Gastkommentar

Unsichere Übertragungswege

03.11.2000
Ralf Steinmetz, Lehrstuhlinhaber Informatik an der TU Darmstadt

Die Welt - insbesondere die digitale - ist unsicher! Das wäre so weit keine besonders spektakuläre Erkenntnis; im Informationszeitalter schaffen wir uns jedoch viele bisher unerkannte Gefahren selbst:

Im Februar wurden die Websites von Ebay, Amazon und der Consors Discount Broker AG mit so vielen Anfragen bombardiert, dass die Server zeitweise den Geist aufgaben. Anfang Mai legte der I-love-you-Virus - ein Visual-Basic-Script auf Volkshochschulniveau - Millionen von Rechnern in aller Welt lahm.

Seit August bieten sich die Banken als Zielscheibe öffentlicher Kritik an: Die britische Internet-Bank Egg wurde online bestohlen, bei Barclay konnten sich Kunden über fremde Konten informieren, und ein paar Studenten knackten die Amsterdamer ABN Amro und leiteten Zahlungen auf ihre eigenen Konten um. Die von ABN verwendete Software ist weltweit angeblich 800-mal im Einsatz.

Richtig flau kann einem aber beim Gedanken an die Zukunft werden: Heute ist die letzte Meile zum Internet-PC von Otto und Liese Normalverbraucher fast immer im relativ sicheren Telekom-Betrieb. Künftig kann ich aber auch über die Steckdose, den Richtfunk, GPRS oder UMTS meine Alarmanlage und meinen Toaster von Mallorca aus steuern. Zu den unsicheren Servern - siehe ABN, Yahoo und Amazon - kommen dann unsichere Übertragungswege. Da können sich die Nachbarsjungen einen Spaß daraus machen, im Windschatten des elektrischen Stroms per Powerline das Passwort zum Betreten meines Hauses zu verändern, das Auto während der Fahrt zu blockieren oder mein Foto in der Datenbank des Einwohnermeldeamtes gegen das von einem Hund auszutauschen.