US-Minicomputeranbieter hat Krisenjahre überstanden:Data General kann mit Aufwind rechnen

04.05.1984

LEIMEN (hr) - Die Aussichten von Data General, einem der größten amerikanischen Minicomputer-Hersteller nach IBM, DEC und HP, werden von Marktkennern nun wieder deutlich positiv beurteilt. Es ist noch nicht zwei Jahre her, daß nicht nur Wallstreet dieses Unternehmen aufgegeben zu haben schien. Nachdem in den siebziger Jahren mit der Vermarktung von Universal-Rechnern für technisch-wissenschaftliche Applikationen und für OEMs Wachstumsraten von fast 58 Prozent im Jahr erzielt wurden, versäuste es das Unternehmen, sich rechtzeitig auf Veränderungen des Marktes einzustellen.

Der Einführung der VAX 11/780 durch Digital Equipment, die beträchtlich leistungsfähiger als die 16Bit-Rechner der Nova-Reihe ist, konnte Data General kein vergleichbares Produkt entgegensetzen.

In einer zweieinhalbjährigen Übergangsphase wurde dann das Unternehmen umstrukturiert und die MV-Serie entwickelt. Nun kann die Gesellschaft mit einer breiten Palette von 32-Bit-Superminicomputern aufwarten, die nach Meinung von Analytikern nicht nur die Vorherrschaft von DEC in diesem Bereich bedrohen könnte, sondern dem Unternehmen auch in preislicher Hinsicht einen beachtlichen Wettbewerbsvorteil verschaffe. Außerdem wurde das Produktspektrum durch die Einführung von Arbeitsplatzcomputern der Desktop-Generation erweitert, die speziell für kommerzielle Anwendungen gedacht sind. Darüber hinaus will man nun bei Data General auch versuchen, verstärkt im Softwarebereich Fuß zu fassen.

Die veränderte Geschäftspolitik scheint sich auszuzahlen, wie sich an den jüngsten Unternehmensergebnissen ablesen läßt. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres, das am 31. März endete, wurde ein Gewinn von 0,49 Dollar je Aktie erzielt, verglichen mit 0,21 Dollar im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Diese Entwicklung ist hauptsächlich auf die überraschend hohe Zunahme der Auslieferungen zurückzuführen, meint das Brokerhaus Merrill Lynch in einer Unternehmensanalyse. Gegenüber dem bereits guten Ergebnis des ersten Quartals wurde noch einmal eine Steigerung um 16,5 Prozent verzeichnet. Besonders die 32-Bit-Systeme der MV-Familie und die Desktop-Rechner hatten einen wesentlichen Anteil daran. Obgleich die Eclipse-Systeme nicht so gut abschnitten, übertrafen auch hier die Auslieferungen die allgemeinen Erwartungen, da einige der früheren OEMs zu Data General zurückgekehrt sind.

Die Fortsetzung dieses Trends in diesem Geschäftsjahr wird nach Überzeugung von Merrill Lynch im wesentlichen von der anhaltenden Umsatzsteigerung bei der MV-Familie und dem Erfolg der Desktop-Rechner bestimmt werden. Während im ersten Fall mit einer weiteren Expansion gerechnet werden könne, besonders da die Lieferzeiten auf ein normales Niveau zurückgegangen sind, sei die Prognose im zweiten Fall noch mit Unsicherheitsfaktoren behaftet. Das augenblickliche Geschäftsvolumen bei den Desktop-Systemen umfaßt wahrscheinlich einen großen Teil an Bestellungen zur ersten Beurteilung durch die OEMs und die Vertriebsorganisationen. Dennoch hat Merrill Lynch seine Gewinnschätzung für das laufende Geschäftsjahr nun auf 2,40 Dollar je Aktie festgeschrieben, nachdem zuvor noch eine Spanne von 2,00 bis 2,50 Dollar angegeben worden war.

Ob dieses Wachstum auch im Geschäftsjahr 1985 anhalten wird, dürfte nach Ansicht des Brokers von der weiteren konjunkturellen Entwicklung in den Vereinigten Staaten abhängen. Nach wie vor realisiert Data General 70 Prozent des Umsatzes an diesem Markt. Ein zweiter wichtiger Aspekt sind die neuen Produkte, die in den nächsten zwölf Monaten auf den Markt gebracht werden, heißt es. Man nimmt an, daß die Konkurrenz von seiten der VAX-Reihe mit der Einführung der Venus stärker werden wird. Merrill Lynch rechnet für diesen Zeitraum bei Data General mit der Einführung eines neuen Rechners, der etwa in der Mitte der MV-Reihe rangieren und möglicherweise zur Erschließung neuer Märkte beitragen wird. Außerdem dürfte die Eclipse-Familie weiter verbessert werden. Nach Ansicht des Brokers ist die wichtigste Unbekannte bei Data General aber nicht der Umfang der Nachfrage, sondern die Verfügbarkeit von Komponenten und damit die Fähigkeit, die Nachfrage zu decken. Vor dem Hintergrund steigen der Gewinnspannen und leicht höherer Umsätze wird für 1985 mit einem Ergebnis von 4,20 Dollar je Aktie gerechnet. Die Gewinnwachstumsrate der nächsten fünf Jahre dürfte bei 20 Prozent liegen. Angesichts dieser positiven fundamentalen Faktoren hält Merrill Lynch diesen Titel unter mittel- und langfristigen Gesichtspunkten für kaufenswert.