Update: Krankenversicherungen schmieden IT-Allianz - ohne SAP

27.11.2006
Die zur Zusammenarbeit entschlossenen 220 gesetzlichen Krankenkassen haben ihre Verhandlungen über eine gemeinsame IT-Holding aufgenommen. Sie glauben weiterhin, billiger fahren zu können, als die AOKs mit ihrer SAP-Lösung.

Eine Lager-Bildung unter den IT-Dienstleistern in der deutschen Krankenkassenlandschaft ist nicht mehr aufzuhalten. Nachdem die DAK, Deutschlands zweitgrößte Kasse, der BKK-Bundesverband, der IKK-Bundesverband sowie einige Ersatzkassen vereinbart haben, auf dem Gebiet der IT und dazugehörigen Services gemeinsame Sache machen zu wollen, soll es nun mit der Umsetzung schnell gehen: Bis zum Juni 2007 soll in einer ersten Phase eine Bewertung der betroffenen Rechenzentren und Dienstleister abgeschlossen sein. Es sind dies die ISC WEST eG, GSKV GmbH , IKK ISC, ITSC (die sich aber nicht an der Holding beteiligen will), das Rechenzentrum der IKK Baden-Württemberg und Hessen sowie die noch nicht rechtlich verselbständigte IT-Gesellschaft der DAK.

Ziel ist es, innerhalb von zwei Jahren den größten Anbieter von IT-Lösungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu schaffen. Dieser wäre für die derzeit rund 220 Krankenkassen (von etwa 250 in Deutschland) mit 26 Millionen Versicherten (rund 40 Prozent Marktanteil in der GKV) zuständig. Die Holding soll im Endausbau ein jährliches Budget von 200 Millionen Euro erhalten und über 1000 Mitarbeiter beschäftigen. Als Basissoftware soll das Krankenkassensystem "ISKV 21c" dienen, das vom gemeinsamen Dienstleister ISKV GmbH in Essen stammt. Die Software steht kurz vor der Auslieferung und basiert auf einer Java-Architektur sowie auf sie abgestimmte betriebswirtschaftliche Standardsoftwaremodule des Anbieters Wilken GmbH in Ulm. Damit entscheidet sich das Bündnis auch technisch für einen anderen Weg als die Gruppierung aus AOK-Landesgesellschaften mit ihren Dienstleistern AOK Systems und der Barmer Ersatzkasse . Diese hatten im April beschlossen, ihre IT-Aktivitäten und Ressourcen über die Arbeitsgemeinschaft "gkv Informatik" zu bündeln und allein auf die Lösung "Oscare" zu setzen. Diese nutzt Standardsoftware der SAP und ist ebenfalls in der Entwicklung.

Laut Frank Krause, Geschäftsführer der ISKV, sollen die Verhandlungen über die Details der IT-Holding in dieser Woche beginnen. Zwar sei eine Analyse der wirtschaftlichen Verhältnisse und Risiken der Dienstleister geplant, doch sollen diese auf jeden Fall zunächst unverändert in die gemeinsame Gesellschaft überführt werden: "Es soll keine Fusion mit Gewalt, Standortschließungen und Personalabbau sein", sagt Krause. Es sei aber sicher, dass sich Aufgaben verlagern würden und es zu einer Vereinigung von Rechenzentren kommen werde. Zwar würden die Verhandlungen wohl bis in das Jahr 2008 andauern, aber man wolle bereits jetzt Weichen stellen, um etwa zu verhindern, dass die Akteure beispielsweise auf dem Gebiet der Telematik parallel entwickeln. Es sei ausgemacht, dass die IT-Holding künftig in die einzelnen Gesellschaften "hineinregieren" könne, wobei bestehende Verträge unverändert weiterliefen. Offen ist derzeit noch, wer die Leitung übernehmen wird.