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Update: Systemhaus BOG Münster ist pleite

05.04.2005
Microsofts hierzulande größter Navision-Partner ist insolvent - unter anderem wegen schlechter Zahlungsmoral der Kundschaft, aber auch aufgrund hausgemachter Probleme.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das Systemhaus Business Organization Group (BOG) aus Münster hat die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Bereits am 24. März mussten die beiden Geschäftsführer Thomas Dillenseger und Kay Michel den Gang zum Konkursrichter am Amtsgericht Münster antreten.

Trotz einiger Unruhe im vergangenen Jahr kam die Pleite für viele überraschend. So galt das Systemhaus mit 400 Mitarbeitern als mit Abstand umsatzstärkster Navision-Partner Microsofts. 6000 Kunden mit rund 20 000 Installationen schienen eine solide Basis für das Systemhaus. Die Münsteraner wurden dafür von dem weltgrößten Softwareanbieter sechsmal in Folge mit dem Titel "Partner des Jahres" bedacht, zuletzt Ende 2004.

Letztendlich seien mehrere Faktoren zusammengekommen, berichtet BOG-Geschäftsführer Dillenseger. So hätten sich beispielsweise die Vorgaben für die im vergangenen Jahr begonnenen Restrukturierung nicht erfüllt. Zudem hätten einige Bereiche ihre Verkaufsziele verfehlt. "Auch das Inkasso war schlechter als erwartet." Einige Kunden hätten nicht so bezahlt, wie sie es eigentlich hätten tun sollen. Außerdem habe das Unternehmen im vergangenen Jahr einige Mitarbeiter an die Konkurrenz verloren.

Für Unruhe hat Ende 2004 der Abgang des damaligen BOG-Geschäftsführers Matthias Knisig gesorgt. Knisig, der erst Anfang Oktober 2003 die Geschäfte von Roland Kluger übernommen hatte, wurde Sales Director der Sony Deutschland GmbH. Zuvor hatte Kluger die Geschicke der BOG acht Jahre geleitet.

Es habe zwar Warnzeichen gegeben, die Insolvenz sei jedoch nicht abzusehen gewesen, meint Thomas Pletsch, Geschäftsführer der Dönges GmbH & Co. KG und BOG-Kunde. Der Werkzeuglieferant setzt mit "Elvis" eine auf Navision basierende Branchenlösung ein, die die BOG gemeinsam mit dem Werkzeug- und Eisenwarenverband EDE entwickelt hat. Insgesamt arbeiten rund 120 EDE-Partner mit Elvis. "Es gibt also genügend Händlerkollegen, die mit im selben Boot sitzen."

Wie es weitergeht, ist für Pletsch noch nicht abzusehen. "Wir haben viel Geld für die Software bezahlt", klagt der Dönges-Geschäftsführer. Die Lösung sei erst Anfang 2003 implementiert worden. "Das hat sich noch nicht amortisiert." Sorgen macht sich Pletsch über das künftige Schicksal der BOG. Wenn ein neuer Investor einsteige, bleibe die Frage, ob dieser für Support und Updates einstehe.

Die BOG hätte eine Brückenfinanzierung benötigt, beschreibt Dillenseger die Situation vor der Insolvenz. Diese hätten die Banken jedoch verweigert. Nun will der Geschäftsführer gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter versuchen, den Restrukturierungsplan weiter durchzuziehen. Dazu gehöre, eventuell einzelne Bereiche an Investoren zu verkaufen. Derzeit fänden Gespräche mit verschiedenen Interessenten statt. Ziel bleibe jedoch, die Gesellschaft als Ganzes unterzubringen: "Damit es weitergeht und auch die Mitarbeiter gerettet werden können." (ba)

Chronik

Die Wurzeln der BOG reichen bis in die 50er Jahre zurück. Die Firma war als eine der zahlreichen Nixdorf-Werksvertretungen unter dem Namen Büro Organisation GmbH gegründet worden. 1980 wurde BOG von SNI zur Hälfte, 1995 ganz übernommen. 1999 stiegen mit GE Equitiy Capital und 3i Finanzinvestoren in die Firma ein. Sie hieß jetzt BOG Informationstechnologie & Services GmbH & Co. KG. Im Jahr 2000 wurde Raber+Märker übernommen. Mit den 140 zusätzlichen Mitarbeitern kaufte sich BOG Knowhow zu "Navision Financials".