Unterstützt man die Anwender nicht so sinkt die Akzeptanz

24.07.1987

Neugier ist zunächst wichtiger als Technikwissen: Wenn Mitarbeiter aus freiem Willen in die "CAD-Lehre" gehen, tritt nach den ersten Trainingsstunden nicht selten ein "Schneeball-Effekt" ein, kann Edwin Hettesheimer, Leiter der Abteilung Technische Datenverarbeitung, Geschäftsbereich Elektrowerkzeuge, bei der Robert Bosch GmbH, beobachten. Lernbereitschaft und Engagement wachsen stark an. Um diesen Schwung beim Wissenserwerb zu unterstützen, sind immer auch Informationsveranstaltungen zum Thema computerunterstütztes Konstruieren für das Management angesagt.

- Schulung und Ausbildung nehmen bei der Einführung neuer Technologien einen besonderen Schwerpunkt ein. Inwieweit trifft dies auch für die CAD-Anwendung im Geschäftsbereich Elektrowerkzeuge bei Bosch zu?

Bei der Einführung neuer Technologien - so auch bei der Einführung der CAD-Technologie - sind technische, organisatorische und personelle Aspekte inhaltlich aufeinander abgestimmt zu planen und zu realisieren.

Motivation, Akzeptanz und letztlich die Wirtschaftlichkeit sind wesentlich davon abhängig, wie gut es gelingt, die genannten drei Aspekte an den unternehmensspezifischen Erfordernissen ausgerichtet, miteinander zu verzahnen.

Insbesondere beim Start, also in der Einführungsphase, nehmen dabei Schulung und Ausbildung einen besonders hohen Stellenwert ein. Denn im Unternehmen sind bereits definierte Qualifikationsstrukturen vorhanden, und zwar an den herkömmlichen Arbeitstechniken ausgerichtet, nicht aber an CAD.

Um nun aber die Möglichkeiten dieser Technologie effizient nutzen zu können, muß somit zuallererst entsprechendes Know-how bei Konstruktions-Mitarbeitern aufgebaut werden. CAD-Anwender zu gewinnen, ist jedoch indes nur ein Ziel von Schulungs- und Ausbildungsmaßnahmen.

Daneben führen wir in zeitlichen Abständen immer wieder Informationsveranstaltungen - also auch eine Art von Schulung - für das mittlere und höhere Management durch Denn wesentlich ist, daß diese Entscheidungsträger die neue Technologie verstehen und mittragen. Schließlich stellen gerade sie die entsprechenden Mitarbeiter für Schulungs- und Ausbildungsmaßnahmen frei.

- Entstehen im Umfeld der CAD-Anwendung neue Tätigkeitsbereiche?

Ja, bei der CAD-Anwendung muß zwischen drei verschiedenen Tätigkeitsbereichen unterschieden werden.

Zum einen sind dies die CAD-Anwender, also Ingenieure, Techniker und technischen Zeichner, die das CAD-System als Hilfsmittel für ihre Konstruktionsaufgaben einsetzen.

Weiterhin wäre die Funktion des Systembetreuers zu nennen, der für die prinzipielle Betriebsbereitschaft der Hard- und Software verantwortlich ist, und der sein Know-how in aller Regel bei Systemlieferanten erwirbt.

Dann gibt es noch die wichtige Funktion des Anwendungsprogrammierers beziehungsweise Anwendungsanalytikers. Er übernimmt die Entwicklung und Wartung von anwendungsspezifischer Software, mit

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"Wesentlich ist, daß Entscheidungsträger die neue Technik verstehen und mittragen. Schließlich stellen gerade sie die Mitarbeiter für Schulung und Ausbildung frei."

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der ein CAD-System erst effizient eingesetzt werden kann. Für diese Funktion sind sowohl detaillierte Systemkenntnisse als auch detaillierte Konstruktionskenntnisse für das vorliegende Produktspektrum erforderlich.

Die Entscheidung darüber, wer nun die genannten drei Tätigkeitsbereiche betreut - ob eine oder aber mehrere Personen -, hängt von der Größe des CAD-Systems ab.

- Mit welchen Studienfächern kann sich der Student auf die Tätigkeit der Anwendungsanalyse vorbereiten?

Ich möchte unsere Situation als Beispiel nennen. Wir haben innerhalb der Abteilung "Technische Datenverarbeitung" zwei Anwendungsanalytiker, die im Rahmen der CAD-Einführung von extern kamen. Beide haben Maschinenbau studiert und sich bereits im Studium durch Vorlesungen, Praktika sowie mit der Diplomarbeit auf diese Technik spezialisiert.

- Wie sehen nun die fachlichen Voraussetzungen für potentielle CAD-Anwender aus?

Der Großteil unserer CAD-Anwender brachte keine fachlichen Voraussetzungen im Sinne von CAD-Kenntnissen mit. Meines Erachtens ist dies auch nicht ausschlaggebend. Wichtiger ist vielmehr, daß die Mitarbeiter die Bereitschaft haben, CAD kennenzulernen und nicht von "oben" her, per Anordnung, für eine CAD-Schulung abgeordnet werden. Dies ist insbesondere für die allererste Schulungsveranstaltung wichtig. Danach tritt oftmals ein Schneeballeffekt ein, bei dem einer den anderen motiviert.

Für die Ausbildung kommt jeder Konstruktionsmitarbeiter in Frage. Wir unterscheiden dabei nicht zwischen Technischen Zeichnern, Technikern und Ingenieuren.

- Wie bildet der Geschäftsbereich Elektrowerkzeuge die CAD-Anwender aus?

Prinzipiell schulten - und schulen - wir die CAD-Anwender vor Ort: im Unternehmen.

Die allererste Schulung führten wir selbst durch, damit wir spezielle Erfordernisse, wie beispielsweise vorhandenes Know-how, gezielt beurteilen können. Auf diesen Erfahrungen basierend, legten wir dann die inhaltlichen Schwerpunkte unseres Ausbildungskonzeptes fest. Zwischenzeitlich wird die CAD-Schulung von der zentralen Ausbildungsabteilung durchgeführt.

Die Ausbildung gliedert sich bei uns in vier Stufen. Als erstes werden grundlegende DV-Kenntnisse vermittelt, um dem zukünftigen CAD-Anwender einen Einblick in die komplexe DV-Welt zu ermöglichen. In einem zweiten Schritt wird der Aufbau des CAD-Systems sowie die zugrundeliegende Philosophie erläutert.

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Im Rahmen der Schulung sind zwei gegensätzliche Dinge unter einen Hut zu bringen: Wissensvermittlung und Tagesgeschäft. Dabei gilt es, den "goldenen Mittelweg" zu finden.

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Dann erst beginnt die eigentliche CAD-Systemschulung, die sich ihrerseits in den Grundkurs und Ü aufteilt. Wir setzen das System "Euclid" der Firma Matra Datavision ein.

- Wie bauen Sie Ihre Schulung auf?

Im Rahmen der Schulung sind zwei gegensätzliche Dinge unter einen Hut zu bringen: Wissensvermittlung und Tagesgeschäft. Dabei gilt es, den "goldenen Mittelweg" zu finden. Wir praktizieren daher einen Mix zwischen Schulung und Tagesgeschäft.

Vormittags erfolgt cirka zwei Stunden theoretischer Unterricht. Darauf folgen dann praktische Gruppenübungen, wobei sich zwei Leute einen CAD-Arbeitsplatz teilen und im Schnitt cirka drei Stunden üben.

Die eigentliche Einweisung in das System dauert insgesamt 18 Tage; hinzu kommen 15 Tage Übung. Danach kommt der Part "Training-on-the-Job" anhand kleinerer, ausgewählter Konstruktionsbeispiele. Diese Phase erstreckt sich etwa über zwei Monate.

Unser Konzept bestätigen Zahlen des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). Sie decken sich mit unseren Erfahrungen: Der gesamte Aufwand für den Anwender an einem 2D-System beträgt zwei bis vier Wochen, an einem 3D-System fünf bis sechs Wochen. Desweiteren sollte nach dem VDT der Zeitaufwand an den Systemen zwischen 50 und 60 Prozent liegen, wie auch bei uns.

- Nutzen Sie besondere Übungsrechner?

Übungsrechner haben wir nicht. Wird ein CAD-System eingeführt entsteht hinsichtlich der Effizienz ein Anlaufkurvenverhalten. Wie schnell die Effizienz steigt, ist weitgehend von der Schulung abhängig. Also standen für die erste Schulung zunächst sämtliche Arbeitsplätze ausschließlich dafür zur Verfügung.

- Müssen sich die "CAD-Lehrlinge" nach Abschluß der Schulung bewähren? Stehen ihnen "alte Hasen" zur Seite?

Hier werden meiner Meinung nach noch viele Fehler gemacht. Mitarbeiter erfahren nach Abschluß von Schulungen häufig kaum Betreuung. Eine Schulung vermittelt lediglich Grundwissen. Der eigentliche Aufbau von Know-how kommt erst danach im Rahmen der praktischen Anwendung. Dazu ist eine entsprechende Hilfestellung erforderlich - in unserer Abteilung hat dies höchste Priorität. Unterstützt man die Anwender nicht, so sinkt die Akzeptanz.

- Wann können 2D- oder 3D-Zeichnungen von einem "CAD-Lehrling" erstellt werden? Gibt es da zeitliche Erfahrungswerte?

Bei uns gewonnene Erfahrungswerte sind noch nicht repräsentativ. Bei der Fragestellung ist außerdem zu differenzieren: Wenn es sich um 2D-Systeme - reine Zeichnungserstellung - handelt, dann relativ schnell, im Gegensatz zu 3D-Systemen, wo zunächst einmal das Teil dreidimensional im Rechner aufgebaut und daraus die Zeichnung abgeleitet werden muß. Ein weiterer Aspekt: Wie komplex ist das Teil? Einfache Teile werden bereits im Rahmen des Training-on-the-Job bearbeitet, aber ein komplettes Erzeugnis mit CAD zu konstruieren, ist eben weitaus schwieriger. Nach drei bis vier Monaten können Mitarbeiter indes so weit sein, um Konstruktionen, die in unserem Anwendungsfall nicht Gehäuse betreffen, abzuwickeln. Gehäuse besitzen eine spezielle Problematik, denn es handelt sich dabei um Freiformflächen.

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"Taucht das Moment Leistungsdruck auf, fragen sich die Mitarbeiter mit Recht:, Habe ich mich engagiert, um mich Druck auszusetzen?"

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Um ein solches Anwendungsmodul zu gebrauchen, besitzen die Anwender noch nicht die Fähigkeiten.

- Ab wann setzt der Leistungsdruck für einen CAD-Lehrling ein?

Es entsteht kein zusätzlicher Leistungsdruck. Das wäre für die Akzeptanz gefährlich. Die Mitarbeiter nehmen freiwillig an der CAD-Schulung teil. Taucht das Moment Leistungsdruck auf, fragen sie mit Recht: Habe ich mich engagiert, um mich Druck auszusetzen? Es soll kein Druck von den Abteilungsleitern auf die entsprechenden Mitarbeiter ausgeübt werden. In der Anlaufphase sollte man daher auch keine zeitkritischen Projekte auf das CAD-System nehmen.

Das Totgerede der PCM-Branche, Insidern längstens bekannt, soll zu Unruhe bei den Entscheidungsträgern und Kaufleuten führen und den Blick zur IBM öffnen. Schon 1980, als sich die /370-Welt als eine praktisch reinrassige IBM-Angelegenheit langsam in einen Original-IBM-Sektor und einen konkurrierenden Bereich der Kompatiblen zu wandeln begann, (der PCM-Anteil betrug lediglich 0,8 Prozent), streuten bereits die ersten IBM-Watcher diese oder ähnliche "Schreckensmeldungen" in die Presse.

Auch in diesem Jahr scheint dieser nimmermüde Evergreen zur Verunsicherung der Branche und Anwender dienen zu sollen. Der kleine Unterschied 1987: Jetzt mischt offensichtlich auch das IBM-Management aktiv in diesem "Geschäft" mit und bietet seinen Verkäufern, unterstützt durch Kassandrarufe über das Japan-Syndrom, sogar ein Strategie-Papier, in dem steht, wie man für IBM einen auf der Fachebene bereits abgesegneten Kaufvertrag mit einem PCMer über die Vorstandsebene zum eigenen Nutzen "retten" kann. Und wenn der Verkäufer nicht mehr weiterkommt, kann er eine Anti-PCM-Kampftruppe anfordern, die speziell für Präsentationen gegen PCM-Wettbewerber geschult ist. Diese Truppe zieht zwischenzeitlich, so berichten einige Kunden, wie ein Wanderzirkus durch die Lande und stellt Behauptungen auf, die keiner Prüfung standhalten.

Mit fairen Gegenmitteln, so die PCM-Branche gequält und unisono, könne man leben, aber derartige Diskriminierungen seitens des Marktführers sei man nicht bereit hinzunehmen.

Was die IBM gerne verschweigt, ist ihre Monopolstellung und die Entwicklung des Marktanteils. Auch wenn der Marktanteil im Großrechnerbereich und der dazu gehörenden Peripherie in den letzten Jahren gesunken ist, beträgt er immer noch 70 Prozent und mehr. Den Rest müssen sich acht Konkurrenten teilen. Dennoch, der Marktführer ist nervös geworden, ändert seine Strategien und möchte gerne ablenken von seiner Monopolstellung. Die große Alleinherrschaft ist angesagt - darum fällt es offensichtlich leichter den Mitbewerb zu diskriminieren. Kann unter diesen Vorzeichen der PCM-Industrie Oberhaupt eine Überlebenschance eingeräumt werden, und wie lange darf es denn noch dauern?

Die Frage muß im ersten Teil mit einem Ja beantwortet werden, nicht zuletzt im Sinne des Anwenders und auch des IBM-Kunden selbst. Im zweiten Teil fällt die Antwort etwas schwerer, zu viele Faktoren gebe es dabei, zu berücksichtigen. Das Ja zum ersten Teil der Überlebensfrage wird sogar von manchen Auguren mit einem ruhigen Gewissen gegeben, obwohl in den letzten zehn Jahren einige Firmen auf Grund der Marktdominanz von IBM aus dem Mainframe-Geschäft ausgestiegen sind. Die Namen: RCA, General Electric, Honeywell, Magnuson, Itel, Storage Technology, IPL Systems. Andere kämpfen ums Überleben wie ICL oder Unisys.

Die Analyse des jährlich erscheinenden Konjunktur-Barometers des Unternehmensberaters und Marktforschers Diebold bezüglich der Überlebenschancen der übriggebliebenen PCMer spricht hierzu ebenfalls deutliche Worte. Die Zahlen zeigen, daß es mit der PCM-Industrie in den letzten acht Jahren unaufhaltsam aufwärtsging.

Will man diesen Zahlen Glauben schenken (IBM bestätigt die Diebold-Zahlen nicht), so waren 1980 in der /370-Welt 5210 Großrechner in der Bundesrepublik Deutschland installiert. Nur 47 davon waren Nicht-IBM - also knapp 0,9 Prozent. Zum Stichtag 1. Januar 1987 hat sich die /370-Szene (Modelle /370, 43XX und 30XX) kolossal geändert. Von 4019 CPUs sollen 409 aus der PCM-Industrie stammen, also anteilig 10,2 Prozent.

Angesichts dieser Zahlen ist die wachsende Nervosität des Branchenriesen zu verstehen. Doch was waren die Ursachen für die Wachstumserfolge der PCMer? Hat hier das vielgerühmte Marketing des Branchenprimus versagt, waren die Produkte der PCMer besser oder hat ganz einfach der Anwender und Kunde ein "Machtwort" gesprochen?

Er hat. Und das aus gutem Grund und zum eigenen Vorteil. Denn, und das muß man sich vergegenwärtigen, hat die IBM erst einmal wieder die 100-Prozent-Grenze erreicht (90 Prozent bewirken schon gleiches), so kann sie ähnlich wie in dem von ihr total beherrschten Softwaremarkt die Preise nach Belieben diktieren. Das ist ein Punkt, den die IBM gerne verschweigt.

Seit Jahren erhöhen sich die Preise für die Betriebssysteme. Warum?- es gibt keine Alternative zu IBM! In Deutschland wirkt sich dieses Dilemma sogar für den Kunden und Käufer drastischer aus als in den Staaten. Zum Vergleich zu seinem amerikanischen Pendant zahlt der deutsche Anwender für die Hauptlizenz des Betriebssystems MVS/XA mit der Partnummer 5740-XC6 und der Bezeichnung MVS/SP Jes 2 V2 eine Einmalgebühr von 41 980 Mark und eine monatliche Lizenzgebühr von 13 990 Mark. In den USA kostet diese Lizenz laut IBM-Katalog 12 840 US-Dollar Einmalgebühr und 4 280 Dollar monatlich (Stand März 87). Zum Umrechnungskurs von 1,85 Dollar ergibt sich, daß der deutsche Kunde in beiden Fällen etwa 76 Prozent mehr zahlen muß als der US-Benutzer. Ob das richtig ist?

Ein Markt ohne Wettbewerb. Undenkbar, sagt da der Anwender, greift zum Selbstschutz und bestellt beispielsweise als Zweit-CPU eine kompatible. Das hat, anders als bei der Software, für ihn den Vorteil, erst einmal, das heißt vor seiner Entscheidung, Angebote zu bekommen, die 15 bis 20 Prozent unterhalb des IBM-Preises liegen. Und das bei vergleichbarer Produktqualität.

Dies ist gleich der nächste Punkt, PCMer als Lieferanten zu wählen. Wer anders als die PCMer sollte die IBM daran hindern, dem Anwender technologische Antiquitäten anzubieten und Produktzyklen nach dem Status der eigenen Geldbörse zu bestimmen? Gemeint ist der technologische Fortschritt. Die PCM-Industrie stellt sich in diesem Fall als ein Innovationsbeschleuniger dar, da sie immer neuere und technologisch modernere kompatible Produkte auf den Markt bringt als der Marktführer. Könnte man daraus nicht ableiten, daß heute die PCM-Industrie mit ihren "Nachbauten" bestimmt, was bei IBM irgendwann "neueste Technik" sein wird? Sie zeigt schon heute, was der Marktführer vielleicht zwar schon auf dem Reißbrett, doch aus Marketing-Interessen noch nicht in seine aktuellen Rechner verpackt hat. Auf die modernere Technik, das heißt im Einzelfall leistungsfähigere und hochintegrierte Chips, damit verbunden weniger Stromverbrauch, kleinere Stellflächen und geringeres Gewicht, will der Anwender auf keinen Fall verzichten.

IBM dreht an der Preisschraube - nach unten

Auch bei dem Preiskarussell kommen die Impulse offensichtlich von der PCM-Industrie. Um den PCMern zu schaden, drückt der Primus im halbjährlichen Rhythmus die Preisschraube nach unten. Doch tut er tatsächlich den PCMern damit weh? Kann er sie damit in die Knie zwingen? Er kann und konnte es bis vor wenigen Jahren noch, und einige stiegen aus. Heute haben sich die überlebenden PCMer, wie andere an einen Bazillus, daran gewöhnt.

Der Schuß ging eher nach hinten los, in Richtung IBM selbst. Denn die Preiskämpfe schmälern den eigenen Umsatz (siehe 1986), von den Erlösen (1986 eine Umsatzrendite von nur 4,3 Prozent) ganz zu schweigen.

Zur Erinnerung: Im März dieses Jahres, als Winterschlußverkauf sozusagen, wurden die Modelle 3090 in der Spitze um 7,3 Prozent gesenkt. Im Juni dann der Nachschlag für die E-Modelle um weitere 10 Prozent. In nackten Zahlen heißt das, der Preis für das Flaggschiff 3090-600E sackte in vier Monaten um mehr als 3 Millionen Mark. Trotz dieser fast zwanzigprozentigen Preissenkung wurde bei Kunden kein Kaufreiz erzielt, sie bewirkte ausschließlich die bereits erwähnte Erlösschmälerung, die bei IBM von bis auf das Ergebnis durchschlug.

Betrachtet man die CPU-Installationszahlen der PCM-Industrie selbst, das heißt der Produkte, die reinrassig IBM in puncto Hardware und Software sind, so gibt es nach der Diebold-Statistik mit Stand 1. Januar 1987 hierzulande eine klare Marktführerschaft.

Von den 409 kompatiblen CPUs, die derzeit in der Bundesrepublik installiert sind, hält Comparex mit 219 Maschinen oder knapp 54 Prozent den Platz eins, gefolgt von Nixdorf mit rund 100 (nur Modelle 8890-D) und NAS mit 55 Zentraleinheiten. Danach folgt Amdahl mit 35 Prozessoren. Bei letzterem Unternehmen gibt es eine Besonderheit in der Zählweise zu berücksichtigen: Amdahl zählt im Gegensatz zu den anderen PMs jeden Prozessor einzeln das heißt, eine Doppelprozessormaschine taucht in der Statistik doppelt. Andererseits hat das Unternehmen mittlerweile seine Lieferschwierigkeiten überwunden und allein im ersten Halbjahr 1987 elf Maschinen installiert. Außerdem hat Amdahl sich ausschließlich auf das High-End kapriziert und liefert nur Maschinen die mit der 3090-Serie von IBM vergleichbar sind. Aus diesem Grund würde der Amdahl-Marktanteil erheblich größer ausfallen, betrachtete man dieses Segment gesondert. Diese Fakten sind bei der Interpretation der Statistiken zu berücksichtigen.

Nixdorf sozusagen als Halb-PCMer, hat nach Diebold insgesamt 540 8890-CPUs installiert. Die Mehrzahl dieser Zentraleinheiten lauft allerdings auf Nixdorf-eigenen Betriebsystemen.

Mainframes derzeit schwer zu verkaufen

Zu erwähnen bliebe die Stagnation beziehungsweise der Rückgang an installierter Basis bei NAS und Amdahl in der jüngeren Vergangenheit. An CPU-Installationen hatte NAS in der Bundesrepublik zwischen 1985 (59) und 1987 (55) einen leichten Rückgang. Ebenso Amdahl, die von 38 auf 35 installierten Prozessoren zurückschrauben mußte.

Auffällig an der PCM-Industrie ist der Image-Schub, den sich einige der Anbieter in Richtung Systemanbieter mit zusätzlicher EDV-Beratung und -Dienstleistungen etc. geben.

Betrachtet man zum Schluß noch die Top-10-Riege der umsatzstärksten DV-Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, so stehen dort die Namen Siemens, Nixdorf, Kienzle und Comparex. Drei dieser Unternehmen haben ein starkes Bein im Großrechnermarkt, zwei davon, Comparex und Nixdorf, sind heute Wesentlicher "alternativer" Bestandteil des PCM-Marktes - Trotz gelegentlicher Unkenrufe aus dem Stuttgarter Raum.

* Friedrich Schmitt ist freier Fachjournalist in Köln.