RISC-Hardware kommt vermehrt zum Einsatz

Unix-Strategie der Hersteller kostet die Anwender viel Geld

07.05.1993

Auch die Investitionsbereitschaft von Bull-Kunden ist einer IDC- Untersuchung zufolge mit 70 Prozent ausserordentlich hoch. Die Marktforscher, die insgesamt 500 europaeische Anwender befragt haben, machen die Unix-Strategien der Hersteller fuer die IT- Budgetierung der Kunden verantwortlich.

So habe Siemens-Nixdorf zunaechst eine aus Intel- und RISC- Maschinen kombinierte Linie verfolgt, um dann auf eine reine RISC-Strategie umzuschwenken. Heute wuerden ueberwiegend die auf der RISC-Architektur des US-Anbieters Mips basierenden RM400- und RM600-Maschinen verkauft. Die Mehrheit der Unix-Kunden von SNI arbeitet aber noch mit Rechnern der MX-Reihe, die mit Intel- Prozessoren bestueckt sind, und muss sich laut IDC mit dem Gedanken an einen Plattformwechsel vertraut machen.

Aehnliches gilt fuer Unix-Kunden des franzoesischen Anbieters Bull. Hier arbeitet eine Vielzahl der Anwender noch mit Rechnern der DPX/2-Linie, macht sich aber Gedanken ueber einen Wechsel auf die DPX/20-Systeme. Diese Rechnerreihe der Franzosen ist mit RISC- Prozessoren der Power-Architektur von IBM ausgestattet.

Waehrend nur 37 Prozent der Unix-Kunden von HP, 30 Prozent der ICL- und 25 Prozent der Sun-Anwender in den kommenden zwei Jahren erhoehte IT-Investitionen vorsehen, liegen die Kunden von NCR und DEC aehnlich wie SNI- und Bull-User mit ihren Budgeterwartungen ueber dem Durchschnitt. Die Ursache sieht IDC hier ebenfalls in der Notwendigkeit, ueber kurz oder lang die Plattform zu wechseln.

Etwa 60 Prozent der Unix-Kunden von Digital Equipment werden in den beiden kommenden Jahren hoehere Summen aufwenden, um ihre vorhandenen DEC-Systeme und Decstations gegen neue Rechner mit Alpha-Prozessoren auszuwechseln. Unter den NCR-Usern steht die Abloesung der vorhandenen Tower-Systeme durch Rechner der Serie 3000 bevor - hier kalkulieren 55 Prozent mit steigenden Ausgaben.

Obwohl also SNI-, Bull-, NCR- und DEC-Kunden langfristig ein Wechsel der Unix-Plattform ins Haus steht, zeigen diese Anwender laut IDC wenig Neigung, gleichzeitig ihrem Hersteller den Laufpass zu geben. Zwar macht der Einsatz des Betriebssystems Unix theoretisch einen relativ problemlosen Umstieg auf die Hardware anderer Hersteller moeglich, doch mehr als ein Drittel der Kunden halten ihrem Hersteller wie selbstverstaendlich die Treue. Sie verzichten sogar auf eine genauere Beobachtung des Marktes.

Bull-Kunden sind weniger treu

Immerhin untersuchen rund 40 Prozent der Befragten zunaechst eine begrenzte Auswahl von Alternativen, bevor sie sich dann in der Regel doch wieder an ihren alten Anbieter wenden. Nur 23 Prozent fuehren ein detailliertes Evaluationsverfahren durch. Fuer sie ist die Herstellertreue beim Rechnerkauf kein Kriterium.

Ueberdurchschnittlich zuverlaessige Kunden hat laut IDC Siemens- Nixdorf. Obwohl ihnen ein Rechnerwechsel ueber kurz oder lang bevorsteht, tendieren sie mehr als andere Anwender dazu, bei ihrem Hersteller zu bleiben. Der deutsche Anbieter, so die Prognose der Analysten, wird deshalb in den naechsten Jahren voraussichtlich gute Geschaefte mit Unix-Systemen machen. Bull-Kunden sind dagegen weniger treu; viele spielen mit dem Gedanken, einen anderen Hersteller zu waehlen. Daher muessen die Franzosen laut IDC hart kaempfen, um ihre Marktposition zu halten.