US-Softwerker forcieren Harvard-Graphics-Entwicklung SPC wird die Windows-Datenbank Superbase nicht weiterentwickeln

25.03.1994

HANNOVER (hv) - Schwere Zeiten machen Kunden der Software Publishing Corp. (SPC) durch: Das US-Softwarehaus, hierzulande in Muenchen ansaessig, hat die Entwicklung der weit verbreiteten Windows-Datenbank und -Entwicklungsumgebung "Superbase" gestoppt. Das Unternehmen konzentriert alle Kraefte auf sein Hauptprodukt, die Praesentationssoftware Harvard Graphics.

Vor rund zweieinhalb Jahren kauften die Softwerker das Datenbanksystem vom US-Anbieter Precision Software und investierten etwa 25 Millionen Dollar in seine Weiterentwicklung. Ziel war es, die Marktverbreitung von Harvard Graphics zu nutzen, um ueber den vorhandenen Vertrieb ein zweites Produkt im PC- Endbenutzermarkt zu plazieren. SPC erhoffte sich auch Synergieeffekte: Beide Produktwelten sollten verbunden werden, man wollte ein "Graphical Information System" schaffen - eine Vision, die letztendlich nicht umgesetzt wurde.

Der Erfolg von Superbase war jedoch mehr als beachtlich. Vor allem in Europa griffen die Anwender zu, denn es gab vorerst kein anderes Datenbanksystem unter Windows. Bis zu 40 000mal wurde Superbase allein in Deutschland als Vollversion verkauft, schaetzt ein SPC-Mitarbeiter. Hinzu komme eine Unzahl an Runtime-Versionen, die zuletzt kostenlos herausgegeben worden waren. Die harte Konkurrenz von Borland und Lotus, vor allem aber von Microsoft war schliesslich ausschlaggebend dafuer, dass SPC jetzt die Entwicklung einstellte. Trotz der Anfangserfolge war es dem Softwarehaus nicht gelungen, den Massenmarkt, das Enduser-Desktop-Geschaeft, zu erreichen. "Microsoft ist uns sowohl hinsichtlich der Preise als auch der Positionierung auf den Desktop-User in die Quere gekommen", raeumt ein SPC-Insider ein.

SPC sucht einen Kaeufer fuer Superbase

Superbase wurde in eine Marktnische zurueckgedraengt, das System kommt heute in erster Linie als Entwicklerdatenbank zum Einsatz. Hier fuehlt sich SPC jedoch nicht heimisch: Der Supportaufwand steigt, waehrend die Anzahl der verkauften Lizenzen eher zurueckgeht. "Uns interessiert das Endanwendergeschaeft", begruendet International Marketing Manager Steve Paul die Fokussierung auf das Hauptprodukt im SPC-Angebot, Harvard Graphics. Mit der Praesentationssoftware macht SPC zirka 85 Prozent des gesamten Umsatzes.

Um die Enttaeuschung der Datenbankanwender wissen die SPC-Manager sehr wohl. Immerhin bleibe der Superbase-Klientel auch in Zukunft ein "nuetzliches Produkt fuer die Entwicklung von Datenbankanwendungen auf einem hohen Standard", beschwichtigt Paul. Man werde weiterhin Fehlerbehebung, Support und Wartung fuer die Datenbank-Entwicklungsumgebung gewaehrleisten.

Allerdings moechte sich SPC dieser laestigen Pflicht lieber heute als morgen entledigen. Paul macht keinen Hehl daraus, dass sich seine Company zur Zeit intensiv nach einem Uebernahmekandidaten umschaut, der Superbase kaufen und weiterentwickeln soll. Bisher sei allerdings noch niemand gefunden worden.

Geruechte, nach denen SPC bezueglich der eigenen Praesentationssoftware eine gemeinsame Office-Strategie mit Lotus und Borland anstrebt, wies Paul zurueck. Er koenne sich gut vorstellen, dass derlei Spekulationen aufkaemen, da die Produktwelten hervorragend zueinander passten, doch SPC sei an einer solchen Partnerschaft nicht interessiert.

"Unser Business ist das Praesentationsgeschaeft, in dieser Nische wollen wir weiter zulegen", kuendigt der Marketier an. "Es ist unwahrscheinlich, dass wir ein Bundling mit Lotus eingehen." Hauptpartner bleibe Microsoft, vor allem im Windows-NT- und im Chicago-Umfeld werde die Kooperation noch forciert.