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Urheberrechtsstreit um digitale Bibliothek: Erfolg für Google

28.06.2006
Im Streit um die Digitalisierung von Büchern hat das US-Internetunternehmen Google am Mittwoch vor dem Hamburger Landgericht einen Erfolg verbucht.

Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG, Darmstadt) hat ihren Antrag auf Einstweilige Verfügung gegen Google auf Anraten des Richters überraschend zurückgezogen. Nach Auffassung des Gerichts hat es in dem verhandelten Fall keine Urheberrechtsverletzung gegeben.

"Das ist natürlich eine kleine Sensation für uns", sagte Google-Justiziar Arnd Haller. Die Einstweilige Verfügung des Darmstädter Fachbuchverlags hatte sich gegen das von Google Ende 2004 in den USA gestartete Internetprojekt Google Book Search gerichtet. Der Suchmaschinenbetreiber will mit der massenhaften Digitalisierung von Büchern eine riesige Bibliothek für die allgemeine Volltextsuche im Internet aufbauen. WBG-Direktor Andreas Auth kündigte an, man werde in den kommenden Tagen entscheiden, ob man gegen Google im Hauptsacheverfahren klagen werde.

Er werte die Hamburger Verhandlung nicht als Niederlage, sagte Auth. Das Gericht habe deutlich gemacht, dass es das Einscannen von ganzen Buchseiten zur öffentlichen Nutzung durch Google für einen Verstoß gegen das Urheberrecht halte. Allerdings seien die Richter im Gegensatz zum Verlag nicht der Meinung, dass die Digitalisierung von "Schnipseln" (Snippets) gegen das Urheberrecht verstoße.

Googles Digitalisierungs-Projekt ist in der Vergangenheit wiederholt kritisiert worden, besonders in Europa. Verlage und Autoren sehen ihre Urheberrechte verletzt. In der in Hamburg verhandelten Sache sah der Vorsitzende Richter allerdings keine Verletzung von Urheberrechten, da Google die fraglichen Bücher nach entsprechender Aufforderung der WBG umgehend aus dem Netz genommen habe. Angesichts dieser klaren Richter-Meinung zog die Klägerin ihren Antrag zurück. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von 100.000 Euro trägt die WBG, ein wissenschaftlicher Verein mit rund 140.000 Mitgliedern, der Wissenschaft und Kultur fördert und als Verlag tätig ist.

Ein Stein des Anstoßes für viele Kritiker des Projekts ist auch, dass Google erst auf ausdrücklichen Wunsch etwa eines Verlages bereits gescannte Literatur wieder aus dem Netz nimmt - im so genannten Opt-out-Verfahren. "Wir haben erst durch Zufall festgestellt, dass unsere Bücher im Netz verfügbar sind", sagte WBG-Direktor Auth. Kritiker fordern deshalb, dass Google vor einer Veröffentlichung jeweils die ausdrückliche Genehmigung des Rechteinhabers einholen müsse. Das Gericht wollte sich nach Angaben Auths nicht mit dieser Frage befassen, da sie nach Ansicht der Richter nur in den USA geklärt werden könne.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Frankfurt/Main) nannte es "ein positives Zeichen", dass Google die Textfragmente der WBG wieder aus dem Netz herausgenommen habe. Vor weiteren rechtlichen Schritten werde man das Verhalten Googles genau beobachten. "Es ist ein in diesem Umfang noch nicht da gewesener Vorgang, dass sich ein Großunternehmen in breit angelegter Weise das geistige Eigentum anderer anmaßt", erklärte der Geschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis. Der Börsenverein unterstützt die WBG in dem Verfahren. (dpa/tc)