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US-Justizbehörde favorisiert Microsoft-Aufteilung

14.01.2000

Die US-Justizbehörde sowie 19 US-Bundesstaaten, die gemeinsam eine Kartellrechtsklage gegen Microsoft führen, sind sich offensichtlich einig, dass der Software-Moloch in mehrere Teile aufgesplittet werden soll. Nur so sei zu verhindern, dass die Gates-Company in Zukunft ihre Marktmacht nicht weiter zum Schaden ihrer Kunden ausnutze.

Nach einem ersten Bericht in der US-Zeitung "USA Today" am Mittwoch haben nun auch andere amerikanische Gazetten berichtet, dass es der US-Justizbehörde sowie den 19 ebenfalls klageführenden US-Bundesstaaten mit einer Zerlegung des Softwarekonzerns sei. Die Sprecherin des US-Justizministeriums Gina Talamona schränkte die Berichte der Medien lediglich dahingehend ein, der Beitrag in "USA Today" reflektiere nicht adäquat unsere Sicht".

Die klageführenden Parteien scheinen mittlerweile nur noch zu überlegen, welche Aufteilung von Microsoft sie dem Schlichtungsrichter Richard Posner am Appellationsgericht in Chikago vorschlagen sollen. Insgesamt stehen drei Varianten zur Diskussion:

Option eins sieht vor, den Konzern von Firmengründer Bill Gates in drei Unternehmen aufzusplitten. Eines würde sich der Entwicklung und dem Verkauf der Betriebssysteme widmen. Die zweite Firma wäre für die Applikationen, also Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbank etc. verantwortlich. Dem dritten Betrieb würden nach diesen Pläne alle Internet-bezogenen Softwareprodukte zugeschlagen.

Variante zwei würde ebenfalls drei Firmen vorsehen. Hierbei handelte es sich aber um jeweils identische Unternehmen, die alle sowohl Betriebssystem- als auch Applikations- wie Internet-Software anbieten würden.

Bei Option drei, mit der angeblich das Justizministerium liebäugelt, würde die Betriebssystemsparte von der Applikationsdivision abgetrennt und anschließend dann noch einmal in zwei Unternehmen aufgetrennt. Bei dieser Variante würde es wie auch bei Option zwei mehrere Unternehmen geben, die Windows- und Folgebetriebssysteme anbieten.

Diese Lösung würde verhindern, so Kartellrechtsexperten in den USA, dass auch nach der Aufteilung in mehrere "Baby-Bills" wieder ein Unternehmen ein Monopol bei Betriebssystemen besitzt und dieses nutzt, um auch in anderen Industriesektoren eine marktdominante Position aufzubauen - ein Vorgehen, das nach US-Kartellrecht (Sherman-Act) verboten ist, Microsoft im seit über einem Jahr geführten Prozeß aber unter anderem vorgeworfen wird.

Für Konsumenten könnte sich eine Konstruktion, bei der mehrere Firmen Windows-Betriebssysteme anbieten, in günstigeren Preisen niederschlagen. Microsoft war im Zuge des Prozesses immer wieder vorgeworfen worden, dass die Lizenzgebühren für seine Betriebssysteme im Laufe der Jahre nicht gefallen, sondern gestiegen seien - ein Trend, der den Usancen in der Computerbranche zuwiderläuft.

Steve Ballmer, Microsofts neuer Vorstandsvorsitzender, nachdem Gates am Donnerstagabend vom Posten des Chief Executive Officer (CEO) zurücktrat, äußerte sich wenig zurückhaltend über die Teilungspläne. Es sei absolut unverantwortlich und für die Konsumenten von großem Nachteil, wenn sein Unternehmen zerlegt würde. Insbesondere im Lichte der Fusion von AOL und Time Warner, die mit Microsoft konkurrierten, hätten sich die Vorzeichen im IT-Markt völlig verändert. Die Argumentationsgrundlage der Klagevertreter entbehre mittlerweile jeder Grundlage.

Die beiden Prozessparteien Justizministerium und 19 Bundesstaaten auf der einen sowie Microsoft auf der anderen Seite treffen sich seit Wochen unabhängig voneinander bei Schlichtungsrichter Posner in Chikago, um Möglichkeiten zu finden, den Prozess in beiderseitigem Einvernehmen zu beenden. Allerdings haben sich die Gegner bislang noch nicht zu einem gemeinsamen Gespräch bei Posner zusammengefunden.

Sollten sich beide Seiten nicht zu einer einvernehmlichen Lösung durchringen können, wird der vorsitzende Richter des Kartellrechtsprozesses Thomas Jackson, der beiden Streithähnen Richter Posner als Moderator vorschlug, am 22. Februar 2000 eine Entscheidung fällen müssen. Sollte er im Sinne des Justizministeriums entscheiden und Microsoft zerschlagen, bliebe der Gates-Company immer noch der Appellationsweg.

Einige Experten sehen im Falle einer Zerschlagung des Microsoft-Imperiums für die Einzelunternehmen auch Positives: So könnten diese kleineren Einheiten viel flexibler auf sich schnell ändernde Marktsituationen reagieren. Auch würden den Baby-Bills kartellrechtlich weniger Hindernisse in den Weg gelegt werden, wenn sie beispielsweise aggressiv andere Firmen aufkaufen würden, um sich am Markt zu behaupten.

Völlig unklar ist aber, wie sich die Besitzverhältnisse auf die Little-Microsofts verteilen würden, welcher der Einzelfirmen Bill Gates angehören würde und wie sich die Microsoft-Angestellten orientieren würden.