Unterwegs zur griffigen Bürokommunikation:\Informationsglocke über dem Konzern

21.03.1980

Die Nutzung der elektronischen Daten- und Textverarbeitung zur Verbesserung ihres Services und zur Kostensenkung stellt für die Banken ein wesentliches Problem dar. Vertreter von 44 Großbanken aus 14 Ländern diskutierten in Zürich auch über Fragen der Automation von Arbeitsplätzen, bei denen jedem Mitarbeiter sein Fenster zum Computer offensteht.

Lassen Sie mich Sie in das Thema "Arbeitsplatz-Automation" mit einigen Zitaten einführen:

"Es gibt Spekulationen, daß in 10 Jahren die Büro-Systeme umfangreicher sein werden als Computer-Systeme" (Business-Week, Juli 1975).

"Es ist überhaupt keine Frage, daß das Büro in den nächsten Jahren ein völlig neues Gesicht bekommt. Die Ergebnisse unserer Arbeit werden das Büro in ähnlicher Weise verändern, wie das Düsenflugzeug das Reisen revolutionierte und das Fernsehen das Familienleben veränderte" (Leiter des Forschungszentrums der Xerox-Corp.).

Gerade der letzte Satz dieses Zitates flößt uns aber auch Angst ein, denn wir haben alle miterlebt, wie das Fernsehen der Kommunikation innerhalb der Familiengemeinschaft schaden kann. Deshalb möchte ich auch vor einem "goldenen Käfig" warnen. Nicht nur die Umwelt muß stimmen, auch die Zusammenarbeit, der Teamgeist, die Kommunikation der Menschen im Betrieb. Wir dürfen nicht die Technik fördern und den Menschen in gleichem Maße vernachlässigen.

Eine Studie der amerikanischen Firma Frost & Sullivan sagt: "Büro-Automation wird über die simple Textausgabe hinausgehen und die Funktionen von Bürokopierern, Vervielfältigern, Faksimile-Geräten, Fernsprech-Apparaten, Mikro-Film-Systemen und Daten-Verarbeitungs-Anlagen integrieren.

Bis Ende 1987 errechnet Frost & Sullivan einen Gesamt-Umsatz von 300 Milliarden US-Dollar für diesen Markt."

Wie sieht ein Büro-System von heute aus:

Personen: (Führungskräfte, Sachbearbeiter, Schreib- und Hilfskräfte), die mit Hilfe von

Maschinen: (Schreibmaschine, Kopierer, Telefon, Rechner, Computer)

Informationen: verarbeiten (Texte, Graphiken, Daten, Stimmen), um einen

Prozeß: durchzuführen und abzuschließen.

Ein solches Büro-System hat folgende Schwachstellen:

- steigende Kosten, wie Personalkosten, Kommunikationskosten. Es fehlt ein Kommunikationssystem, das fähig ist, über einen gesamten Konzern hinweg zu funktionieren;

- steigende Mitarbeiterzahl;

- wenig effiziente Verteilung;

- unauffindbare Informationen;

- geringe Sicherheit;

- manuelle Verfolgung/Kontrolle von Unterlagen.

Eine Verteilung der Bürokosten spiegelt dieses Bild wider: Personalkosten 70 Prozent, Maschinen, Raum, Material 30 Prozent.

Wen wundern diese Zahlen, wenn wir uns die Arbeitsplätze von heute betrachten. Nehmen wir den Schreibtisch einer Führungskraft; wir finden ein Telefon, in seltenen Fällen bereits einen Bildschirm, die meiste Information jedoch kommt in Form von Listen.

Bei der Sekretärin finden wir die Schreibmaschine, das Telefon und Diktiergerät. Die Hauptarbeit ist dem Schreiben gewidmet. Der Kostenvergleich für einen Brief zeigt, daß die heutige Art Briefe zu schreiben die teuerste ist.

Bei unseren Sachbearbeitern sehen wir das gleiche Bild. Die meiste Information kommt auf Papier, vielfach noch auf mehreren Listen, so daß die benötigten Zahlen erst zusammengestellt werden müssen. Eine Ausnahme stellen heute diejenigen Banken dar, die in den Außenstellen ihre Schalter- und Berater-Terminals eingesetzt haben. Trotzdem darf ich Sie darauf hinweisen, daß von 60 000 Schaltern im deutschen Bankgewerbe nur 15 bis 20 Prozent online arbeiten. Eine weitere Ausnahme bilden die Arbeitsplätze der EDV-Fachleute. Hier sind seit langem Terminals eingesetzt. Von allen Sachbearbeitern arbeiten jedoch nur 3 bis 5 Prozent online.

Für uns als Anwender ist von größter Bedeutung, daß der Schreibtisch der Zukunft nicht mit so vielen Terminals versehen ist, wie er heute mit listen ausgelegt wird. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, mit dem Hersteller zusammenzuarbeiten, um letztendlich unsere Arbeiten mit einem Universal-Terminal erledigen zu können. Unsere Forderung besteht doch dann: Weg vom Papier und der Schreibmaschine, hin zum Bildschirm. Er ist geräuschärmer und ermöglicht uns einen Informationsaustausch untereinander und mit der Groß-EDV. Lassen Sie uns nicht vergessen, daß das Büro Drehscheibe der Verarbeitung und Übermittlung eines permanent steigenden Informationsvolumens ist.

In der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank fand kürzlich eine Umfrage bei den Außenstellen statt, die bestätigt hat, daß man vom Papier zum Bildschirm will. 68 Prozent der Befragten möchten die Abfragemöglichkeit über Terminal kurzfristig realisieren, 29 Prozent mittelfristig und nur 3 Prozent erachten diese Möglichkeit als unwichtig.

Betrachten Sie den Arbeitsplatz der Sekretärin. Sie müßte ihre Arbeit nur einmal am Bildschirm eingeben, Verbesserungen und Neuerstellen geschehen dann ohne Aufwand. Ein automatisches Verteilen von hausinterner Post wird ermöglicht. Ebenso das automatische Einspielen von Adressen aus der Datenbank.

Beim Arbeitsplatz des Sachbearbeiters bringt die Ausrüstung mit Terminals den direkten Zugriff zu benötigten Informationen. Insbesondere, da im Bankenbereich die Marketingprozesse gegenüber den Administrationsprozessen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ebenso Entscheidungs- und Planungsprozesse. Marketingprozesse werden dezentralisiert, Administrationsprozesse dagegen zentralisiert. Beim Sachbearbeiter bestimmt insbesondere die Struktur des Entscheidungsproblems den Grad der Automatisierbarkeit.

Forderungen an den Hersteller

Was sind die Voraussetzungen für ein Büro-System der Zukunft, wie wir sie von den Herstellern fordern sollten:

- Work-Stations für "Alle";

- Verbindung der Work-Stations zu den operationellen Systemen;

- inklusive Text, Graphik, Stimme;

- Hilfe für Vorgesetzte, Sachbearbeiter und Sekretärinnen.

Welche Zielsetzungen verbinden wir mit einem solchen System?

- Verbesserung der Kommunikation;

- verbesserter Zugriff zu Informationen;

- schnellere Verteilung der Informationen. Schneller Informationsfluß gewinnt für Unternehmensleitungen umso mehr an Bedeutung, je schwieriger das Geschäft wird;

- Verwaltung der Informationen.

Daraus ergeben sich funktionelle Anforderungen:

- Dokumentenerfassung: Die Dokumente müssen maschinenlesbar sein, eine Konvertierung von Text und Zahlen in codierte Formen muß gewährleistet sein und die Speicherung von Bildern und Graphiken ermöglichen.

- Dokumenten-Erstellung: Eingabe und Korrektur muß einfach gehalten werden. Ein automatisches Einfügen von gespeicherten Informationen muß bestehen und eine ganzseitige Bildschirmwiedergabe gewährleistet sein.

- Verteilung und Empfang: Ein automatisches Verteilen an alle Adressaten, das Auffinden und Einfügen der Namen und Adressen, elektronische Post auch außerhalb der eigenen Firma.

- Ablage, Wiederauffinden: Dokumente mit Index versehen; Suchbegriffe: Autor, Empfänger, Datum; Kurzbeschreibung der Dokumente; Sortierung von Dokumenten.

- Formatisieren und Ausgabe: Möglichkeit des Ausdruckens; Erstellen von Folien.

- Systemerfordernisse: Sicherheit; Verbuchen der Anschluß- und Benutzungszeiten; Dateienverwaltung; Interface zu Datenbanken der EDV.

Um ein System zu erstellen, das diese Erfordernisse erfüllt, fehlt uns heute die Software, die unsere Großcomputer befähigt, mit Textverarbeitungsgeräten zu kommunizieren. Außerdem muß selbstverständlich gewährleistet werden, daß die Hardware von mehreren Herstellern zusammenarbeiten kann.

In Washington läuft derzeit ein Test, bei dem die Hardware von 17 Herstellern zusammenarbeitet, um ein elektronisches Büro zu betreiben. Ankommende Post wird optisch gelesen, ausgehende Post von den Textverarbeitungsanlagen erstellt. Zehn Mitarbeiter verarbeiten hier Informationen, die ein nicht so ausgestattetes Büro mit 50 Leuten bewältigen müßte.

Die Aussage ist, daß 300 der 500 größten Firmen bis 1982 ein elektronisches Bürosystem haben werden. Dies sollte eine enorme Reduzierung an Telefonaten mit sich bringen.

Eine Studie in England zeigt, daß mit den heutigen Geräten eine Effizienzsteigerung von zehn bis 70 Prozent möglich ist: Um jedoch kostendeckend zu arbeiten, ist eine Steigerung von mindestens 80 Prozent nötig.

Die neue Technik muß sich den Forderungen der Organisation unterordnen, sich dem geforderten Profil optimal anpassen. Das setzt einen permanenten Dialog zwischen Anwender und Hersteller von bürotechnischen Systemen voraus. Besonders zu beachten ist dabei die Kompatibilität neuer Systeme und Systemteile zu bereits vorhandenen Einrichtungen.

Die technischen Voraussetzungen für solche Systeme sind heute bereits erkennbar.

Die softwaremäßigen Voraussetzungen fehlen uns noch, so wird es von Bedeutung sein, neue Datenbankstrukturen mit besseren Zugriffszeiten zu erstellen.

Eine weitere wesentliche Voraussetzung für das Büro der Zukunft ist die Kommunikation mit dem Mitarbeiter. Viele fühlen sich von der Technik bedroht, weil sie Zusammenhänge nicht erkennen und nicht rechtzeitig auf notwendige Änderungen hingewiesen und vorbereitet werden. Wir alle müssen es uns deshalb zur Aufgabe machen, durch die Information der Mitarbeiter ihnen diese Angst zu nehmen. Eine Aufgabe, der sich kein Unternehmen verschließen sollte, denn die Leistung eines Mitarbeiters hängt direkt ab von seiner Arbeitszufriedenheit.

Die Automatisierung des Arbeitsplatzs erfordert von uns auch eine Studie, damit ein besseres Verständnis des Büros geweckt wird. Es müssen die Verbindungen innerhalb des Büros und nach außen festgehalten werden. Ebenso die Erfordernisse, die das Büro hat, und selbstverständlich die menschlichen Belange.

Diese Studie führt uns hin zum Aufbau einer Strategie für die Einführung eines automatischen Arbeitsplatzes:

- EDV und Organisation zusammen;

- langfristige Planung;

- Pilotinstallation mit Sekretärin und Textverarbeitung;

- Aufzeigen der Resultate;

- Erweiterung auf Führungskräfte;

- Erweiterung auf verwandte Organisationseinheiten;

- Benutzung des bestehenden Terminal-Netzwerkes;

- Zugriff zu Daten der EDV.

Hier wird die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes deutlich sichtbar, das die Elemente der Daten- und Textverarbeitung, der Speicherung sowie der Telekommunikation mit den Erfordernissen der Organisation zusammenfaßt und zu einem "Büro-System" werden läßt.

*Manfred Cerwenka ist Abteilungsdirektor der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, München. Der Vortrag erschien in "Automation of Bank Operations in the Eighties", Report of Seco