200 Millionen Dollar Schuldzinsen sind zuviel

Unter Chapter 11 einigt sich Memorex-Telex mit Gläubigern

13.12.1991

AMSTERDAM (IDG) - Die Memorex-Telex N.V. droht angesichts des weltweiten Umsatzrückgangs unter ihrer Schuldenlast in Höhe rund 1,5 Milliarden und einer jährlichen Zinslast von 200 Millionen Dollar zusammenzubrechen. Die Unternehmensführung will deshalb - bis eine geplante Rekapitalisierung vollzogen ist - Konkursschutz nach Chapter 11 beantragen.

Nach diversen Fehlschlägen bei der Kapitalbeschaffung und Umorganisation des Unternehmens bleibt Memorex-Telex nur noch eine umfassende Restrukturierung der Finanzen, um nicht Bankrott erklären zu müssen.

Eckpfeiler dieses Paketes ist eine Kapitalerhöhung von 40 auf 400 Millionen Dollar. Diese 900prozentige Erhöhung kommt zustande durch:

- die Umwandlung der Vorzugsaktien (bisher mit Garantie-Dividende) in Stammaktien und durch

- die Wandlung aller kurzfristigen, zum Teil mit 18,5 Prozent verzinsten junior "Junk" Bonds sowie von zehn bis 15 Prozent der längerfristigen Senior Bonds in Aktien. Die notwendige Mehrheit von zwei Dritteln der Aktionäre und einem Drittel der Bondholder hat dem Vorhaben bereits zugestimmt.

Die Memorex-Hausbank J.P. Morgan hat sich außerdem bereit erklärt, dein Unternehmen in den nächsten fünf Jahren bis zu 85 Millionen Dollar zu leihen, und ihm einen sofort verfügbaren Kredit in Höhe von 67,5 Millionen Dollar eingeräumt, damit die Geschäfte weitergeführt werden können.

Diese Maßnahmen und die Bereitschaft der Gläubigerbanken, niedrige Zinsen für bestehende Kredite einzuräumen, reduzieren die Schulden und verringern die Zinslast von 200 Millionen auf rund 70 Millionen Dollar im Jahr. Allerdings bedeutet die enorme Erhöhung des Stammkapitals für die bisherigen Aktionäre eine Kapitalverwässerung. Beispielsweise hält der bisher mit 36 Prozent größte Einzelaktionär nach den Maßnahmen noch gerade sechs Prozent am Gesamtkapital des Unternehmens.

Die Company beantragte jetzt bei der amerikanischen Security Exchange Commission (SEC) Schutz durch Chapter 11, den Paragraphen des amerikanischen Konkursrechts, der Schuldnern eine höchstens halbjährige Karenzzeit einräumt, um ihre Finanzen zu ordnen. Allerdings mischt dann die Börsenaufsicht bei allen Entscheidungen mit.

Die SEC muß auch dem jetzt geschnürten Finanzierungspaket zustimmen. Da aber bereits die notwendigen Mehrheiten der Anteilsinhaber und Schuldner vorhanden sind, erwarten die Verantwortlichen keine Schwierigkeiten.

Von den jüngsten Maßnahmen und Problemen sind vor allem die US-Gesellschaft und die holländische Holding des Konzerns betroffen, betont Ernst Seifert, Sprecher des Vorstands der deutschen Memorex-Telex AG. Nach Seiner Darstellung erfreut sich hingegen die deutsche Tochter weiter steigender Umsätze.

545 Millionen Dollar für Management-Buy-Out

Die Probleme der Firma begannen bereits 1986, als die leitenden Angestellten von Memorex in Europa den bis dahin größten Management-Buy-Out der Computerindustrie wagten und dafür 545 Millionen Dollar aufbrachten.

Finanziert wurde der Deal durch die Ausgabe von Bonds und die Aufnahme von Bankkrediten in den USA. Nach dem Vollzug machten die Käufer Memorex zu einem europäischen Unternehmen mit den wichtigsten Geschäftsbereichen in Amsterdam, der Geschäftsführung in der Schweiz und dem gesamten Kapital in den Vereinigten Staaten.

Die "Anfangseuphorie und leichten Druck seitens der Banken" nennt Jerome Heurtaux, CEO der französischen Memorex-Telex, als Ursachen für die eilige Übernahme des US-Konkurrenten Telex durch Memorex. Den 1987 erfolgten Coup finanzierte man ebenfalls durch Bonds damals im Wert von 900 Millionen Dollar. Zu diesem Zeitpunkt hatten die europäischen Manager und amerikanische Zwischenhändler bereits ihren Coup d'état gelandet und ein - allerdings verschuldetes - Unternehmen in ihren Besitz gebracht ohne einen Pfennig zu bezahlen. Einige der Aufkäufer hätten sogar auf einer Provision bestanden berichtet Heurtaux.

Wirklich schwierig wurde es Im vergangenen Jahr, als der Markt für 3270-Terminals zusammenbrach, mit denen Memorex-Telex 25 Prozent seines Umsatzes generiert. Die US-Niederlassung machte im Geschäftsjahr 1990/91, das im März zu Ende ging, Verluste von über 30 Millionen Dollar. Die Company konnte ihre Schulden in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar nicht mehr bedienen und sah sich erneut nach frischem Kapital um.

Am Anfang der Strategie von Memorex-Telex stand der bisher vergebliche Versuch, das Zubehörgeschäft auszulagern und Interessenten zu finden, die sich mit bis zu 49 Prozent daran beteiligen sollten. Außerdem wurden den Bereichs-Managern Junk Bonds angeboten. Danach sollte das Mainframe-Geschäft ausgelagert werden. Die japanische Fujitsu jedoch, lange als Potentieller Käufer für diesen Zweig gehandelt, stellte sich taub. Also blieb Memorex-Telex nichts andere übrig, als sich erneut an seine "Executives" zu wenden und weitere Junk Bonds an sie auszugeben. Aber auch damit kamen nicht genügend Mittel zusammen.