Unklare Beteiligungsverhaeltnisse beim Online-Dienst Der Springer Verlag zeigt kein Interesse mehr an Europe Online

10.11.1995

MUENCHEN (jha) - Der Springer Verlag, Hamburg, beteiligt sich nun doch nicht an Europe Online. Die Hanseaten wollen sich statt dessen kuenftig verstaerkt im Internet praesentieren, ausserdem erwarben sie Anteile an BTI Business TV. Europe Online beteuert trotz des Springer-Rueckziehers und der derzeit unklaren Gesellschafterstruktur, der Start des Dienstes zum Fruehjahr 1996 sei nicht gefaehrdet.

Die Absage des Springer Verlags kam ueberraschend. Noch im August hatte das Haus in einer Absichtserklaerung in Aussicht gestellt, sich mit zehn Prozent an der europaeischen Holding zu beteiligen und 21,3 Prozent der deutschen Gesellschaft von Europe Online zu uebernehmen. Diesen recht konkreten Plaenen folgt nun ein Rueckzieher, den Edda Fels, Sprecherin des Verlags, folgendermassen erklaert: "Wir wollen uns staerker auf die Inhalte und weniger auf die Vertriebsstruktur konzentrieren."

Dennoch ist das Thema Online bei den Hanseaten nicht beendet. Wie es heisst, wird sich Springer kuenftig staerker im Internet darstellen - konkrete Plaene gibt es allerdings noch nicht. "Wie wir unsere Inhalte an den Nutzer bringen, ist noch nicht entschieden", sagte Fels.

Statt des Europe-Online-Engagements erwarb der Springer Verlag eine Kaptitalbeteiligung an der BTI Business TV, Hamburg. BTI gestaltet, produziert und uebertraegt innerbetriebliche TV-Programme fuer Schulungen und Marketing. Springer wird vermutlich eigene Erfahrungen mit interaktiven Medien wie Bildschirmtext undCall- Center-Kapazitaeten einbringen.

"Wir engagieren uns schon seit geraumer Zeit im Bereich interaktive Medien, somit ist die Beteiligung eine gute Ergaenzung", grenzt Fels die neue Investition gegenueber den gescheiterten Europe-Online-Plaenen ab. Allerdings duerfte nicht nur das ploetzliche Desinteresse an Vertriebsstrukturen fuer die Kehrtwende ausschlaggebend gewesen sein. Voellig offen und unklar sind beispielsweise die derzeitigen Beteiligungsverhaeltnisse bei Europe Online. So konnte auf Anfrage weder die luxemburgische Europa-Zentrale noch die deutsche Niederlassung in Muenchen aktuelle Zahlen praesentieren. Die letzte Aufschluesselung der beteiligten Firmen datiert vom August dieses Jahres.

Ueberhaupt broeckelt die Gesellschafterfront. Waehrend sich Matra Hachette ganz zurueckgezogen hat, begnuegt sich der britische Pearson-Verlag, der neben Matra Hachette, dem deutschen Burda Verlag und luxemburgischen Investoren zu den Gruendern zaehlt, mit einer Minimalbeteiligung. Weitere Interessenten wie etwa die Metro-Gruppe und nun Springer haben vorzeitig das Weite gesucht. Einzig die Veba AG zeigt derzeit noch Interesse. "Der Ausstieg von Springer hat jedoch keine Auswirkung", beteuert Monique Feith, Sprecherin der Europe Online SA in Luxemburg. Springer stehe weiterhin die Moeglichkeit offen, als Content-Provider einzusteigen.

Bisher ist Europe Online durch eine Historie von verschobenen Startversprechungen gekennzeichnet. Anfang des Jahres war die offizielle Sprachregelung bei dem Online-Dienst: "In der zweiten Jahreshaelfte gehen wir definitiv an den Start." Nur wenige Wochen darauf sollte der kommerzielle Service "spaetestens im Herbst" verfuegbar sein, in der Mitte des Jahres hiess es dann: zum Jahresende. Inzwischen legte Burda, mit mehr als zwanzig Prozent an der europaeischen Zentrale beteiligt, den Starttermin auf Fruehjahr 1996 fest.