DOS-Befhele können das Unheil vorzeitig auslösen

Unsichtbares Virus macht Schutzmaßnahme gefährlich

17.08.1990

München(CW)- Ein einziger Lauf eines Viren-Prüfprogramms kann ausreichen, jedes PC-Programm auf der Festplatte zu infizieren. Das derzeit wohl hinterhältigste Virus ist nicht nur ansteckend wie kaum ein anderes , sondern zugleich so gut wie unsichtbar.

Das 4096- beziehungsweise 4K-Virus (benannt nach seiner Codelänge) installiert sich resident im Hauptspeicher eines DOS-PCs, kontrolliert sämtliche Dateizugriffe und befällt jede ausführbare Datei, die geöffnet wird. Ein Viren-Scanner, der ein Programm nach dem anderen einliest, um es auf Infektionen zu überprüfen, führt so zu einer 100prozentigen Infektion des Rechners. Besonders raffiniert: Das Virus ist "unsichtbar". Weil alle Dateizugriffe über das residente Virus laufen, kann es sämtliche Indizien auf seine Existenz ausfiltern, so daß ein Prüfprogramm nur "saubere" Software zu sehen bekommt.

Der "Zünder" des Virus ist auf den 22. September eingestellt, den Geburtstag von Frodo, dem Helden aus dem Fantasy-Roman "Der Herr der Ringe". Es begeht den Tag mit der Meldung "Frodo lives" und dem Löschen von Dateien. Wer Pech hat, dem zerstört es die File Allocation Table - und damit praktisch alle Dateien auf der Festplatte. Bestimmte DOS-Befehle, etwa CHKDSK, können es angeblich schon vor dem eingestellten Termin aktivieren.

Zum ersten Mal tauchte das Virus Ende 1989 bei der israelischen Armee auf, drei Monate später hatte es die USA erreicht, mittlerweile auch die Bundesrepublik. Man rechnet damit, daß es schon bald zu den am meisten verbreiteten Viren gehören wird.