Schadenersatzansprüche ohne wirklichen Schaden?

Unwirksame Rücktrittsklausel zugunsten des Auftraggebers

03.05.1991

Was tun, wenn die in Auftrag gegebene Software nicht funktioniert? Wer kommt für den Schaden auf? Es empfiehlt sieh, Klauseln in den Entwicklungs-Werkvertrag aufzunehmen, die hier für Klarheit sorgen. Doch Vorsicht: Nicht jede Klausel ist wirksam.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Überlassung von DV-Programmen war folgendes vereinbart worden: "Hat der Auftraggeber seine Leistungen vereinbarungsgemäß erbracht und wurden während der Funktionsprüfung Abweichungen von der, Leistungsbeschreibung festgestellt, kann der Auftraggeber, vom Vertrag zurücktreten. In diesen Falle zahlt der Auftragnehmer unabhängig vom Zeitpunkt des Rücktritts einen pauschalierten Schadenersatz für 100 Kalendertage, wenn die Funktionsprüfung ergeben hat, daß das Programm nicht wirtschaftlich, genutzt werden kann, es sei denn, der Auftragnehmer weist nach, daß er die Gründe hierfür nicht zu vertreten hat."

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 27. 11. l990 - X ZR 26/90 - war diese Klausel nichtig. Sie weicht vom gesetzlichen Leitbild des Werkvertrages in zwei wesentlichen Punkten ab. Einmal läßt das ganz allgemein bei nicht pünktlicher vertragsgerechter Leistung die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen Nichterfüllung erst zu, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer zuvor eine Frist zur Erfüllung gesetzt hat, die mit der Erklärung verbunden sein muß, daß er die Annahme der Leistung im Falle des fruchtlosen Fristablaufs ablehnen werde.

Zum anderen räumt das Gesetz dem Auftraggeber im Falle, des fruchtlosen Fristablaufs nur die Möglichkeit ein, entweder das Rücktrittsrecht auszuüben oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Wer das Rücktrittsrecht ausübt und damit den Vertrag beseitigt hat, kann nicht mehr auf diesen Vertrag als Grundlage eines Schadenersatzanspruchs zurückgreifen.

Die Klausel entfernte sich aber zum Nachteil des Auftragnehmers weit von den gesetzlichen Regelungen des BGB im allgemeinen und den grundlegenden Prinzipien des Werkvertragsrechts im besonderen. Dies war mit den Geboten von Treu und Glauben nicht mehr zu vereinbaren

Nach dem Vertragstext sollte dem Auftraggeber nicht nur ein Verzögerungsschaden zustehen, wie er im Gesetz vorgesehen ist. Besonders bedenklich war, daß dem Auftragnehmer der Nachweis abgeschnitten sein sollte, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Er sollte schlechthin die Überlassungsvergütung für 100 Tage zahlen.

Dr. Franz Otto ist Rechtsanwalt in Witten-ommern