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US-Justiz vs. Oracle: Definition des Marktes dominiert Prozessbeginn

08.06.2004

Am gestrigen Eröffnungstag des Verfahrens zwischen dem US-amerikanischen Justizministerium und Oracle stand vor allem die Definition des Marktes für Geschäftsapplikationen im Mittelpunkt. Die Kartellwächter hatten im Februar dieses Jahres Klage gegen den Datenbankspezialisten eingereicht, um dessen feindlichen Übernahmeversuch gegenüber dem Wettbewerber Peoplesoft abzublocken. Anwälte beider Seiten hielten am vergangenen Montag ihre Eröffnungs-Plädoyers vor Richter Vaughn Walker.

Den Anfang machten die Justizbehörden mit ihrem Anwalt Claude Scott. Er argumentierte, eine Akquisition würde zu Lasten des Wettbewerbs im Markt für konzernweite Geschäftsapplikationen gehen. Sollten Oracles Pläne gelingen, gebe es neben SAP nur noch einen nennenswerten Konkurrenten in diesem Segment. Die Folge könnten steigende Preise für die Kunden sein. Walker unterbrach den Vertreter des Justizministeriums mehrmals mit Zwischenfragen. So wollte der Richter beispielsweise wissen, warum sich das Justizministerium in dem Fall auf den US-amerikanischen Markt fokussiere und nicht das weltweite Applikationsgeschäft mit berücksichtige, und wieso nur SAP, Peoplesoft und Oracle die einzigen Alternativen für Konzernkunden seien. Scott antwortete, die Produkte der anderen Softwareanbieter würden nicht die notwendigen Funktionen bieten. Außerdem verwies er auf die folgenden Tage, an denen die Kartellwächter die entsprechenden Zeugen aufrufen

würden, um ihre Thesen zu belegen.

Oracles Anwalt Daniel Wall bezeichnete dagegen die Marktdefinition der Behörden als reine Fiktion. Sobald man mehr als 200 Wörter benötige, um einen Markt zu beschreiben, gebe es diesen gar nicht. Er verwies auf zahlreiche weitere Konkurrenten, die auch in Zukunft den Wettbewerb sicherten. Außerdem habe Oracle nicht die Absicht, mit der Übernahme von Peoplesoft den Wettbewerb mit SAP anzuheizen, sondern den eigenen Software-Stack aus Datenbank, Middleware und Apllikationen zu stärken. Damit trete Oracle jedoch auch in Konkurrenz zu Anbietern wie Microsoft und IBM. Wall konnte sein Plädoyer ohne Unterbrechungen durch Richter Walker vortragen.

Beide Parteien hatten jeweils 45 Minuten Zeit für ihre Auftakt-Statements. Prozessbeobachter bezeichneten es als ungewöhnlich, dass ein Richter einen Anwalt bei seiner Prozesseröffnung mit Fragen unterbricht. Die Behörden sollten in den kommenden Tagen die Fragen des Richters in ihrer Argumentation berücksichtigen. Allerdings dürfe man auch nicht zuviel in das Nachhaken Walkers hineininterpretieren.

In der Folge bekommt jede Seite zwei Wochen Zeit, ihre Sicht des Falles darzulegen. Nach den darauf folgenden Beratungen des Gerichts könnte bereits im August das Urteil feststehen. Sollte die unterlegene Partei Berufung einlegen, was zu erwarten ist, dürfte sich das Verfahren jedoch bis mindestens 2005 hinziehen. (ba)