Kolumne

"Unzuverlässige Informationen"

14.08.1998

Im Internet gilt die freie Rede als oberster Wert. Die Folge ist die ungehinderte Möglichkeit der Veröffentlichung - weltweit. Das hat durchaus Vorteile: Aufgrund von Platzmangel in den Printmedien und Zeitmangel im Rundfunk kommen viele Meldungen, ja ganze Interessensgruppen zu kurz. Im globalen Netz dagegen werden lange Gesetzestexte ebenso zugänglich gemacht wie Archivmaterial. Die Medienlandschaft wurde um eine gut gefüllte Fundgrube bereichert.

Weltweit zehrt die Wirtschaft in zweifacher Weise von dieser Redefreiheit. Zum einen decken sich Unternehmen gezielt mit wertvollen Informationen über ihre Kunden ein (siehe Thema der Woche, Seite 9), zum anderen locken sie umgekehrt surfende Interessenten auf ihre Web-Seiten.

Im Internet können die Unternehmen sich und ihre Produkte in strahlendstem Licht erglänzen lassen, ohne befürchten zu müssen, daß aufmerksame Redakteure mühsam formulierte und gestylte Pressemitteilungen lediglich als Input für einen möglicherweise kritischen Artikel verwenden oder, schlimmer noch, die Information nach der Lektüre im Papierkorb verschwinden lassen. Gäbe es hierzulande nicht so viele Internet-Muffel, die Industrie bräuchte die klassischen Medien eigentlich nur noch zur Bekanntgabe ihrer Web-Adressen.

Doch der ungehinderte Zugang zur Weltöffentlichkeit wirft die Frage nach der Glaubwürdigkeit auf. Wer die Tagesschau anschaltet, erwartet, daß die gezeigten Nachrichten stimmen. Dasselbe gilt, wenn man sich durch ein Fachbuch arbeitet oder eine seriöse Zeitung liest. Auch wenn es nicht immer klappt, im Grunde ist Verlaß darauf, daß Journalisten ihrer Sorgfaltspflicht genügen oder, wenn nicht, sie als "Verantwortliche im Sinne des Presserechts" für eine Falschmeldung einstehen müssen.

Im weitläufigen Internet dagegen vermischen sich ständig richtige und falsche, wichtige und läppische Meldungen zu einem Informationswirrwarr, in dem mitunter selbst geübte Surfer die Orientierung verlieren. Gerade hier setzt die eigentliche Aufgabe von Journalisten an. Sie sichten und prüfen Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Bedeutung. Erst dadurch erzeugen sie die zuverlässige Information, auf deren Basis Bürger, Politiker und Unternehmen ihre Entscheidungen treffen können.