Urteile aus der Vertragspraxis

17.09.1982

Von Dr. Christoph Zahrnt, Rechtsanwalt in Neckargemünd

2-6 ° 9-1 Urteil des LG Frankfurt vom 29. August 1980 (3/8 O 37/80) sowie das Berufungsurteil des OLG Frankfurt dazu vom 28. April 1981 (5U 155/80)

Entkoppelung von Hardware und Software

Nichtamtliche Leitsätze des LG:

1. Verkauft ein EDV-Anbieter Programm direkt an den Anwender, die EDV-Anlage aber an eine vom Anbieter eingeschaltete

Leasinggesellschaft, die diese wiederum an den Anwender vermietet, so sind diese beiden Verträge rechtlich unabhängig voneinander.

2. Leistungsstörungen, die bei einer Verbindung zwei Vertragstypen (zum Beispiel Kauf- und Werkvertrag) in einem Teilbereich auftreten, sind nach den Regeln des Vertragstyps zu behandeln, der den betreffenden Teil kennzeichnet.

3. Der Austausch eines für den Vertragspartner eingesetzten Mitarbeiters (hier: Programmierer) stellt nur dann eine Vertragsverletzung dar, wenn er für die Erfüllung des Vertrages unentbehrlich ist. Das ist nicht der Fall bei einem modular aufgebauten Programm, weil das gewährleistet, daß sich auch bisher nicht beteiligte Programmierer in die Software einarbeiten können.

4. Nimmt der Auftraggeber die Programme nach Vorführung zur Prüfung und Einweisung in die Handhabung durch den Auftragnehmer entgegen, so bedeutet das, daß er die (Teil-)Programme als im wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht und damit abnimmt.

Nichtamtliche Leitsätze des OLG:

1. Wer eine Nachbesserungsfrist setzt, ist an diese gebunden und muß deren tatsächliches Ergebnis abwarten. Er kann dem Auftragnehmer nicht in hypothetischer Betrachtung eines zu erwartenden Nachbesserungsmißerfolges weitere Bemühungen zur Fehlerbeseitigung verwehren.

2. Es handelt sich bei Softwarebestellung und Computerleasing um zwei getrennte Rechtsgeschäfte, bei denen weder nach ° 139 noch nach °° 634 Abs. 4, 469 Satz 2 BGB der Wegfall des einen Geschäfts das andere beeinflußt. Als Klammer reicht nicht aus, daß es insgesamt um eine Problemlösung geht; diese muß vielmehr in der Vertragsgestaltung konkreten Ausdruck finden. Getrennte Verträge sind als objektiver Geschäftswillen der Parteien dahingehend zu sehen, daß kein fertiges EDV-System als Leistungserfolg vereinbart ist.

3. Die Lieferung nicht vereinbarter Teilleistungen führt nicht dazu, daß mit den Teilleistungen Teilentgelte vor der Fertigstellung und Abnahme des Gesamtwerks fällig werden.

Der vom LANDGERICHT festgestellte TATBESTAND läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß "die Beklagte der Klägerin einen Computer sowie Standardprogramme zum Kauf" anbot. Die Klägerin kaufte Anfang 1978 die Standardprogramme direkt; unter anderem eines für die Lagerbuchhaltung. Den Computer bezog sie über eine von der Beklagten eingeschalteten Leasinggesellschaft.

"Gemäß ° 7.2 der Vertragsbedingungen trat die Leasinggesellschaft ihre gegen Hersteller und Lieferant zustehenden Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche an die Klägerin ab. Der Computer wurde am

30. 3. 1978 geliefert; er arbeitete stets einwandfrei . . .

Aufgrund einer Bestellung der Klägerin vom 26. 10. 1978 vereinbarten die Parteien eine Änderung und Neuprogrammierung des modular aufgebauten Programms Lagerbuchhaltung. Die gemäß dieser Abrede erstellten Teilprogramme übergab die Beklagte einzeln in der Zeit zwischen April und Dezember 1979. Laut Übergabeprotokollen führte die Beklagte die Programme zur Prüfung vor und wies die Mitarbeiter der Klägerin in die Bedienung des Systems ein. Mit Schreiben vom 5. 12. 1979 rügte die Klägerin Mängel im Programm Lagerbuchhaltung und setzte der Beklagten für die Nachbesserung eine Frist bis 10. 1. 1980. Am

17. 12. 1979 beseitigten Angestellte der Beklagten einige der gerügten Fehler. Zwei Tage später nahm die Beklagte zu den Mängelrügen der Klägerin im einzelnen schriftlich Stellung. Um die noch nicht behobenen Fehler nachbessern zu können, ersuchte sie die Klägerin um Termine für die noch erforderlichen sachlichen Absprachen. Nach erneuter Reklamation der Klägerin entsandte die Beklagte ihren Mitarbeiter P 2 zu der Klägerin, der nun an Stelle des ursprünglich verantwortlichen P 1 im Bereich der Beklagten für die Betreuung der Klägerin zuständig war. Ihm wurde jedoch sowohl der Zutritt zu der Anlage als auch die Beschreibung der Fehler verweigert. Anfang Januar erneuerte die Beklagte ihr Nachbesserungsangebot, doch machte die Klägerin den Zutritt zu den Programmen davon abhängig, daß die Beklagte ihr 50 000 DM Schadensersatz zahle. Am 30. 1. 1980 lehnte sie schließlich jede weitere Erfüllung des Vertrages ab.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz der an die Leasinggesellschaft gezahlten Miete und bestimmter Aufwendungen für den Einsatz des Computers sowie Freistellung von den noch zu zahlenden Leasing-Raten. Sie behauptet, daß das Programm trotz der Reparatur am 17. 12. 1979 immer noch nicht funktioniere. Sie sei zur Zurückweisung der Nachbesserungsangebote der Beklagten bereits vor Fristablauf berechtigt gewesen, weil die Beklagte den für sie zuständigen Programmierer ausgewechselt habe. Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Verträge über Hard- und Software eine Einheit darstellten; der Leasingvertrag sei nichts anderes als ein Teil der finanziellen Abwicklung ihrer Gegenleistung. Die Einheit der Beziehungen werden durch die Zusatzvereinbarung vom 26. 10. 1978 nicht aufgehoben."

Die Beklagte hat Widerklage erhoben und die Vergütung für die Umprogrammierung eingeklagt.

Entscheidungsgründe

"Die Klage ist unbegründet, die Widerklage der Beklagten begründet. Der Klägerin stehen schon nach dem Klagevorbringen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten nicht zu.

Die Klägerin kann keine Ansprüche aus dem Vertrag über die Hardware herleiten. Zwischen den Parteien bestehen bezüglich des Computers keine Vertragsbeziehungen. Zwar hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 14. 11. 1977 den Abschluß eines Kaufvertrages über den Computer angeboten, die Klägerin hat diese Offerte jedoch nicht angenommen, sondern auf Vermittlung der Beklagten mit der Leasinggesellschaft einen Leasing-Vertrag über den Computer abgeschlossen. Die Klägerin hat selbst in dem Leasing-Unternehmen ihren Vertragspartner bezüglich der Hardware erkannt, da sie von Vertragsbeginn an die Leasing-Raten an dieses und nicht an die Beklagte gezahlt hat.

Der Klägerin stehen auch keine Ansprüche aus abgetretenem Recht zu, . . .

Die Beklagte ist zum Ersatz des Erfüllungsinteresses der Klägerin an der Hardware auch nicht aufgrund von Vertragsverletzungen im Softwarebereich verpflichtet. Schadensersatzansprüche der Klägerin könnten sich hier nur aus Werkvertragsrecht ergeben. Es mag zwar zweifelhaft sein, ob die Vereinbarung über die Standardprogramme einen Werkvertrag darstellt, weil lediglich bereits programmierte Kassetten übergeben werden sollten. Mit der am 26. 10. 1978 getroffenen Abrede über die Neuprogrammierung des Programmes Lagerbuchhaltung verpflichtete sich die Beklagte jedoch zur Herstellung eines individuellen, auf den Geschäftsablauf des Unternehmens der Klägerin zugeschnittenen Werkes. Ob es sich bei dieser Vereinbarung um einen von den anderen Übereinkünften selbständigen Vertrag handelt - wie die Beklagte meinte - oder um einen Bestandteil eines umfassenden Vertrags - wie die Klägerin meint -, kann dahingestellt bleiben. Leistungsstörungen, die bei einer Vertragsverbindung in einem Teilbereich auftreten, sind ohnehin nach den Regeln des Vertragstyps zu behandeln, der den betreffenden Teil kennzeichnet. (Allgemeine Meinung, vgl. Löwisch in Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl. 1979 °° 255 - 327, ° 305 Randnote 32 mit weiteren Nachweisen.) Da die Erstellung des individuell anzufertigenden Programms Lagerbuchhaltung gestört ist, kommt somit in jedem Fall Werkvertragsrecht zur Anwendung.

Als Anspruchsgrundlage kommt ° 635 BGB in Betracht, weil die Klägerin Ersatz von Schäden fordert, die nach ihrem Vortrag unmittelbar auf Programmierungsfehlern beruhen. ° 635 setzt voraus, daß die Programmierung Mängel aufweist, die die Beklagte zu vertreten hat, und daß das Nachbesserungsverfahren nach ° 634 Abs. 1 BGB gescheitert ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Nachbesserungsversuch der Beklagten vom 17. 12. 1979 fehlgeschlagen und auf welche Gründe dies gegebenenfalls zurückzuführen ist. Die Kammer mußte ebenfalls nicht entscheiden, ob die Klägerin die Ablehnung der Nachbesserung nach Fristablauf im Sinne von ° 634 Absatz 1 Satz 1 angedroht hat und inwieweit die Beklagte durch ihre AGB Schadensersatzansprüche wirksam ausgeschlossen hat. Ein Schadensersatzanspruch aus ° 635 BGB scheitert in jedem Falle daran, daß der Ablauf der von der Klägerin gesetzten Frist ihr keine Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche vermitteln kann. Die Beklagte ist von den mit der Fristüberschreitung nach den °° 634, 635 BGB verbundenen Nachteilen zu entlasten, da sich die Klägerin seit

19. 12. 1979 in Annahmeverzug befindet. Da die Behebung der Programmierungsfehler voraussetzt, daß die Klägerin der Beklagten den Zutritt zu der EDV-Anlage gewährt und ihr die Fehler beschreibt, mußte die Beklagte die Nachbesserung nicht gemäß ° 294 BGB tatsächlich anbieten, sondern es reichte ein wörtliches Angebot nach ° 295 BGB aus. Sowohl mit ihrem Schreiben vom 19. 12. 1979 als auch durch den Besuch ihres Mitarbeiters P 2 hat die Beklagte der Klägerin angeboten, alle noch vorhandenen Fehler zu beseitigen. Ihre Nachbesserungsvorschläge hat sie am 10. 1. 1980 nochmals bekräftigt. Die Klägerin hat jedoch alle Angebote der Beklagten, die Fehler zu beheben, vor Fristablauf zurückgewiesen. Dazu war sie nicht berechtigt, so daß sie sich seit 19. 12. 1979 gegenüber der Beklagten im Verzug der Annahme befindet. Der Austausch des für sie verantwortlichen Programmierers gab der Klägerin kein Recht, die Mängelbeseitigung abzulehnen. Die Auswechselung eines für den Vertragspartner eingesetzten Mitarbeiters stellt nur dann eine Vertragsverletzung dar, wenn er für die Erfüllung des Verzuges unentbehrlich ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der modulare Aufbau des Programms Lagerbuchhaltung gewährleistet, daß sich auch bislang nicht beteiligte Programmierer in die Software einarbeiten können. Zudem beauftragte die Beklagte einen von der fachlichen Qualifikation her gleichwertigen Angestellten mit der weiteren Betreuung des Programms. Im übrigen haben die Parteien nicht vereinbart, daß die Betreuung des Programmpaketes durch eine bestimmte Person zu erfolgen habe. Eine solche Verpflichtung darf dann nicht auf dem Umweg über Schadensersatzpflichten nachträglich geschaffen werden.

Der mit der Widerklage erhobene Anspruch auf Zahlung ist gemäß ° 631 Absatz 1 BGB begründet. Diese Einzelbeträge sind gemäß ° 641 Absatz 1 Satz 1 BGB fällig geworden, weil die Klägerin bereits die einzelnen Programmteile abgenommen hat. Abnahme setzt körperliche Entgegennahme und Billigung als im wesentlichen vertragsgemäße Leistung voraus (vergleiche Palandt/Thomas, Kommentar zum BGB, 39. Auflage 1980, ° 640 Anmerkung 1 a). Aus den Übergabeprotokollen ergibt sich, daß die Klägerin nicht die gesamte EDV nach Abschluß der Umstellung abnehmen wollte, sondern daß sie die einzelnen Programmabschnitte abgenommen hat. Die Entgegennahme der Programme nach Vorführung zur Prüfung und Einweisung in die Handhabung durch die Beklagte bedeutet, daß die Klägerin die Teilprogramme als im wesentlichen vertragsgemäße Leistung angesehen

hat."

Die Klägerin legte Berufung ein.

Das OLG ergänzte den TATBESTAND wie folgt:

"Die Klägerin macht geltend, sie sei nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten am 19. Dezember 1979 und danach weitere Nachbesserungsversuche zu gestatten. Die Nachbesserung der Beklagten sei zu dieser Zeit bereits abgeschlossen gewesen, jedoch erfolglos verlaufen. Der späte Beginn der Nachbesserung am 19. Dezember 1979 und die Beauftragung eines neuen Programmierers durch die Beklagte hätten auch dazu führen müssen, daß eine rechtzeitige Behebung der Fehler innerhalb des noch ausstehenden Teils der Nachbesserungsfrist nicht mehr hätte erfolgen können, zumal unter Berücksichtigung der Häufigkeit schon früher aufgetauchter Fehler.

Die Beklagte trägt vor, sie hätte die gerügten Fehler, soweit sie nicht bereits am 17. Dezember 1979 behoben worden seien, bis zum Ablauf der Nachbesserungsfrist beseitigen können. Der Autor des Programms P 1 habe sich ihr gegenüber verpflichtet gehabt, auch nach seinem Ausscheiden noch im Rahmen eventueller Gewährleistung zur Verfügung zu stehen. Im übrigen habe die Fehlerbeseitigung auch von einem anderen Programmierer vorgenommen werden können. Die Klägerin habe auch zu keinem einzelnen Fehler substantiiert, welche Hindernisse für die Beseitigung innerhalb der Frist bestanden hätten.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet.

Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz weitere Gesichtspunkte ins Feld führt, vermögen auch diese eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen.

Schadensersatz nach ° 635 BGB erfordert, daß auch die Voraussetzungen des ° 634 Abs. 1 BGB für die Wandlung erfüllt sind (Palandt/Thomas BGB, 40. Auflage, ° 635 Anm. 2 a). Zu Unrecht greift die Klägerin selbst die Begründung des Landgerichts an, daß die Klägerin selbst den Eintritt der Voraussetzungen für die Wandlung nach ° 634 Abs. 1 BGB vereitelt hat, indem sie zwar eine Frist zur Mängelbehebung gesetzt, sich aber ab dem 19. Dezember 1979 der Mängelbehebung widersetzt und die weitere Zulassung von Angestellten der Beklagten zum Gerät und zum Programm und die Zusammenarbeit mit ihnen abgelehnt hat.

Maßgeblich ist, daß der Auftraggeber im Rahmen des ° 634 BGB nicht nur die Frist zur Nachbesserung setzen, sondern auch dem Unternehmer tatsächlich die Möglichkeit zu solcher Nachbesserung einräumen muß. Zumindest kann sich die Klägerin dann entsprechend ° 162 BGB nicht darauf berufen, daß eine Nachbesserungsfrist erfolglos verstrichen sei, wenn sie die Ausführung von Nachbesserungsarbeiten verhindert hat . . .

Es lagen auch keine Umstände vor, die es der Klägerin gestattet hätten, sich an die von ihr selbst bestimmte Nachbesserungsfrist nicht mehr zu halten. Sie vertritt dazu die Auffassung, unter vernünftigen Gesichtspunkten habe mit einer Behebung der Fehler innerhalb der Nachbesserungsfrist nicht mehr gerechnet werden können. Die Klägerin war in keiner Lage, die nach ° 634 Abs. 2 BGB die Fristbestimmung überflüssig gemacht hätte. Selbst wenn die von der Klägerin behaupteten, aber streitigen früheren Mißerfolge bei der Fehlerbeseitigung tatsächlich aufgetreten sein sollten, erlaubte dies der Klägerin keinen vorzeitigen Abbruch des Nachbesserungsversuches. Die Klägerin hat auch nicht die Behauptung der Beklagten bestritten, daß der Programmierer P l, wenn er für die Behebung von Fehlern unentbehrlich gewesen wäre, auch nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten noch zur Verfügung gestanden hätte. Nachdem die Klägerin der Beklagten die Nachbesserungsgelegenheit durch Setzung einer bestimmten Frist eingeräumt hatte, war sie an diese Frist gebunden und mußte deren tatsächliches Ergebnis abwarten. Sie konnte nicht in hypothetischer Betrachtung eines zu erwartenden Nachbesserungsmißerfolges der Beklagten weitere Bemühungen zur Fehlerbeseitigung verwehren.

Die Mängel der Software - Mängel der Hardware bestehen unstreitig nicht - können aber auch nicht dazu führen, daß der Computerkauf rückgängig gemacht werden könnte.

Es handelt sich nämlich bei Softwarebestellung und Computerleasing um zwei getrennte Rechtsgeschäfte, bei denen weder nach ° 139 noch nach °° 634 Abs. 4, 469 Satz 2 BGB der Wegfall des einen Geschäfts das andere beeinflußt.

Die Leistungen der Hardware und der Software sind in verschiedenen Verträgen vereinbart, die hier durch den gewählten Weg des Finanzierungsleasing sogar zu verschiedenen Vertragsparteien führen. Die von der Klägerin beschworene angeblich als Ganzes eingekaufte Problemlösung, die die Klammer über alle Verträge und verschiedenen Parteien hinweg sein soll, ist rechtlich nicht vorhanden. Sie hat in der Vertragsgestaltung keinerlei konkreten Ausdruck gefunden.

Tatsächlich ist es so, daß sich die Datenverarbeitungsanlage als solche und die Anwendungssoftware gut voneinander trennen lassen und die Anwendungssoftware allein handelbar und austauschbar ist. Daß die Klägerin den Computer nicht ohne Programm und Programme nicht ohne Computer gebrauchen kann, besagt nichts darüber, daß sie nicht einzeln Gegenstand von Rechtsgeschäften sein können.

Die Klägerin meint, daß dann, wenn der Anwender nicht nur die Hardware und die Systemsoftware, sondern auch die Anwendungssoftware bei demselben Vertragspartner bestellt, die Verkehrsanschauungen dahin gehe, daß es sich um ein einheitliches Geschäft handele, dessen Teile voneinander bestandsabhängig seien. Diese Auffassung trifft nicht zu.

Wie weit die Vereinbarung mehrere Geschäfte oder ein einheitliches Geschäft darstellen, hängt allein von der konkreten Vertragsgestaltung ab. Dem Senat ist aus einer Reihe von Prozessen, die den Erwerb von Datenverarbeitungsanlagen und Programmen zum Gegenstand hatten, die Konstellation bekannt, daß die Hardware und die Anwendungssoftware entweder von verschiedenen Vertragspartnern geliefert werden oder selbst dann, wenn sie vom selben Vertragspartner geliefert wurden, beide Leistungen in verschiedenen Verträgen vereinbart wurden. Es ist durchaus ein Interesse des Anbieters begründet, insoweit zwei Verträge abzuschließen und die Leistungen getrennt zu behandeln. Während nämlich die Hardware und die Systemsoftware einseitig vom Hersteller ohne individuelle Absprache mit dem Käufer angefertigt und als fertiges Produkt verkauft werden, muß die Anwendungssoftware nach den individuellen Bedürfnissen des Bestellers erst erstellt oder zumindest angepaßt werden und erfordert zudem eine Mitwirkung des Bestellers. Das eine Geschäft ist ein Kaufvertrag, während die andere Vereinbarung einen Werk- oder Werklieferungsvertrag darstellt.

Ob auch eine Konstellation denkbar ist, bei der die Parteien das fertige Datenverarbeitungssystem als Leistungserfolg vereinbaren, kann dahinstehen. Eine solche Problemlösung ist jedenfalls dann nicht vertraglich geschuldeter Leistungsgegenstand, wenn die vertragliche Ausgestaltung zwischen den einzelnen Leistungen unterscheidet und damit einen anderen Geschäftswillen der Parteien objektiv zum Ausdruck bringt. Der Anspruch der Beklagten aus der Widerklage auf Zahlung ist begründet.

Hier bestand zwar ein Auftrag für die Programmierungsarbeiten im Umfang von 18 400 DM, von dem unstreitig ein Teil noch nicht ausgeführt ist. Die abgelieferten Leistungen waren Teilleistungen. Grundsätzlich wird die Vergütung erst mit der Abnahme fällig (° 641

BGB), wenn nicht Teilabnahme vereinbart ist. Teilleistung des Werkes, die nicht vereinbart waren, bewirken also noch nicht, daß nun ein Teilentgelt früher, nämlich vor Fertigstellung des Gesamtwerkes, fällig wird.

Für die Begründetheit des Anspruchs der Beklagten ist aber der vom Landgericht festgestellte Gläubigerverzug der Klägerin von Bedeutung. Dieser bewirkt nämlich nach ° 642 Abs. 1 BGB, daß dem Unternehmer eine Entschädigung zusteht. Führt der Annahmeverzug dazu, daß der Unternehmer für schon erbrachte Teilleistungen die Fälligkeit durch Fertigstellung des ganzen Werkes nicht herbeiführen kann, so muß seine Entschädigung in der Abgeltung aller bereits erbrachten Leistungen bestehen.

Das Entgelt für die erbrachten Leistungen kann zudem noch aus einem weiteren Gesichtspunkt verlangt werden. Die Klägerin will mit der Klage das gesamte Geschäft rückgängig machen. Darin liegt eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung. Ist eine solche festzustellen, dann kann der Unternehmer ohnehin schon vor Fertigstellung die Erfüllung verlangen (BGHZ 50, 175, 179;

Palandt/Thomas, ° 642 Anm. 1).

Anmerkung:

1. Die Ausführungen des OLG zur Vertragsspaltung sind so nicht haltbar.

1.1 IBM hat gerade eingesehen, daß Hardware und Software durchaus zusammengehören können, und hat in den neuen Mietvertragsbedingungen den Satz gestrichen: "Eine Zusammengehörigkeit der unter diesem Vertrag von der IBM zu erbringenden Leistungen" (zum Beispiel Hardware) "mit anderen Leistungen der IBM" (zum Beispiel Software) "besteht nicht". Das Landgericht München (Urteil vom 07. 08. 1981, siehe 2-3-° 1-3) hat gerade aus dem gemeinsamen Angebot geschlossen, daß Hardware und Software auch rechtlich zusammengehören.

Der Geschäftswillen der Parteien (!) geht nun wirklich nicht dahin, daß der Lieferant den Kaufpreis für die Hardware verlangen kann, wenn er die zugleich zu liefernde Software wegen Fehlerhaftigkeit zurücknehmen muß. Das ist nur das Interesse eines wenig seriösen Lieferanten. Der Lieferant hat vor Vertragsschluß (hier wegen Leasing: zwei Vertragsschlüssen) doch wohl immer nur von der einen Problemlösung gesprochen. Er unterschiebt am Ende zwei Teilverträge, die hier bei Leasing zu zwei Verträgen werden. Die Tatsache, daß Software für sich handelbar ist, besagt wenig zur Frage, ob im konkreten Fall ein einheitliches Geschäft gewollt ist. Selbstverständlich können Hardware und Software auch einzeln Gegenstand von Rechtsgeschäften sein. Ob sie es im konkreten Fall sein sollen, ist die Frage.

Unhaltbar ist auch die Auffassung, es komme nicht auf die Verkehrsanschauung, sondern allein auf die konkrete Vertragsgestaltung an. Es ist eben weit überwiegende Verkehrsauffassung, daß die Verwendung verschiedener Vertragsformulare aus einem einheitlichen Geschäft nicht zwei getrennte Verträge macht. Gerade dann braucht der Kunde gar nicht mehr dafür zu sorgen, daß die Einheitlichkeit in der Vertragsgestaltung zum Ausdruck kommt. Angesichts dieses Urteils ist ihm das allerdings dringend geraten!

Unhaltbar ist insbesondere auch die Forderung, daß in jedem Vertrag der andere Vertrag als Geschäftsgrundlage AUFGEFÜHRT werden muß, um Geschäftsgrundlage zu sein. Die Geschäftsgrundlage wird typischerweise im Geschäft (Vertrag) nicht erwähnt.

1.2 Die Tatsache, daß die Hardware über eine Leasinggesellschaft finanziert worden ist, ändert an der Einheit (falls gegeben) nichts. Der Kunde verlangt ja nichts von der Leasinggesellschaft, sondern macht geltend, daß der Lieferant mit jedem seiner beiden Vertragspartner vereinbart habe, daß die getrennt beschafften Teile eine Einheit bilden sollen.

2. Die Behauptung des LG, es bestehe Einigkeit darüber, welches Gewährleistungsrecht bei kombinierten Verträgen anzuwenden sei (Leitsatz 2), stimmt nicht, wie das Urteil des BGH vom 23. Februar 1977 ergibt (2-8-2).

_AU:Drc. Christoph Zahrnt