Bisherige Wartungsaufgaben zu aufwendig

Unternehmen zieht Unix-Netz über die neuen Bundesländer

13.11.1992

Auch beim Bau gibt es keine Ausnahmen. Je exakter die Kosten für ein Bauvorhaben im voraus bestimmt werden können und je schneller sich eine Kalkulation erstellen läßt, desto besser stehen die Chancen für den Anbieter sowohl bei Ausschreibungen als auch bei eiligen Anfragen, die schnelle Antworten erfordern. Innovationsgedanken sind deshalb die Grundlage für die beachtliche Bereitschaft, in moderne DV-Technologie zu investieren. Diese bildet einen wesentlichen Stützpfeiler für die tägliche Arbeit der Intertec Ingenieurgesellschaft für Hochbau mbH sowie der Klingbeil-Gruppe, eine der größten Bauträger Berlins.

Schnelles Reagieren bei gleichzeitig hoher Qualität der erbrachten Leistung ist im heutigen Wirtschaftsleben zu einem entscheidenden Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens geworden. Dies trifft beispielsweise schon auf das Unterbreiten von kaufmännischen Konzeptionen und kalkulatorisch ausgereiften Angeboten zu: Ein Investor von heute erwartet, daß auf seine Bedürfnisse exakt, detailliert und schnell eingegangen wird und er sich auf das ihm vorgelegte Material verlassen kann. Auf diese Wettbewerbsbedingungen haben sich die Intertec und die Klingbeil-Gruppe eingestellt.

Tätigkeitsfeld der Intertec mit ihrem Stab von rund 70 Mitarbeitern ist die technische und geschäftliche Gesamtleitung einschließlich der Projektleitung von Gewerbeobjekten mit differenzierten Anforderungsprofilen, technisch hochspezialisierten Fabrikationsstätten bis hin zu modernsten Bürogebäuden und komplett eingerichteten Hotelobjekten. Die Betreuung des Bauherren erstreckt sich dabei über alle Projektphasen.

Um den gesamten Betriebsablauf der Intertec und der Klingbeil-Gruppe zu optimieren und komplexe, zeitraubende Aufgaben des täglichen Geschehens zu vereinfachen, wurde 1988 mit der Entwicklung eines Systems unter Unix begonnen. Ein entscheidender Faktor zugunsten einer Unix-basierten Entwicklung war eine projektspezifische Datenbanklösung namens "PAB" (Projekt-Ablaufplan für die Bauleitung).

Dieses Programmpaket - sein Quellcode umfaßt gegenwärtig mehr als eine halbe Million Zeilen - erforderte aufgrund seiner ausgesprochen komplexen Verbindung der Daten zueinander eine leistungsstarke Basis.

Bei PAB handelt es sich um ein modulares Datenbanksystem

für die technische Abwicklung eines Bauprojektes. Programmiert in C und die hardwarenahe Datenbank C-ISAM nutzend, ermöglicht es den Zugriff auf die Ergebnisse einer zwölfjährigen Berufserfahrung. Dadurch kann die Intertec in einem Bruchteil der am Markt üblichen Zeit erste Grobkalkulationen erstellen, die den detaillierten Feinkalkulationen mit Abweichungen von zirka zwei Prozent entsprechen.

Das PAB-Datenbanksystem beginnt seine wettbewerbsfähigen Vorteile bereits bei der Angebotserstellung auszuspielen. Da aus allen etwa 100 laufenden Bauprojekten, die das Unternehmen betreut, ständig aktuelle Preise in die Datenbank einfließen, entsprechen die Zahlen, die den Kalkulationen für neue Projekte zugrundeliegen, stets der aktuellen Marktsituation. Sämtliche Veränderungen werden umgehend im Datenbanksystem erfaßt und stehen damit sofort zur Verfügung.

Ein weiterer Vorteil des PAB ist sein hohes Maß an Flexibilität. jedes Bauvorhaben läßt sich mittels PAB in kleinere Teile wie Bauabschnitte, Investitionsanteile, Baukörperabgrenzungen und Nutzungszuordnungen gliedern. Eine solche Darstellung ermöglicht zum Teil wesentlich genauere Kostenbetrachtungen und kann in der Bauphase zu erheblichen Erleichterungen führen. Die Baukostenkalkulation, die Baukostenermittlung, der Bereich der Honorarermittlung, die Erstellung von Leistungsverzeichnissen (einschließlich Werkvertrag) oder die Terminplanung sind weitere Fähigkeiten von PAB.

Die Plattform für die Arbeit mit PAB bildet ein Client-Server-Verbund, basierend auf Suns Sparc-Stations und -Servern, den Intertec im Zuge eines Rightsizing-Vorhabens realisierte.

So analysierte die Ingenieursgesellschaft eingehend Systeme

verschiedener Hersteller bezüglich folgender Komponenten: Netzintegration, Administration, Erfüllung von Standards, Architektur, technologisches Profil und Leistungswerte bei hoher Systembelastung. Die Entscheidung zugunsten der Sparc-Systeme von Sun Microsystems erklärt Andreas Klingenberg, DV-Leiter der Intertec, wie folgt: "Die Sparc-Workstations und -Server haben sich durch ihre Schnelligkeit, die Qualität des Betriebssystems und ihre komfortable Bedienung von den Systemen der Mitbewerber abgehoben. Es gibt kaum andere Unix-Rechner, die sich derart einfach und mit solcher Geschwindigkeit in ein Netzwerk integrieren lassen."

Die Netzwerkmanagement-Funktionen; hervorragendes Systemverhalten bei Ressourcenknappheit, Ready-to-Run-Fähigkeit innerhalb von Minuten und die problemlose Portierung der existierenden Anwendungen auf die neue Plattform seien weitere ausschlaggebende Gründe für Intertecs Präferenz für die Sun-Systeme gewesen.

Der Weg zu diesem Client-Server-Konzept war konsequent und logisch, da ein Computermodell mit verteilter Rechenleistung der modularen Struktur von PAB sehr entgegenkommt. Ein Lösungsansatz mit einem zentralen Server stellte für die Intertec daher von vornherein keine echte Alternative dar. Für ein dezentrales Rechnersystem sprach auch der Verfügbarkeitsaspekt. Denn während bei einem Mainframe-Ausfall nichts mehr geht, bleiben bei dezentralisierten Rechnersystemen beim Ausfall einer Maschine andere Komponenten weiter funktionsfähig.

Die enge Kooperation der Intertec, der Klingbeil-Gruppe, der Anfang 1992 erworbenen Deutschen Interhotel GmbH und Groth + Graalfs - einem weiteren Berliner Bauträger - führte zu einem der größten, unternehmensübergreifenden DV-Konzepte auf Basis von Unix-Servern in Deutschland. Vier Sparc-Server/490, zwei Sparc-Server/670, mehrere Sparc-Station-2-, Sparcstation-IPX- und Sparc-Station-IPC-Modelle, zwei vorhandene Microvax-Rechner vom Typ 3900 als zentrale Druckserver, 14 Novell-Server, über 350 aktive und mehr als 250 passive Arbeitsplätze (Terminal, PC, Workstation) und eine IBM RS/6000-Workstation sind auf das zentrale Rechenzentrum in Berlin und auf elf Außenstellen verteilt.

C-ISAM spielt eine wichtige Rolle

Während das lokale Netzwerk im Rechenzentrum Berlin auf Ethernet basiert, erfolgt die Kommunikation nach Cottbus und Frankfurt/Oder über Datex-P, zu den anderen Außenstellen via Post-, Stand- und Wählleitungen. Als Netzwerk-Protokoll kommt TCP/IP beziehungsweise OSI zum Einsatz.

Die in den Außenstellen installierten DOS-PCs sind über Novells Netzwerk-Betriebssystem Netware miteinander verbunden. Mittels PC-NFS und Ported Netware erfolgt vom Novell-File-Server aus der Datenzugriff auf den Sparc-Server. Bei gleichzeitiger, zentraler Wartung stellen diese komplexen Rechnernetze große Ansprüche an die Konsistenz der einzelnen Netzwerk-Komponenten; die Sun-Systeme - so Klingenberg - haben sich dabei als der stabilste Eckpfeiler erwiesen.

Bei der Intertec gibt man sich indes mit dem bisher Erreichten nicht zufrieden. Die Verantwortlichen arbeiten dort bereits an einer weiteren Verbesserung des DV-Konzeptes. Eine wichtige Rolle spielt dabei das dem PAB-Datenbanksystem zugrundeliegende "C-ISAM", dessen Einsatz historisch bedingt erfolgte.

Als man vor rund drei Jahren mit der Realisierung der angestrebten Lösung begann, war selbstverständlich eine der Grundforderungen, kurze Antwortzeiten zu erzielen. Dies war mit relationalen Datenbanken und Programmierwerkzeugen der vierten Generation auf den damals zur Verfügung stehenden Rechnern nicht zufriedenstellend zu realisieren. So entschied man sich für C-ISAM, da sich damit zum einen ein sehr schnelles Datenbanksystem programmieren ließ und zum anderen für die Kopplung mit dem Rechnungswesen die entsprechenden Programmierwerkzeuge vorhanden waren.

Nachteil dieses Ansatzes ist jedoch die aufwendige Wartung und Modifikation von Systemen auf C-ISAM-Basis. Änderungen lassen sich nur schwierig durchführen und sind mit hohem Programmieraufwand verbunden. Diese Mängel fallen um so mehr ins Gewicht, je umfangreicher die Anwendung wird. Aus diesem Grund werden zur Zeit Datenbanken auf ihre Leistungsfähigkeit und Multiprozessor-Technologie getestet mit dem Ziel, dies als Basis der zu entwickelnden Ergänzungen und zur Neuentwicklung von Applikationen zu nutzen. Ein sehr starkes Augenmerk liegt dabei auf der guten Kooperation von Datenbank und Betriebssystem.

Auf Basis eines Datenbanksystems soll auch ein neues PAB-Modul, der Projektinformationsdienst, entstehen. Dabei wird es sich um eine komplette Projektverwaltung handeln, deren Bestandteile die zeitliche Koordination der einzelnen Baumaßnahmen, die damit verbundenen Wiedervorlagetermine, die rechtzeitige und koordinierte Bearbeiten der Verträge sowie Finanzierungsüberwachungen, Liquiditätsplanung, Dokumentenverwaltung, objektorientierte Firmenverwaltung und die Anbindung an ein umfangreiches Projekt-Management-System sind.

Entwickelt wird dieses Modul wie auch die Fortschreibung generell von PAB auf einem Sparc-Server 490/670, der mit seiner Multiprozessor-Technologie und dem Betriebssystem Solaris die für das Unternehmen zukunftssicherste Plattform bietet.

Zufrieden mit der hohen Verfügbarkeit und der Leistung des Sun-Systems hat man sich im Zuge der PAB-Weiterentwicklungen und des Umzugs ins Trigon Berlin, dem neuen Firmensitz der Klingbeil-Gruppe, für einen Ausbau des Rechnerverbundes durch den Einsatz von mindestens zwei Sun-Multiprozessor-Systemen (zwei Sparc-Server 670, mit zwei beziehungsweise vier Prozessoren) entschieden. Zusätzlich wird das vorhandene Modell 490 zu einem Multiprozessor-System 690 erweitert, was sich dank der modularen Struktur der Sparc-Systeme durch Austauschen der Prozesssorkarte bewerkstelligen läßt

Solaris könnte neue Chancen bieten

Da mit der beschriebenen vielschichtigen Rechnerwelt ein sehr hoher Wartungsaufwand verbunden ist, hält man in der DV-Abteilung auch nach Möglichkeiten zur Verringerung des administrativen Aufwandes Ausschau. In diesem Zusammenhang beobachtet man bei der Intertec die neue Betriebssystem-Umgebung Solaris von Sun mit großer Aufmerksamkeit. Dazu Klingenberg: "Durch Solaris ergibt sich für uns möglicherweise die Chance, unsere Systemlandschaft zu homogenisieren, da diese neue Betriebssystem-Umgebung ja nicht nur für Sun-Systeme, sondern auch für Rechner mit Intel-Prozessoren - also auch für PCs - entwickelt und künftig angeboten wird.

Sofern sie auch auf den PCs zufriedenstellend läuft und über gute DOS-Shells zur Einbindung vorhandener PC-Programme verfügt, gibt uns das die Möglichkeit, künftig sowohl auf den Workstations von Sun als auch auf den PCs die gleiche Bedienoberfläche zu verwenden und so erheblichen Aufwand bei der Systempflege und -wartung einzusparen".