"Unanstaendiges Material" soll aus den Netzen verbannt werden

US-Parlament verabschiedet Gesetz gegen Internet-Pornos

16.02.1996

Die Entscheidung war eindeutig: Das Repraesentantenhaus akzeptierte das Telekommunikationsgesetz mit 414 zu 16 Stimmen, im Senat entschieden sich 91 fuer und fuenf Abgeordnete gegen das neue Regelwerk, das jenen umstrittenen Passus zur elektronischen Kommunikation enthaelt. Danach ist es strafbar, "unanstaendige Materialien" (indecent materials) zu uebertragen, zu speichern oder zu verteilen. Das Strafmass umfasst eine Geldbusse bis zu 250000 Dollar und eine Gefaengnishaft von maximal zwei Jahren.

Internet-Dienstleister wie Compuserve, America Online und andere koennten sich vor einer Verurteilung nur schuetzen, wenn sie alle Nachrichten pruefen und Schmuddelpost aussondern, schreibt das Internet-Magazin "Hotwired" http://www.hotwired.com . Dagegen wollen verschiedene Buergerrechtsgruppen unter der Fuehrung der American Civil Liberties Union (ACLU) eine Klage beim obersten US-Bundesgericht einreichen, sobald der Praesident das Gesetz unterzeichnet hat.

Die US-Debatte stoesst auch in anderen Laendern auf grosses Interesse: Die franzoesische Regierung sucht eine internationale UEbereinkunft, um eine Panne wie im Fall Mitterrand zu vermeiden. Ein Gericht in Paris hatte entschieden, dass das Buch von Mitterrands Leibarzt Claude Gubler nicht vertrieben werden darf, weil es falsche Behauptungen ueber den Gesundheitszustand des krebskranken Mitterrand in seinen letzten zehn Lebensjahren macht. Wenige Stunden nach der einstweiligen Verfuegung des Gerichts fanden sich die beanstandeten Abschnitte des Buchs im Internet.

Nahezu zeitgleich ist die Polizei in Tokio erstmals scharf gegen zwei Personen vorgegangen, denen vorgeworfen wird, pornografische Bilder im Internet angeboten zu haben. Ob es zu einem Gerichtsprozess kommen wird und welche Strafen zu erwarten sind, steht heute noch nicht fest. In Japan sind pornografische Grafiken nicht verboten, es gibt eine einzige Vorschrift, die besagt, dass Schamhaare nicht gezeigt werden duerfen.

Hierzulande war Anfang Januar die Muenchner Staatsanwaltschaft beim Netz-Dienstleister Compuserve vorstellig geworden. Laut Staatsanwalt Manfred Wick wurde dem Unternehmen eine Liste von etwa 200 Diskussionsgruppen uebergeben, in denen Material verbreitet wird, das angeblich gegen die deutsche Pornografie-Gesetzgebung verstoesst. Daraufhin habe Compuserve von sich aus den Zugang zu allen Diskussionsgruppen auf der Liste gesperrt.