Unternehmensgründer: Auf das Durchhaltevermögen kommt es an

07.03.2003
Von Marc Voland
Unternehmer werden ist nicht schwer. Dazu reicht eine Meldung beim Gewerbeamt oder ein Eintrag ins Handelsregister. Erst dann fangen die eigentlichen Schwierigkeiten an. Neben Geschäftsidee und Marktumfeld spielt die Person des Gründers eine entscheidende Rolle. Nicht jeder eignet sich zum Manager einer Ich-AG.

Jens Möller hat den Sprung geschafft. Vor sechs Jahren hat der Diplomkaufmann gemeinsam mit einem Freund sein eigenes Unternehmen aufgebaut. Zu zweit fingen sie damals an, heute beschäftigt c-business, ein Beratungsunternehmen für Kundengewinnung- und -bindung, zehn Angestellte - und nebenbei haben die Junggründer die "magische Hürde" genommen: Wer sich fünf Jahre lang am Markt erfolgreich behauptet, so eine Faustregel, habe das Gröbste überstanden.

Denn zwischen der offiziellen Gründung eines Unternehmens und dem ersten Zahlungseingang liegen in der Regel einige Hindernisse. Dazu gehören ganz alltägliche Fragen: Wie gestalte ich einen Vertrag, wie kalkuliere ich Preise, wo finde ich geeignete Räumlichkeiten, wer entwirft das Geschäftspapier? Hinzu kommt die meist aufwändige Suche nach Auftraggebern und möglichen Investoren. Erschwert wird der Start durch bürokratische Hürden und eine für Neugründer nicht unerhebliche steuerliche Belastung, die allerdings - so plant es zumindest die Bundesregierung - für 2003 vereinfacht werden soll.

"Besonders am Anfang stößt man auf einige Schwierigkeiten", erinnert sich der 34-jährige Möller. "Der Antrieb, sich selbständig zu machen, muss von innen kommen. Wenn der nicht da ist, sollte man sich den Schritt genau überlegen." Besonders in der momentanen wirtschaftlichen Situation ist die Motivation des Gründers das wichtigste Startkapital. Schließlich ist er der Motor des Unternehmens, der nicht ins Stottern kommen darf - vor allem wenn er Verantwortung für Angestellte und Mitarbeiter übernommen hat.

Claudia Erben: "Ein Gründer muss mit seiner gesamten Person hinter seiner Idee stehen."

Begeisterungsfähigkeit ist für Claudia Erben, Geschäftsführerin der Gründerinitiative Forum Kiedrich, deshalb das Fundament einer erfolgreichen Unternehmerpersönlichkeit. "Ein Gründer muss mit seiner gesamten Person hinter seiner Idee stehen. Er muss die Frage ,Warum sollte der Kunde gerade mein Produkt, meine Dienstleistung haben wollen?‘ konkret beantworten können." Außerdem liegt es an ihm, Mitarbeiter, Kunden und Geldgeber zu überzeugen. Freilich, es ist ein Balanceakt: Einerseits muss der erfolgreiche Entrepreneur sein Konzept, sein Unternehmen verkaufen können, andererseits besteht die Gefahr, dass er das angebotene Produkt oder die Dienstleistung zu distanzlos sieht.

"Gerade im IT-Bereich sind viele Gründer technikverliebt und stellen die technologischen Eigenschaften ihres Produktes in den Vordergrund. Was zählt, ist aber der Mehrwert fürs Geschäft", fasst Erben ihre Erfahrung zusammen. Eine Umfrage des Forum Kiedrich bestätig: Selbstverliebtheit in das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung stuften gut 30 Prozent der Befragten als geschäftsbehindernde Eigenschaft ein.

Kundenorientierung zählt

Wichtig ist die Fähigkeit, sich in die Situation des Gegenübers hineinversetzen zu können. Kundenorientierung ist das A und O eines erfolgreichen Unternehmens. Wer keine Kunden hat, macht kein Geschäft, lautet die Binsenweisheit. Und wer sie hat, sollte möglichst dauerhafte Beziehungen aufbauen und pflegen. Gründer müssen kommunikativ sein. Jedes persönliche Gespräch wiegt mehr als eine noch so ausgefeilte E-Mail. Doch Motivation und Kundenorientierung sind nicht alles. Zunächst braucht ein Jungunternehmer das nötige fachliche Know-how. "Will man ein größeres Unternehmen aufbauen, muss man das unternehmerische Handwerkszeug der verschiedenen Bereiche mitbringen", weiß Christoph Pfeiffer, Gründer und Vorstand der Ende 2000 gegründeten Clarity AG, einem Anbieter von Sprachportalen.

Dazu gehört betriebswirtschaftliches Wissen genauso wie Kenntnisse in Akquisition, Vertrieb und Marketing. Es ist eine einfache Rechnung: Ein Unternehmen wirtschaftet nur dann profitabel, wenn es die Produkte oder Dienstleistungen möglichst schnell verkauft. Deshalb ist dies die ureigene Aufgabe der Geschäftsführung, und sie sollte eine zentrale Stelle im Bewusstsein des Gründers einnehmen. Ist ein neugebackener Unternehmer selbst nicht sattelfest, hat er sich das entsprechende Wissen anzueignen. Oder er holt sich Verstärkung an Bord, sei es durch Partner, Berater oder durch Mentoren, die zudem neue Geschäftsbeziehungen vermitteln helfen.

Doch all das schützt freilich nicht vor längeren Durststrecken, mit denen ein Unternehmer immer rechnen sollte: ein Auftraggeber ist zahlungsunfähig, neue Kunden bleiben aus, oder die finanziellen Reserven sind aufgebraucht. Als Gründer benötigt man deshalb eine große Portion an Energie, Frusttoleranz und Durchhaltevermögen. Man darf die Flinte nicht gleich bei der ersten Schwierigkeit ins Korn werfen. Auch eine stabile physische Konstitution gehört zur Basisausstattung. "Man muss in der Lage sein, 15 bis 16 Stunden arbeiten zu können, ohne dass es weh tut", so Pfeiffer. Er muss es wissen, denn er kann bereits auf zwei erfolgreiche Gründungen zurückblicken. Ohnehin wird die freie Zeit knapper. Wer auf feste Arbeitszeiten, Wochenende oder langen Urlaub pocht, dürfte wenig Freude an der unternehmerischen Freiheit haben.

Die zahlreichen Ratgeber, die zu diesem Thema erschienen sind, gehen im Schnitt von einer 60-Stunden-Woche aus, in Spitzenzeiten dürfte sie diese Zahl überschreiten. Gespür für Trends Natürlich hängt der persönliche Einsatz von den eigenen Zielen und Vorstellungen ab, doch mit steigender Gewinnerwartung wird auch die Zeit mehr, die man investieren muss - allein, um das unternehmerische Risiko zu minimieren. Ob Freelancer oder Geschäftsführer: Als Selbständiger empfiehlt es sich, immer nach vorne zu schauen, den nächsten Kunden, das nächste Projekt im Blick zu haben. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Gründer ein Gespür für Trends mitbringt.

Was sich heute verkauft, kann morgen ein Ladenhüter sein, das gilt ganz besonders für den IT/TK-Sektor. "Ein Gründer muss den Finger am Puls des Marktes haben, sonst übersieht er Entwicklungen, die nur schwer wieder aufzuholen sind", so IT-Pionier und Vorstandsvorsitzender der Plönzke Holding AG Klaus Plönzke.

Gezielt Kontakte knüpfen

Um Schieflagen möglichst von vornherein zu vermeiden, ist es wichtig, sich um Beziehungen zu kümmern. Networking ist das Gebot der Stunde. Über ein Netzwerk lassen sich gezielt Kontakte in jede Richtung knüpfen. Auf diese Weise können sich Aufträge ergeben, Türen öffnen sich, die ohne Empfehlung verschlossen blieben. In einem Netzwerk lernt man nicht nur potenzielle Finanziers, sondern viele andere Gründer kennen. Besonders in der Anfangsphase sind Erfahrungsaustausch, Kooperation und gegenseitige Hilfe unersetzlich.

Das hat auch die Unternehmerin Patricia Nagel erfahren, die 1998 ihr Internet-Dienstleistungsunternehmen, die interexa AG, bei der Gründerinitiative Forum Kiedrich vorstellte. "Man kann sein eigenes Vorhaben kritisch und konstruktiv besprechen, man erhält neue Impulse und findet bei Problemen schnell Rat und Hilfe", erklärt die Geschäftsfrau. Die Gründung eines eigenen Unternehmens ist immer mit einem Wagnis verbunden.

Vor der Entscheidung ist eine ernsthafte Abwägung nötig. Und auch das gehört zu den Fähigkeiten eines Gründers: eine nüchterne Analyse der Chancen und Risiken. Passen Geschäftsidee, Kundennutzen des Produkts, Einstellung und Persönlichkeit des Gründers zusammen, dann spricht auch in wirtschaftlich schweren Zeiten nichts dagegen, seine eigene Firma auf die Beine zu stellen.