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Update: Microsoft wehrt sich verzweifelt gegen neues EU-Bußgeld

30.03.2006
Microsoft dürfte im Streit um die Erfüllung von EU-Sanktionen nicht um neue Millionen-Bußgelder der europäischen Wettbewerbshüter herumkommen.

Bei einer Anhörung in Brüssel wehrte sich der weltgrößte Softwarekonzern verzweifelt gegen diese neuen Strafen. Die EU-Kommission hatte mit einem täglichen Bußgeld von zwei Millionen Euro gedroht, falls der US-Gigant zwei Jahre alten Auflagen für mehr Wettbewerb beim Betriebssystem Windows nicht nachkommt.

Der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte, der in diesem Fall als Treuhänder eingesetzte britische Computerwissenschaftler Neil Barrett halte die bisher gelieferten technischen Informationen zu Schnittstellen für "völlig nutzlos". Microsoft müsse diese Daten liefern, damit Konkurrenten Produkte herstellen könnten, die mit Windows vereinbar seien. Dabei geht es um Server-Betriebssysteme.

Entscheidung in einigen Wochen

Bei der bis zum Freitag dauernden Anhörung hinter verschlossenen Türen kommen Microsoft und dessen Konkurrenten zu Wort. Eine Entscheidung über das tägliche Bußgeld wird die Kommission frühestens in einigen Wochen treffen. Die Strafe kann dann allerdings rückwirkend bis zum 15. Dezember 2005 verhängt werden. Microsoft hatte bereits vor zwei Jahren die Rekord-Strafe von knapp 500 Millionen Euro berappen müssen.

Microsoft-Chefjurist Brad Smith warnte: "Bußgelder sind keine Lösung. Wir haben (die Auflagen) erfüllt. Wir sind bereit, noch mehr zu tun. Aber wir können es nicht alleine machen." Wichtig sei eine Orientierung von Seiten der Kommission.

Der stets ruhig und konzentriert auftretende Microsoft-Manager Smith war von einer 50-köpfigen Delegation mit Anwälten und Spezialisten umgeben. Im Gegensatz zu früheren Auftritten in Brüssel vermied die Nummer Drei des Konzerns Verbal-Attacken gegen die Wettbewerbshüter.

Madero wirft Microsoft "Medienaktion" vor

Scharf äußerte sich hingegen der für den Fall direkt verantwortliche EU-Beamte Cecilio Madero. Die vom Konzern verlangte - und von der Kommission abgeschmetterte - Öffnung der Anhörung für das Publikum sei eine "reine Medienaktion" von Microsoft gewesen. Jedes Unternehmen, das sich in einem Wettbewerbsfall verantworten muss, hat in Brüssel Recht auf eine mündliche Anhörung. Die Niederländerin Kroes, die mit Microsoft ihre erste große Bewährungsprobe bestehen muss, war auf Dienstreise - ausgerechnet im Heimatland des Softwaregiganten.

Kroes wird sich das gesamte Frühjahr mit dem schwierigsten Fall in ihrem Haus herumschlagen müssen. Ende April wird es im Luxemburger EU-Gericht eine mündliche Verhandlung zu der Microsoft-Klage gegen die EU-Sanktionen geben. Der Konzern setzt in seinem Kampf gegen die Wettbewerbshüter vor allem auf den Rechtsweg. Kroes ist entschlossen, nicht klein beizugeben. Erst vor wenigen Tagen schickte sie an Microsoft-Konzernchef Steve Ballmer einen Warnbrief. Darin droht die streitbare Kommissarin neuen Ärger wegen des neuen Betriebssystems Windows Vista an - bereits Monate vor dessen Start. (dpa/tc)