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Update: Keine Lösung für BenQ Mobile in Sicht

09.01.2007
Im Tauziehen um eine Rettung des insolventen Handyherstellers BenQ Mobile ist weiterhin keine Lösung in Sicht.

Am Dienstag präsentierten zwei der Interessenten bei einer Sitzung des Gläubigerausschusses in München ihre Fortführungskonzepte für die ehemalige Siemens-Handy-Sparte mit ursprünglich mehr als 3000 Beschäftigten. Die Sitzung, an der neben Insolvenzverwalter Martin Prager auch Vertreter von Lieferanten, Kreditversicherern, IG Metall und der Bundesagentur für Arbeit teilnahmen, dauerte am Nachmittag noch an. Mit konkreten Ergebnissen wurde zunächst nicht gerechnet.

Zu den Interessenten gehört eine deutsch-amerikanische Investorengruppe um den ehemaligen DaimlerChrysler-IT-Manager Hansjörg Beha. Sie will die Handy-Produktion des insolventen Unternehmens im Falle einer Übernahme nach eigenen Angaben so schnell wie möglich wieder aufnehmen. "Wir können sofort starten", sagte Beha der dpa. Ziel sei es, noch vom lukrativen Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr zu profitieren. Zunächst wollten die Investoren 800 der ursprünglich mehr als 3000 BenQ-Mobile-Mitarbeiter übernehmen. "Man muss ja sicher beginnen", sagte Beha. Später sei eine Aufstockung des Personals denkbar.

Der zweite Interessent, die US-Firma Sentex Sensing, könnte sich Medienberichten zufolge die Übernahme sogar von 1700 Mitarbeitern vorstellen und ist laut President Henrik Rubinstein ebenfalls zur Handy-Produktion bereit. Allerdings wurden in Branchenkreisen Zweifel an der Finanzkraft des Unternehmens angemeldet. Wie die Investorengruppe um Beha soll Sentex konkrete Bedingungen für eine Übernahme von BenQ Mobile geäußert haben, die allerdings zunächst nicht bekannt wurden.

Das Insolvenzverfahren für die deutsche Tochter des taiwanischen Elektronikkonzerns BenQ war zum Jahresbeginn eröffnet worden. Gut drei Monate zuvor hatte die Mutter dem Unternehmen nach anhaltenden Umsatzrückgängen und Marktanteilsverlusten den Geldhahn zugedreht, und die ehemalige Siemens-Handy-Sparte damit in die Pleite gesteuert. Nach Angaben der Sprecherin von Insolvenzverwalter Prager gibt es noch weitere Interessenten für BenQ Mobile, die Namen oder eine genaue Zahl sind aber weiterhin nicht bekannt.

Ein IG-Metall-Sprecher äußerte sich zurückhaltend zu den Aussichten der möglichen Rettungskonzepte. Bisher seien noch keine Details über die Pläne von Sentex Sensing bekannt, zudem sei der Vorschlag der Investorengruppe um Beha, BenQ-Mobile-Mitarbeiter zumindest anfangs kostenfrei zu beschäftigen, "schon aus juristischen Gründen" nicht machbar. Beha selbst wies dies im Gespräch mit dpa zurück. "Wir haben nie gesagt, dass die Menschen gratis arbeiten sollen." Für die Beratungen im Gläubigerausschuss zeigte er sich zuversichtlich. "Ich denke, unsere Argumente werden sich durchsetzen."

Am Vortag hatte Beha sein Konzept auch bei einem Gespräch im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium erläutert. Dabei waren Finanzierungsfragen strittig geblieben. Beide Interessenten hatten sich zudem enttäuscht über bisherige Verhandlungen mit Nordrhein-Westfalen über Finanzierungsaussichten gezeigt.

In der Deutschland-Zentrale von BenQ Mobile am Münchner Ostbahnhof hat der Pförtner derweil nicht mehr viel zu tun. Wo bis vor wenigen Monaten noch mehr als 1000 Mitarbeiter aus Deutschland, Taiwan und anderen Ländern ein- und ausgingen, passieren heute nur noch wenige Dutzend Menschen die Zutrittsschranken. Nur die Weltzeit-Uhr über dem Empfang erinnert noch daran, dass BenQ Mobile bis vor kurzem zu den Global Playern der Handy-Branche gehörte. Die meisten Büros in der weitläufigen Firmenzentrale stehen inzwischen leer. Die Kantine hat schon dicht gemacht, ein Pizza-Dienst liefert den übrig gebliebenen Mitarbeitern das Mittagessen.

Und jetzt - neue Hoffnung oder doch nur eine Strohfeuer? Wenn die BenQ-Mitarbeiter in Kamp-Lintfort, München und Bocholt den Worten von Hansjörg Beha Glauben schenkten, müsste in ihnen eigentlich eine Spur Zuversicht aufkeimen. Doch bei vielen der Beschäftigten macht sich nach monatelangem Bangen und Hoffen inzwischen Ernüchterung breit. "Ich mache mir keine großen Hoffnungen", sagt beispielsweise Sven Richter über die letzten Rettungsbemühungen von BenQ und die Avancen von zwei Kaufinteressenten.

"Ich bin wirklich gespannt, was bei den Gesprächen herauskommt", sagte der 36-jährige Mann, der seit fast zehn Jahren zunächst bei Siemens und dann bei BenQ Mobile in Kamp-Lintfort in Lohn und Brot stand. Aber Illusionen macht er sich nicht. Bei der Betriebsrätin Angelika Scheer pochen zwei Seelen in der Brust: "Ich bin hin- und hergerissen", sagt sie, "wie das wohl ausgehen wird?" Und dann macht sie sich etwas Mut und greift nach dem Strohhalm: "Anscheinend ist da noch Spielraum drin".

Auch Betriebsratschef Michael Leucker setzt auf die Investorengruppe um Beha. "Wir hoffen, sie bekommt die Finanzierung noch hin", sagte er der "Netzeitung". Die Handys, die im Foyer der Münchner Konzernzentrale im Schaukasten ausgestellt sind, muten jetzt schon an wie Museumsstücke. 34 Modelle von BenQ und Siemens zeugen von einem Stück deutscher Industrie-Geschichte. Bei den Kunden kamen die Modelle made in Germany einfach nicht an. Weder Siemens noch BenQ gelang es, mit den großen Wettbewerbern Nokia, Motorola, Sony Ericsson und Samsung mitzuhalten. Einer der Interessenten für BenQ Mobile hat schon angekündigt, im Falle der Übernahme mit einem neuen Namen zu starten - die Marke BenQ Mobile gilt als verbrannt. "Keiner wird heute noch ein Handy kaufen, auf dem BenQ drauf steht", sagt ein Branchenkenner. "Da hilft auch die beste Marketing-Kampagne nicht mehr." (dpa/tc)