Update: Mit Bäurer drängt Sage in den Mittelstand

13.06.2006

"Einen Eingriff ins Produktportfolio strebt Sage in der Regel nicht an, worüber sich Bäurer-Kunden freuen dürften", kommentiert Christian Glas, Analyst bei Pierre Audoin Consultants (PAC) in München. Zu den langjährigen Kunden von Bäurer zählen die Landmaschinenhersteller Amazonen Werke aus Hude. "Welche Auswirkungen die Übernahme hat, können wir noch nicht absehen", so IT-Leiter Clemens Rittel, der noch auf eine Stellungnahme seines Softwarelieferanten wartet. Ganz überrascht hat Rittel der Deal nicht. "Wenn Investoren an einem Hersteller beteiligt sind, muss man immer mit einer Übernahme rechnen."

Nachdem die Bäurer AG im Jahr 2002 Insolvenz anmelden musste, schaffte die Bäurer GmbH mit Rückendeckung des Investors Adastra Erste Beteiligungs GmbH aus München den Neuanfang. Im Jahr 2005 konnte der ERP-Lieferant mit 230 Mitarbeitern seinen Umsatz um 20 Prozent auf 24 Millionen Euro steigern. Das klingt zwar gut, doch diese Marke hatten die Investoren schon für das Geschäftsjahr 2003 anvisiert. Wie vor drei Jahren schon kam Bäurer 2005 über 1200 ERP-Implementierungen nicht hinaus. Möglicherweise gab die geschäftliche Situation den Ausschlag für den Verkauf an Sage. Der Investor Adastra bezeichnet den Deal dagegen als "weiteren Entwicklungsschritt für Bäurer". Und Bäurer-Chef Dietmar Reinhard nennt den neuen Eigentümer gar einen "Wunschpartner".

Für das laufende Fiskaljahr hatte sich Bäurer eine Steigerung des Geschäfts um 15 bis 20 Prozent vorgenommen. "Ob der Hersteller die Wachstumsziele unter Sage realisieren kann, ist fraglich", sagt Frank Naujoks, Analyst bei IDC in Frankfurt am Main. Es dürfte nicht ganz einfach sein, den Vertrieb zu harmonisieren: Bäurer erzielt in Deutschland mehr als 90 Prozent des Umsatzes direkt, während Sage ausschließlich über Partner vertreibt. "Hauptaufgabe des deutschen Managements wird es sein, Bäurer-Produkte richtig am Markt zu positionieren", stellt Naujoks fest. Dazu zähle aber auch, Partner zu gewinnen, die Bäurer-Lösungen an den Mann bringen können. Zur Positionierung gehört auch, die Produkte voneinander abzugrenzen. Zwar richtet sich Bäurer an größere Kunden, als Sage es tut, doch auch die Office Line enthält Fertigungsfunktionen. Zur CeBIT hatte Sage das Modul "Produktion" mit einigen Erweiterungen versehen.