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US-Beteiligungsgesellschaft saugt deutsche Tenovis aus

15.04.2004

Es liest sich wie aus dem Lehrbuch für den hässlichen Turbokapitalismus: Die Auszehrung der einstmaligen Bosch-Tochter Telenorma, die mittlerweile unter dem Namen Tenovis firmiert und von der US-Beteiligungsgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) bis zur Anämie gesund gewirtschaftet wird.

"Spiegel online" berichtet über den Fall, der bei den beteiligten Mitarbeitern von Tenovis mittlerweile nur noch Bitterkeit hinterlässt. Früher schon hatte KKR die deutschen Unternehmen Wincor Nixdorf und den Turbinenhersteller MTU übernommen. Im Jahr 2000 kaufte nun KKR die Telenorma für 400 Millionen Dollar und nannte den Telefonanlagenbauer in Tenovis um. Ziel der KKR ist immer, übernommene Konzerne so schlank zu machen, dass diese nachher mit Gewinn wieder verkauft werden können. Private Equity nennen Branchenexperten solch ein Geschäft.

Um dies auch bei Tenovis in Szene zu setzen, heuerte KKR Peter Záboji an, einen 60jährigen ehemaligen Siemens-Manager. Der organisierte, so Spiegel online, erst einmal einen Kahlschlag unter den Mitarbeitern und entließ 2400 der insgesamt 9000 Mitarbeiter. Dann wollte der gebürtige Ungar Tenovis mit einem neuen Geschäftsmodell auffrischen. Hierzu ließ er das Unternehmen, das als Telefonanlagenbauer und -vermieter mit 200.000 Firmenkunden eine Milliarde Euro umsetzte und einen Nettogewinn von 60 Millionen Euro machte, neu ausrichten. Jetzt sollte Tenovis zum IT-Dienstleister umgebaut werden. Hierzu kaufte Záboji für Millionen Euro Großrechner für eine so genannte Databurg. Nach den Plänen des Managers sollten Unternehmen wie beispielsweise Banken die von Tenovis vorgehaltene Rechenleistung etwa als Backup-Rechenzentrum mieten. Auch sollten Firmen die Databurg als Call-Center nutzen. Doch obwohl mittlerweile bereits eine weitere Databurg fertig

ist, laufen die Geschäfte laut Spiegel online schlecht. Eine eigens hierfür gegründete GmbH musste wieder aufgelöst werden. Die erst 2003 veröffentlichte Bilanz für das Jahr 2001 wies deutliche Fehlbeträge aus.

Die Beteiligungsgesellschafter von KKR zogen schließlich die Notbremse und wechselten Záboji 2002 aus. Unter seinem Nachfolger, dem US-Amerikaner David Winn, wurden dann allerdings zunächst noch einmal 600 Mitarbeiter entlassen. 2002 schloss das Unternehmen mit Verlust ab, im vergangenen Jahr erreichte man gerade eine schwarze Null. Jetzt ist sparen und sanieren angesagt. Mit noch 4500 Mitarbeitern liegt das hauptsächliche Tätigkeitsfeld der Tenovis nach dem Bericht darin, "möglichst viele Call-Center im Lande auszustatten". Die Erträge gehen für die Schuldentilgung drauf. Heute wirkt, schreibt Spiegel online, die Tenovis wie eine Magersüchtige, der man suggeriert, sie habe sich früher zu fett ernährt. Doch ihr Überleben sichert wie früher das Geschäft mit Telefonmiet- und Wartungsverträgen. (jm)