US-Carrier nutzt Grauzone zwischen Lizenz- und Genehmigungsverfahren Frankfurts Bankenviertel soll zum Glasfaser-Eldorado wachsen

31.03.1995

FRANKFURT/M. (hi) - Die Ampel steht auf Gruen: Nach der Unterzeichnung eines Vertrages mit der Stadt Frankfurt ueber die Nutzung oeffentlichen Gelaendes will die Metropolitan Fibre System Communications GmbH (MFS) Frankfurter Banken ein Datennetz zur Verfuegung stellen, das den Vergleich mit den verschiedenen Datex- M-Projekten der Telekom nicht zu scheuen braucht.

Bis zum Sommer dieses Jahres will die deutsche Tochter der amerikanischen MFS International Inc. (siehe Lexikothek) in Frankfurt in der ersten Projektphase einen zehn Kilometer langen Stadtkurs fuer die High-speed-Datenkommunikation errichten. Entsprechend der vorliegenden Genehmigung kann der Service- Provider das Glasfasernetz spaeter auf eine Ausdehnung von 25 Kilometern, gemessen zwischen den aeussersten Punkten des in einer sogenannten Ringtopologie angelegten Netzwerkes, erweitern.

Dabei setzt MFS nach eigenen Angaben mit seiner Netzwerktechnik in der Telekommunikation neue Massstaebe: Gegenueber herkoemmlichen Systemen werden Daten mit mehr als 70facher Geschwindigkeit uebertragen. Als maximaler Standardservice wird ueber das SDH-Netz eine Bandbreite von bis zu 155 Mbit/s angeboten. Neben der Uebertragungsleistung betont der Carrier vor allem die Ausfallsicherheit seiner MANs, die bei 99,99 Prozent liegen soll.

Aus diesem Grund will der Carrier, dessen Tarife im Bereich der reinen Dedicated Lines zehn Prozent unter den Gebuehren der deutschen Telekom liegen sollen, den nationalen PTTs - MFS ist unter anderm neben den USA auch in London, Paris und Stockholm im MAN-Geschaeft engagiert - auch nicht ueber den Preis, sondern ueber die Servicequalitaet Konkurrenz machen. So legt MFS Wert auf die Ausfallsicherheit seiner Netze, die durch redundante Wegfuehrung und Netzzugaenge erreicht werde, sowie auf die Abhoersicherheit durch konsequente Nutzung der Glasfasertechnologie.

Primaere Zielgruppe fuer das Frankfurter Netz sind denn auch Finanzdienstleister, die an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet untergebracht sind und zwischen den Gebaeuden kommunizieren muessen, oder Banken, Broker und andere Institutionen, die untereinander Informationen austauschen.

Dieser Klientel will der Service-Provider mit dem Stadtnetz den problemlosen Austausch von Multimedia-Informationen wie Sprache, Daten, Bildern und Video auf einer gemeinsamen Leitung ermoeglichen. Um die hierzu erforderliche Bandbreite im Backbone zur Verfuegung zu stellen, setzt MFS konsequent auf die ATM-Switching-Technologie, waehrend der Kunde die Uebergaenge zum hauseigenen Netz frei waehlen kann: Neben FDDI oder Frame Relay stehen Ethernet- und Token-Ring- sowie ATM-Interfaces zur Verfuegung, wobei man allerdings momentan nur von einer geringen Nachfrage an ATM-Uebergaengen ausgeht.

Basierend auf dieser Infrastruktur, bietet der Service-Provider die Moeglichkeit zum Aufbau virtueller LANs. Dabei koennen zwei Gebaeude im Frankfurter Stadtgebiet mit der originaeren LAN- Geschwindigkeit, bei Ethernet beispielsweise 10 Mbit/s, vernetzt werden.

Zudem, so MFS, koenne der Anwender seine Applikationen wie in einem geschlossenen LAN fahren, ohne dass er sich wie bei einem LAN mit Anpassungsschwierigkeiten auseinandersetzen muesse.

Um den Usern die Verbindung zu Zweigstellen in anderen Laendern zu ermoeglichen, faehrt man bei MFS zweigleisig: In Laendern wie der Bundesrepublik Deutschland, wo der Service-Provider keine Carrier- Lizenz besitzt, werden die internationalen Einrichtungen der nationalen PTTs angemietet. In Staaten wie den USA oder Schweden verfuegt MFS ueber eine internationale Carrier-Lizenz und nutzt eigene Einrichtungen fuer die Uebertragung. Allerdings mache das fuer den Anwender keinen Unterschied, da dieser alle Dienstleistungen aus einer Hand beziehe. Trotzdem bekennt man bei MFS freimuetig, dass die letzte Moeglichkeit mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit bevorzugt wird.

In Sachen internationale Connectivity wird dieses Verfahren sowohl fuer die "Advanced Data Services" wie auch fuer das zweite MFS- Standbein, den internationalen Sprachverkehr, angewandt. Waehrend im Datenbereich Kostenreduzierungen von bis zu zehn Prozent veranschlagt werden, erhoffen sich Anwender im Sprachverkehr Ersparnisse bis zu 25 Prozent. Dabei schaetzen User wie Wolfhart Koenig, Zentralabteilungsleiter fuer Einkauf und Verwaltung bei der Lahmeyer International GmbH, einer international taetigen Ingenieursgesellschaft mit Sitz in Frankfurt, neben den guenstigen Preisen vor allem die Qualitaet der Dienste. Lahmeyer hatte bereits vor dem Wechsel zu MFS den internationalen Telefonverkehr ueber ein anderes Unternehmen abwickeln lassen, so Koenig. Allerdings waren die Frankfurter mit der gebotenen Qualitaet unzufrieden und wechselten deshalb den Provider.

Einen wesentlichen Grund fuer die eigene Zuverlaessigkeit sieht Jo Van Gorp, MFS-Direktor fuer juristische und regulatorische Angelegenheiten, in der konsequenten Verwendung von Glasfaser von Endanwender zu Endanwender. Zudem ist die technische Konfiguration des Netzes laut Van Gorp eine der Ursachen, warum MFS in Deutschland die Genehmigung zur Errichtung des MAN in Frankfurt bekommen habe. Genauer erklaeren wollte der MFS-Direktor den positiven Bescheid gemaess Verfuegung 159/1993 von der Aussenstelle des Bundesamtes fuer Post und Telekommunikation in Eschborn allerdings nicht, da der Manager gerade in diesen Details den Wettbewerbsvorteil seines Unternehmens gegenueber Konkurrenten sieht.

Van Gorp betonte jedoch, dass man fuer das Frankfurter Netz entgegen anderslautenden Berichten keine Lizenz, sondern lediglich eine Genehmigung bekomme habe. Was auf den ersten Blick wie Haarspalterei anmutet, hat in der Praxis jedoch entscheidende Auswirkungen. Waehrend das Unternehmen in anderen Laendern aufgrund der Carrier-Lizenz Wegerechte besitzt, ist dies bei der Frankfurter Genehmigung nicht der Fall. MFS muss also in einem Gestattungsvertrag von der Stadt Frankfurt Leerrohre Meter fuer Meter mieten und dort, wo diese noch nicht verlegt sind, die Wegerechte mit einem Mietzins abgelten.

Waehrend die entsprechenden Presseinformationen den Eindruck erwecken, dass das genehmigte MFS-MAN in Frankfurt das erste seiner Art sei, gibt man sich diesbezueglich im Bundesministerium fuer Post und Telekommunikation (BMPT) eher zurueckhaltend. Nach den Worten von Frank Krueger, Sprecher des Ministeriums, sind auf Grundlage der bestehenden Regelungen sicherlich bereits einige Dutzend Netze genehmigt. Im wesentlichen seien hier die Verfuegungen 189/1990 und 159/1993 fuer die Erlaubnis zum Betrieb privater Netze ausschlaggebend. So sieht die Verfuegung 189/1990 des BMPT unter anderem vor, dass die Uebertragungsrechte an Dritte delegiert werden koennen, wenn "die Deutsche Bundespost Telekom ihren Leistungspflichten im Monopolbereich nach Art, Qualitaet und Preis" nicht angemessen nachkommt. Fuer die Genehmigung des Frankfurter Netzes war dagegen 159/1993 entscheidend. In dieser Vorschrift ist das Verfahren fuer den Betrieb von Fernmeldeanlagen als Grundstuecksanlagen geregelt. Dabei wird zwischen drei verschiedenen Arten von Anlagen unterschieden, wobei laut Ministeriumssprecher Krueger das MFS-MAN zum Typ A zu rechnen ist. Allen drei Typen ist gemeinsam, dass sie einen Radius von 25 Kilometern nicht ueberschreiten und die Teilnehmer durch private Uebertragungswege verbunden sind, wie in Frankfurt etwa durch die Kabelkanaele der Stadt.