Gegen drohenden Produktivitätsverlust

Unternehmen suchen den digitalen Keuschheitsgürtel

29.11.1996

Als Beleg führt das "Wall Street Journal" eine Untersuchung des New Yorker Marktforschungsunternehmens Nielsen Media Research Inc. ins Feld. Die Analysten haben offenbar Kompromittierendes über die Angestellten von IBM, Apple und AT&T herausgefunden: Bei ihren Ausflügen in den Cyberspace seien diese innerhalb eines Monats insgesamt fast 13000mal auf der WWW-Site des "Penthouse" gelandet - während der Bürostunden wohlgemerkt. Bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 13 Minuten belaufe sich die solcherart verschwendete Arbeitszeit auf nahezu 350 Acht-Stunden-Tage.

Angesichts solcher Zahlen ist es nicht verwunderlich, daß die Arbeitgeber über Gegenmaßnahmen nachdenken - um so mehr, als die Mitarbeiter durch ihre Web-Spielereien sowie durch private E-Mails nicht nur ihre Produktivität senken, sondern auch das Unternehmensnetz belasten.

Wie das "Wall Street Journal" ausführt, behält sich beispielsweise der Computerproduzent Compaq vor, alle Messages zu überwachen, die über sein Netz gehen. Im Klartext: Auch die privaten Mitteilungen werden von Dritten gelesen. In diesem Jahr habe die Compaq-Zentrale in Houston bereits zwölf Angestellte gefeuert, weil sie sich auf Internet-Seiten mit sexuellen Inhalten getummelt hätten. Anstoß nahm das Unternehmen eigenen Angaben zufolge weniger an den Sujets als vielmehr an der Verschwendung von Firmenressourcen.

Auch Sun Microsystems überwacht offenbar den Gebrauch, den seine Mitarbeiter von internen und externen Netzen machen - jedenfalls während der Stoßzeiten am Quartalsende. Früher hatte das Unternehmen in diesen Phasen den Web-Zugang komplett gesperrt - eine Beschränkung, die es aufgrund massiver Proteste jedoch aufheben mußte.

Aber der Kontrollmöglichkeiten werden immer mehr. So hat der Internet-Spezialist Spyglass Inc. beziehungsweise seine Tochter Surfwatch ein Softwarewerkzeug angekündigt, mit dem die Arbeitgeber den Zugang zu jeder Web-Site sperren können. Ursprünglich für besorgte Eltern entwickelt, weckt das Tool reges Interesse bei Großunternehmen.