Dissens zwischen Washington und EU

US-Präsident macht sich für ein globales IT-Abkommen stark

06.12.1996

Präsident Bill Clintons Teilnahme am vergangene Woche abgehaltenen APEC-Gipfel (APEC = Asia Pacific Economic Cooperation) auf den Philippinen sollte hierfür nach Berichten der "Süddeutschen Zeitung" und des "Wall Street Journal" bereits die Weichen stellen. Allerdings herrschen zwischen der US-Administration und der EU-Kommission nach wie vor Unstimmigkeiten darüber, ob man sich lediglich auf ein politisches Grundsatzprogramm einigen oder bereits konkrete Schritte unternehmen soll, um Produkte und Dienstleistungen im Wert von jährlich rund 800 Milliarden Mark von sämtlichen Zöllen zu befreien.

Anhaltendes Mißtrauen gegen Japan und China

Die Amerikaner widersetzen sich bis dato einem konkreten Abkommen. Ohne weitere Schritte zur Marktöffnung, insbesondere in China, Japan und einigen asiatischen Schwellenländern, ist nach Ansicht der US-Regierung das angestrebte Informationstechnologieabkommen ITA nicht realisierbar, das das die Bereiche IT und Telekommunikation ausklammernde weltweite Gatt-Abkommen ergänzen könnte. Vertreter der Clinton-Administration begründen dies vor allem mit dem nach wie vor vorhandenen Mißtrauen gegenüber China und Japan. Der Handel mit beiden Ländern macht derzeit rund 80 Prozent des steigenden amerikanischen Außenhandelsdefizits aus. Kritisiert wird vor allem die anhaltende "Hochkonjunktur" für Hersteller von Raubkopien im Reich der Mitte. Auch das gerade mit Tokio erneuerte Halbleiterabkommen ändere an der für Washington nach wie vor sehr unbefriedigenden Situation nicht viel, heißt es.

EU-Handelskommissar Lord Brittan und auch einflußreiche Vertreter der Welthandelsorganisation WTO fordern indes ein schnelles und positives Ende der Verhandlungen - notfalls auch ohne konkrete Ergebnisse im Hinblick auf die von den USA geforderten Zugeständnisse der asiatischen Länder in puncto Marktöffnung. So haben die APEC-Mitglieder auf ihrem Gipfel in Manila zwar den amerikanischen Vorschlag eines vollständigen Zollabbaus bis zur Jahrtausendwende bei gleichzeitigem Fall aller übrigen Handelsschranken nicht explizit unterstützt, sprachen sich aber in einem entsprechenden Kommunique für die "substantielle Beseitigung von Zöllen" aus. Zudem wurde vage auf die Notwendigkeit einer "Flexibilisierung der Märkte" hingewiesen, um so den Fortgang der Verhandlungen über das ITA-Abkommen zu erleichtern.

Beobachter in Manila werten die Haltung der asiatischen Länder indes eher als Hinhaltetaktik. Weder zu einem konkretem Datum bezüglich des Wegfalls der Handelsschranken noch darüber, welche IT-Marktsegmente davon betroffen sein könnten, wurden konkrete Aussagen gemacht, heißt es. Rückendeckung erhoffen sich die Amerikaner daher beim kommenden Montag beginnenden erstmaligen Treffen der Handels- und Wirtschaftsminister aller WTO-Länder in Singapur vor allem von den Europäern, um spätestens dort den asiatischen Partnerländern entsprechende Konzessionen abzuringen.