E-Mail-Archivierung ist mehr als gesetzliche Pflicht

Unternehmen lassen wertvolles Wissen meist einfach liegen

30.11.2009
Von 
Thomas Pelkmann ist freier Journalist in München.

Nur wenige Firmen nutzen die Vorteile von E-Mail-Archivierung

Die aktuelle Lage in den Unternehmen trägt den gesetzlichen Vorschriften kaum Rechnung, wie aus einem Whitepaper von Barracuda Networks hervorgeht. Das Papier zitiert eine Untersuchung des Eduard-Pestel-Instituts für Systemforschung, nach der in einem Viertel von Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern überhaupt keine Archivierung stattfindet. Nur wenig besser ist die Lage bei Betrieben mit 500 bis 1000 Angestellten. Hier beträgt die Quote der Verweigerer immer noch 18 Prozent. Bei versendeten Mails, heißt es hier, ist die Anteilnahme noch schlechter: Lediglich sechs Prozent der Betriebe mit weniger als 500 Mitarbeitern erfüllen die gesetzlichen Bestimmungen, heißt es in der Untersuchung.

Überhaupt beschäftigen sich nur wenige Firmen systematisch mit dem Thema E-Mail-Archivierung. Nur etwa 35 Prozent der Unternehmen arbeiten einer Umfrage von Pentadoc und Barc zufolge überhaupt mit einer E-Mail-Management-Lösung, beschränken die Arbeit aber vor allem auf die bloße Ablage des elektronischen Geschäftsverkehrs. Unternehmen, die immerhin die Einführung eines E-Mail-Managements planen, wollen in erster Linie ihre Mails wiederfinden (45 Prozent) oder - immerhin - gesetzliche Anforderungen erfüllen (37 Prozent). Nur eine Minderheit erwägt laut der Umfrage unter mehr als 300 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Einführung, um Kosten zu sparen und Prozesse zu verbessern.

Dabei ist genau das aber - über die gesetzlichen Vorschriften hinaus - der eigentliche Vorteil einer systematischen Archivierung der elektronischen Korrespondenz: In ein- und ausgehenden E-Mails steckt ein großer Teil des Firmenwissens, das für die tägliche Arbeit der Fachabteilungen und für die Planung des strategischen Geschäfts oft unverzichtbar ist. Die Einbeziehung solcher prinzipiell unstrukturierter Daten wird künftig in BI-Systemen ("Business Intelligence") eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Daher sollte die E-Mail-Archivierung mehr sein, als die bloße Ablage in revisionssicherer Umgebung.

Besser ist es, die Informationen entweder schon auf dem E-Mail-Server mit Hilfe vordefinierter Regeln zu archivieren, oder die Ablage relevanter Informationen durch den Versender/Empfänger eine Mail vornehmen zu lassen. Die meisten auf dem Markt befindlichen E-Mail-Archivierungssysteme erlauben die kontext-bezogene Ablage.

Fazit: E-Mail-Archivierung ist für jedes Unternehmen eine Pflichtaufgabe, weil die gesetzlichen Vorschriften eine revisionssichere Ablage auf einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren verlangen. Allerdings, so Jobst Eckardt, Senior Berater bei Zöller & Partner in der Computerwoche, solle sich durch die vermeintlichen Rechtsanforderungen niemand verunsichern lassen: "Die Compliance-Hinweise der Anbieter entspringen oft dem wirtschaftlichen Eigeninteresse", so Eckardt. Er empfiehlt: Anwender sollten zunächst ihre individuelle Rechtslage und Verpflichtungen klären, bevor sie unnötig in Compliance-Lösungen investieren. Eine systematische Ablage der elektronischen Geschäftskorrespondenz ist aber auch aus strategischer Sicht sinnvoll, weil sie zur Prozessverbesserung und zur besseren Geschäftsplanung beitragen kann.