"Unsere Studenten sind nicht dumm"

28.03.2002

BULMAHN: Wir müssen in der Bildung und Ausbildung eine Verstetigung auf hohem Niveau erreichen. Es wäre völlig falsch, die Zahl der Ausbildungs- oder Studienplätze zu verringern. Wir müssen diese erhalten und zum Teil weiter erhöhen.

Gerade im Hochschulbereich gibt es noch einige Schwächen, die sich unter anderem in den hohen Abbrecherzahlen beim Informatikstudium zeigen. Die Studierenden kritisieren vor allem die zu große Praxisferne der Ausbildung, aber auch eine mangelnde Studienberatung und -betreuung. Deswegen habe ich gemeinsam mit den Ländern vor zwei Jahren eine Initiative gestartet, um die Studienqualität zu verbessern. Die Situation war katastrophal schlecht. Inzwischen können wir die ersten Fortschritte feststellen. Wir haben nun ein vielseitigeres Informatikstudium, und auch die Zahl der weiblichen Studenten ist gestiegen.

Durch weitere Anstrengungen werden wir zukünftig auch die Zahl der Studienabbrecher reduzieren. Unsere Maßnahmen wirken aber nicht von heute auf morgen. Die Zahl der Informatikabsolventen an den Universitäten ist nach wie vor viel zu gering. Es kann überhaupt nicht die Rede davon sein, dass große Mengen von ausgebildeten Informatikern auf den Markt kommen. Wir haben zwischen 6000 bis 7000 Studienabsolventen jährlich. Das ist viel zu wenig.

CW: Hochschulen denken vereinzelt daran, Aufnahmetests für den Informatik-Studiengang einzuführen. So soll die hohe Abbrecherquote reduziert werden. Was halten Sie davon?

BULMAHN: Die Hochschulen haben ja ohnehin die Möglichkeit, sich einen großen Teil ihrer Studierenden selbst auszuwählen. Über die zentrale Studienplatzvergabe wird nur ein Drittel der Plätze besetzt. Ich halte es aber für wichtig, dass die Hochschulen nicht nur den Ausleseprozess vorantreiben, sondern an den Kern des Problems gehen. Sie sollten ihren Studierenden die Möglichkeit geben, Schwächen im mathematischen Bereich zu beseitigen. Nur wenige wissenschaftliche Einrichtungen bieten ihnen Kurse an, um die Lücken zu schließen.

Es wäre auch sinnvoll, wenn Prüfungen in den Semesterferien nachgeholt werden könnten, damit Wiederholer und Nachzügler nicht ein ganzes Semester anhängen müssen. Solche Dinge meine ich, wenn ich von einer besseren Organisation von Studiengängen und einer effektiveren Studienberatung rede.