DV-Industrie mit schwachem Wachstum im 4. Quartal 1989

US-Software-Umsätze stiegen so langsam wie noch nie zuvor

06.04.1990

FRAMINGHAM (IDG) - Im Gegensatz zum DV-Markt in der Bundesrepublik Deutschland, auf dem das Softwaregeschäft noch einziger Hoffnungsträger für zweistellige Steigerungsraten ist, stellen sich nach Angaben des Marktforschungs-Unternehmens Gartner Group Inc. auf dem US-Markt bereits erste Anzeichen für ein Abflachen der Wachstumskurve auch bei weicher Ware ein.

Amerikanische Softwareanbieter, die sich in den vergangenen Jahren immer an Steigerungsraten von etwa 20 Prozent erfreuen konnten, mußten sich im vierten Quartal des vergangenen Geschäftsjahrs zum ersten Mal mit einem Wachstum von nur 6,2 Prozent zufriedengeben.

"Ähnliches (wie für Software) gilt für den bislang boomenden Mikrocomputer-Markt", berichtete Randall Brophy, Senior-Research-Analyst der Gartner Group, bei der Vorstellung der Studie seines Hauses, in deren Rahmen er 216 börsennotierte DV-Hersteller aus allen Bereichen befragt hatte. Danach sank die Wachstumsrate bei Mikros im Berichtszeitraum auf den tiefsten Stand seit 1986; die Desktop-Rechner legten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9,3 Prozent zu. Das gesamte Jahr 1989 brachte zwar 17,5 Prozent mehr Umsatz, allerdings war der Zuwachs 1988 mit 24,8 Prozent weit höher ausgefallen.

Weiterhin maßvoll gewachsen ist dagegen der Telecom-Bereich. Ohne den Primus AT&T brachte es die Branche laut Gartner auf ein Wachstum von 9,6 Prozent - bezieht man den Kommunikationsriesen mit ein, reduziert sich das Umsatzplus allerdings auf nur sechs Prozent. Der Marktforscher berichtete weiter, daß 84 Prozent der befragten Telecom-Firmen im vierten Quartal Zuwächse zu verzeichnen hatten und 61 Prozent davon im vierten Quartal stärker zulegten als im vorangegangenen.

Eine durchweg erfreuliche Entwicklung verzeichneten laut Brophy solche Hersteller, die in Nischen- und Peripheriemärkten tätig sind. Als erfolgreiche Nischenhersteller hob der Analyst die Firmen Sun, Tandem, Stratus und Teradata hervor. Im Peripheriesektor konnten vor allem Quantum und Conner-Peripherals Marktanteile durch die erfolgreiche Einführung neuer Produkte erzielen. Ebenfalls positiver als der Rest der Branche schnitten Brophy zufolge Oracle Systems, Lotus Development und Microsoft ab.

Insgesamt generierte die USDV-Industrie in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres fünf Prozent mehr Umsatz und kam auf ein von 357 Milliarden Dollar. Der Zuwachs fiel jedoch um die Hälfte geringer aus als im Vergleichszeitraum 1988.

Während die Umsätze im letzten Quartal 89 - wenn auch langsamer - stiegen, erreichten die erzielten Margen bei Mainframe- und Minicomputern einen neuen Tiefstand. Im vergangenen Jahr sanken die Netto-Einnahmespannen, die im Vorjahr noch zwischen sechs und zehn Prozent betragen hatten, auf 3,7 beziehungsweise 3,4 Prozent im Jahr 1989. Im Gegensatz zu den Klagen vieler Mikrocomputer-Hersteller blieben allerdings die Margen in diesem Bereich mit 7,4 Prozent gegenüber den letzten beiden Jahren praktisch unverändert.

Für die gebettelten Mainframe-Konkurrenten der IBM machte Brophy allerdings einen Silberstreif am Horizont aus: "Die neue Marketing-Strategie der IBM könnte dazu führen, daß es die immens hohen Rabatte auf große Systeme im nächsten Jahr nicht mehr geben wird." Das im Januar dieses Jahres eingeführte Konzept belohnt die Vertriebsbeauftragten von Big Blue nämlich nicht mehr nur für generierten Umsatz, sondern auch für die erzielten Gewinnspannen. "Das wird die Profit-Margen besonders für die 3090-Systeme erhöhen und für die Konkurrenten wie Amdahl, Unisys, Cray und DEC eine lukrativere Preisgestaltung ermöglichen", erklärte der Gartner-Analyst. Nach Meinung einiger Insider ziehen die Anwender aus dem schleppenden Geschäft der Hersteller kurzfristig Vorteile: Sie profitieren von den immens hohen Rabatten, die sie in der jetzigen Marktsituation praktisch bei allem von Software über Micros bis hin zu Mainframes - heraushandeln können.