdeckte die geschasste Mitarbeiterin eine Stellenanzeige von Merrill Lynch mit der angeblich nicht mehr vorhandenen Position. Eingestellt wurde eine junge und unerfahrene Kollegin. Der Fall soll in den naechsten Wochen in Jacksonville verhandelt werden.

Vor allem aeltere DV-Spezialisten beschweren sich darueber, dass sie durch juengere, schlechterbezahlte Computerfachleute ersetzt werden. Viele Unternehmen verzichten auf ihre altgedienten DV- Experten und stellen statt dessen Mitarbeiter ein, die Erfahrungen mit Client-Server-Anwendungen haben und in Unix und objektorientierter Programmierung fit sind.