US-Konsulat lud zum Gedankenaustausch ein

US-Konsulat lud zum Gedankenaustausch ein Problem 2000: USA fordern mehr Engagement der Bundesregierung

29.01.1999
MÜNCHEN (qua) - In Sachen Millenniumswechsel hat die Clinton- Administration der Regierung Schröder einiges voraus. Anläßlich einer unter der Schirmherrschaft des amerikanischen Generalkonsuls George Glass und des bayerischen Staatsministers Erwin Huber veranstalteten Fachtagung ermunterten die Amerikaner die anwesenden Politiker, das Thema zur "Chefsache" zu erklären.

Ein paar Ansätze gibt es auch in Deutschland: So verwies Michael Leibrandt, Oberregierungsrat im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, stolz darauf, daß der von ihm mitverfaßte Regierungsbericht "Die Jahr-2000-Problematik in der Informationstechnik" bereits aus dem vergangenen Jahr datiert (zu finden unter www.kbst.bund.de/j2k) und daß die ersten politischen Aktivitäten zu diesem Thema bis ins Jahr 1996 zurückreichen.

Zudem hat das Bundesinnenministerium kürzlich eine Ansprechstelle eingerichtet, die Informationen über dieses Problem sammeln und veröffentlichen soll. Unter der angegebenen Telefonnummer 0228/9582-222 meldete sich Hans Daniel, Leiter des Referats "Normung und Standardisierung". Er beklagte, daß ihn seit Veröffentlichung der Hotline-Nummer laufend Hilferufe von Hausfrauen erreichten, die den Jahr-2000-Kollaps ihrer Staubsauger befürchteten. Ansonsten verwies er auf die Web-Adresse www.bsi.bund.de/2000. Mehr oder weniger unverhohlen ließ er jedoch durchblicken, daß diese Angebote der Bedeutung des Themas nicht gerecht werden. Auch nach Ansicht offizieller US-Stellen reichen diese Ansätze nicht aus, um in der mittelständisch geprägten deutschen Wirtschaft ein Bewußtsein für die Gefahren des Datumswechsels zu schaffen.

Keine Stellungnahme auf höchster Ebene

Im Interesse der weltweit verflochtenen Industrien würden die Amerikaner ein entschiedenes Engagement der höchsten deutscher Regierungsstellen begrüßen. So bemängelte Jonathan Spalter, Mitglied des President''s Council on Y2K Conversion, daß weder Helmut Kohl noch Gerhard Schröder bislang Stellung zum Problem 2000 bezogen hätten.

Staatsminister Huber hätte mit seiner Begrüßungsrede zur Tagung "Chefsache J2K" wenigstens im Namen der bayerischen Regierung Klartext sprechen können. Leider ließ er diese Chance ungenutzt. Er räumte ein, den Begriff J2K oder Y2K zuvor noch nie gehört zu haben, und beschränkte sich darauf, das Hohelied des Wirtschaftsstandorts Bayern zu singen.

Nach Hubers Auffassung würde ein Jahr-2000-Engagement auf höchster politischer Ebene bedeuten, daß sich der Staat ungerechtfertigterweise in die Belange der Wirtschaft einmische. Die auf der Tagung anwesenden Industrievertreter äußerten jedoch keinerlei Bedenken gegen diese Art der Einmischung. Jochen Speek, Leiter des Zentralbereichs Organisation und Information Services der Bayerischen Hypo-Vereinsbank AG, kritisierte explizit, daß die Bundesregierung es nicht verstehe, "den einzelnen Leuten klarzumachen, wo für sie das Risiko liegt".

Der im Bundeswirtschaftsministerium tätige Oberregierungsrat Leibrandt legte immerhin Problembewußtsein an den Tag und Handlungsbedarf offen. Auf einer Podiumsdiskussion gab er seinen Bedenken hinsichtlich der Jahr-2000-Fähigkeit in der Versorgungsindustrie Ausdruck. "Bei der Stromverteilung gibt es noch Probleme", bestätigte er. "Da müssen wir mehr Druck ausüben - auch auf grenzüberschreitender Ebene."